Название | Leopold von Ranke: Historiografische Werke |
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Автор произведения | Leopold von Ranke |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788027206056 |
Man hat es als den vornehmsten Grund betrachtet, warum die Alten sich so wenig wissenschaftlich mit finanziellen Fragen beschäftigt haben, daß es dabei darauf ankomme, aus immer ungleichen Einkünften die immer ungleichen Bedürfnisse zu bestreiten;346 hier war vielmehr der Sinn, beide fortwährend gleichzuhalten und in gleichem Verhältnis miteinander zu entwickeln. Friedrich Wilhelm stiftete 1723 in dem Generaldirektorium347 eine Behörde, die vor allem auf die Erreichung dieses Zweckes hinarbeiten sollte. Man weiß, daß die nächste Veranlassung zur Gründung derselben in den Zwistigkeiten lag, die zwischen dem Kriegskommissariat, welches die Kriegsgefälle in den Städten und auf dem Lande, Akzise und Kontribution, verwaltete, und dem Finanzdirektorium, das die Bewirtschaftung der Domänen leitete, ausbrachen. Ihre Befugnisse, aus verschiedenem Ursprung herrührend, stießen nicht selten gegeneinander. In dem einen erschien der Fürst als großer Landbesitzer, seinem Adel gleichartig, in dem andern als allgemeiner Kriegsherr. Es kam vor, daß die Domänenkammern den Pächtern Zugeständnisse machten, die den Anordnungen des Kommissariats widersprachen, und Klagen gegen dasselbe, welche die Stande erhoben, mit unterzeichneten. Durch den allgemeinen Wetteifer im Dienste, den der Ernst und die Wachsamkeit des Königs erweckt hatte, ward das Übel erst recht zutage gebracht. Hierauf beschloß Friedrich Wilhelm, die beiden Behörden zu vereinigen. Bei einem einsamen Aufenthalt in Schönebeck im Dezember 1722 setzte er den Entwurf einer Instruktion in aller Ausführlichkeit mit eigener Hand auf; am 19. Januar 1723 wurde sie den Mitgliedern der beiden Kollegien bekannt gemacht. Zur Herstellung größerer Einheit wurden auch in den Provinzen Kammern und Kommissariat verbunden; für diese gab der König nach, daß der eine Beamte sich mehr dem einen, der andre mehr dem andern Zweige widmen möge; doch forderte er die genaueste Kenntnis derselben. Der Rat z. B., dem die Städte obliegen, soll deren Zustand in bezug auf Handel und Wandel, Armut und Nahrung, Bürger und Einwohner so genau kennen, wie ein Kapitän den Zustand seiner Kompagnie. Dagegen sollen die Mitglieder der höchsten Behörden mit beiden Zweigen vertraut sein, ebensowohl der Landwirtschaft wie dem Städtewesen. Hier waren immer mehrere Provinzen in eine Abteilung unter einem Minister vereinigt; die östlichen übernahm Grumbkow, die mittleren Kraut, die westlichen Kreuz und Görne; doch war für jede Abteilung ein besonderer Tag zum Vortrag bestimmt, dem dann auch die Minister der andern beiwohnten; für die gefaßten Beschlüsse waren sie insgesamt verantwortlich. Der König behielt sich das allgemeine Präsidium vor. Wie der Gedanke in seinem Kopfe Gestalt empfangen, so zeigte er sich unermüdlich tätig, ihn fruchtbar zu machen, überzeugt daß er dadurch die Wohlfahrt des Landes und die Macht seiner Krone auf sicherem Grunde befestige.
Nun erst war es möglich, den Staatshaushalt in Preußen systematisch zu ordnen. Schon war der Versuch einer Rechenkammer gemacht, die aber aus zwei Kollegien bestand, das eine für die Domänen, das andre für die Kriegsgefälle, diese wurden jetzt ebenfalls vereinigt und dem Generaldirektorium beigegeben. Die Zusammenstellung der General-Kassenrechnungen in genügender Form hatte nicht geringe Schwierigkeit; die erste ward im September 1724 zustande gebracht. Die Rechnungen reichten immer vom 1. Juni bis 31. Mai, und wenigstens die Summen der Beträge, wobei aber die beiden Kassen ferner geschieden blieben, finden sich seitdem in den Akten des Generaldirektoriums verzeichnet. Im Jahre 1724 schließt die Generaldomänenkasse ab mit nahe an 3 Millionen Talern, 1726 mit mehr als 3 ½, 1727 mit etwas über 4 Millionen, die Generalkriegskasse mit 3 800 000, 4 200 000, 4 600 000 Talern.348
Wäre die staatswirtschaftliche Grundlage, auf welcher diese Einnahmen beruhen, nicht zureichend gewesen, so würde man sie bald nicht mehr haben einbringen können; in der Tat aber finden wir sie in fortwährendem Anwachsen begriffen. Die ganze Ökonomie des Staatshaushalts war so eingerichtet, daß zu außerordentlichen Ausgaben immer Rat wurde.
In den ersten Jahren war die Schuld Friedrichs I. zu tilgen, der Pommersche Krieg zu führen; dann wurden große Güter gekauft, in zwei Jahren 1717-18 allein für 600 000 Taler. Von Juni 1720 bis Januar 1721 war man imstande, die zwei Millionen abzuführen, die zur Besitznahme von Pommern erfordert wurden;349 indessen war schon das große Werk der Herstellung von Preußen begonnen. Hier hatte die Pest mehr als ein Drittel der Einwohner hingerafft; am meisten hatte sie in Litthauen gewütet, wo ihre volle drei Viertel der ohnehin nur spärlichen Bevölkerung erlegen waren; weit und breit überwuchsen die Ländereien mit Gesträuch und Unkraut. Dem entgegenzutreten hielt nun der König für eine seiner dringendsten Pflichten; in den Jahren 1721, 24, 26, 28, 31, 36 ist er selber in Preußen gewesen; er hat die Pläne entworfen und ihre Ausführung überwacht; Litthauen mußte gleichsam neu kolonisiert werden. Im Jahre 1722 langten, wie einst im 13. Jahrhundert, Schwaben, Franken, Niedersachen in guter Anzahl an; der König ließ sie auf seine Kosten von Halberstadt nach Stettin, von da zu Schiffe nach Königsberg bringen. Schon waren die Häuser erbaut, in die sie eingewiesen werden sollten; sie empfingen die Ackergeräte, wo denn der Halberstädter Pflug den einheimischen verdrängte. Die Anzahl dieser Kolonisten mochte sich um 1730 auf 17000 belaufen. Eine ungefähr gleiche machten die Salzburger aus, welche hier für ihre religiöse Überzeugung die erwünschte Freistätte fanden und nun dem Ganzen erst recht Charakter verliehen. Im Jahre 1736 zählte man schon 332 mit bäuerlichen Wirten neu besetzte Dörfer; der Boden erwies sich freigebiger, als man erwartete. Zugleich hatte Friedrich Wilhelm zehn wohlgelegene Marktflecken und Kirchdörfer mit Stadtrechten und Magistratspersonen versehen,350 wo man das gewonnene Getreide vertrieb, das aufgezogene Vieh mit den polnischen Grenznachbarn austauschte, auch nach kurmärkischer Weise in Wollenmanufakturen arbeitete, wo die Beamten für Regierung und Rechtspflege ihren Sitz nahmen und kleine Garnisonen einlagerten. Auch hierbei stand Leopold von Dessau dem König zur Seite. Von ihm aufgefordert, hat er einen ansehnlichen Teil der wüsten Ländereien erworben und mit Kolonisten von der mittleren Elbe her besetzt; zum Bau des prächtigen Schlosses, das er in Bubainen351