Tausend und Ein Gespenst. Александр Дюма

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Название Tausend und Ein Gespenst
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Серия
Издательство Зарубежная классика
Год выпуска 0
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in ihrer Einlassung zu schlagen begann, indem sie Stöße des Windes eindringen ließ, welche die Flamme meines Lichtes bewegten, die bleich und so zu sagen sterbend längs ihrem geschwärzten Dochte aufstieg.

      Ich hörte sie das Pferd abspannen, den Friedhof verschließen und sich entfernen, indem sie den Karren voller Leichen zurückließen.

      Ich hatte große Lust gehabt mit ihnen fortzugehen; aber ich weiß nicht, warum mich irgend Etwas, – ganz schaudernd, – auf meinem Platze zurückhielt. Gewiß hatte ich keine Furcht; aber das Tosen des Windes, das Peitschen des Regens, das Knarren der Bäume, welche sich biegen, das Pfeifen dieser Luft, welche mein Licht zittern ließ, – alles das verbreitete über mein Haupt ein unbestimmtes Entsetzen, das sich von der feuchten Wurzel meiner Haare über meinen ganzen Körper verbreitete.

      Plötzlich schien es mir, als ob eine sanfte und zugleich klagende Stimme, eine Stimme, welche aus dem inneren Raume der Kapelle selbst erschallte, den Namen Albert ausspräche.

      O! dieses Mal erbebte ich. – Albert!. . . Eine einzige Person auf der Welt nannte mich so.

      Meine verwirrten Augen machten langsam die Runde der kleinen Kapelle, deren Wände zu erleuchten mein Licht nicht ausreichte, so eng sie auch war, und verweilten auf dem an die Ecke des Altares gestellten Sacke, dessen blutige Leinwand den grausigen Inhalt andeutete.

      In dem Augenblicke, wo meine Augen auf dem Sacke verweilten, wiederholte dieselbe Stimme, aber weit schwächer, aber noch weit klagender, den Namen:

      – Albert!

      Vor Entsetzen erstarrt richtete ich mich auf; diese Stimme schien aus dem Innern des Sackes zu kommen.

      Ich befühlte mich, um mich zu überzeugen, ob ich schliefe oder ob ich wachte; dann schritt ich steif, indem ich wie ein Mann von Stein ging, mit ausgestreckten Armen auf den Sack zu, in welchen ich eine meiner Hände senkte.

      Nun schien es mir, als ob noch warme Lippen sich auf meine Hand drückten.

      Ich war zu diesem Grade des Schreckens gelangt, wo gerade das Uebermaß des Schreckens uns den Muth wiedergibt. Ich nahm diesen Kopf, und indem ich nach meinem Sessel zurückkehrte, auf welchen ich sank, stellte ich ihn auf den Tisch.

      O! Ich stieß einen schrecklichen Schrei aus. Dieser Kopf, dessen Lippen noch warm schienen, dessen Augen halb geschlossen waren, war der Kopf Solanges!

      Ich glaubte wahnsinnig zu werden. Ich rief drei Male:

      Solange! Solange! Solange!

      Bei dem dritten Male öffneten sich die Augen wieder, blickten mich an, ließen zwei Thronen fallen, und indem sie eine feuchte Flamme aussprühten, wie, als ob die Seele ihnen entströmte, schlossen sie sich wieder, um sich nicht mehr zu öffnen.

      Ich stand wahnsinnig, sinnlos, rasend auf; ich wollte entfliehen; aber indem ich aufstand, blieb ich mit dem Schooße meines Rockes an dem Tische hängen; der Tisch fiel, zog das Licht nach sich, welches erlosch, der Kopf rollte herab, indem er mich selbst, außer mir, nach sich zog. Nun, auf dem Boden liegend, schien es mir, als ob dieser Kopf auf den Steinplatten dem meinigen zuglitte; seine Lippen berührten meine Lippen, ein eisiger Schauder verbreitete sich durch meinen ganzen Körper; ich stieß ein Stöhnen aus und sank in Ohnmacht.

      Am folgenden Tage fanden mich die Todtengräber um sechs Uhr Morgens eben so kalt als die Steinplatten wieder, auf denen ich lag.

      Durch den Brief ihres Vaters erkannt, war Solange an demselben Tage verhaftet, verurtheilt, und an denselben Tage hingerichtet worden.

      Der Kopf, welcher mich angeredet, die Augen, welche mich angeblickt, die Lippen, welche meine Lippen geküßt hatten, es waren die Lippen, die Augen, der Kopf Solanges!

      Sie wissen, Lenoir, fuhr Herr Ledru fort, indem er sich nach dem Chevalier umwandte, daß ich zu jener Zeit beinahe gestorben wäre.

      VIII.

      Die Katze, der Gerichtsdiener und das Skelett

      Die durch die Erzählung des Herrn Ledru hervorgebrachte Wirkung war schrecklich; Niemand von uns dachte daran, gegen diesen Eindruck zu wirken, nicht einmal der Doctor. Von Herrn Ledru angeredet, antwortete der Chevalier Lenoir durch ein einfaches Zeichen der Zustimmung; die bleiche Dame, welche sich einen Augenblick lang auf ihrem Kanapee aufgerichtet hatte, war wieder auf ihre Kissen zurückgesunken, und hatte nur durch einen Seufzer ein Lebenszeichen von sich gegeben; der Polizeicommissär, der in alle dem keinen Stoff zu einer Protokoll-Aufnahme sah, sagte kein Wort. – Was mich anbetrifft, so merkte ich mir alle die Umstände der Catastrophe in meinem Kopfe, um sie darin wiederzufinden, – wenn es mir eines Tages gefallen sollte, sie wieder zu erzählen, – und was Alliette und den Abbé Moulle anbelangt, so ging das Abenteuer zu sehr in ihre Ideen ein, als daß sie es zu bestreiten versuchten.

      Der Abbé Moulle brach im Gegentheile zuerst das Schweigen, und indem er in gewisser Art die allgemeine Meinung darstellte, sagte er:

      – Ich glaube das, was Sie uns erzählt haben, – mein lieber Ledru; aber wie erklären Sie sich diesen Vorfall, wie man in der materiellen Sprache sagt?

      – Ich erkläre mir ihn nicht, sagte Herr Ledru, – ich erzähle ihn; sonst Nichts.

      – Ja. wie erklären Sie ihn? fragte der Doctor, – denn am Ende, welches die Fortdauer des Lebens auch sein möge, so werden Sie doch nicht annehmen, daß ein abgeschnittener Kopf nach Verlauf von zwei Stunden spricht, anblickt und handelt.

      – Wenn ich es mir erklärt hätte, mein lieber Doctor, sagte Herr Ledru, so würde ich keine so schreckliche Krankheit in Folge dieses Ereignisses bestanden haben.

      – Aber am Ende, Doctor, sagte der Chevalier Lenoir, wie erklären Sie es sich selbst? – denn Sie nehmen nicht an, daß Herr Ledru uns eine absichtlich erfundene Geschichte erzählt hat; – seine Krankheit ist gleichfalls eine materielle Thatsache.

      – Bei Gott! Eine große Sache, durch eine Verblendung. Herr Ledru hat zu sehen geglaubt, Herr Ledru hat zu hören gelaubt, das ist gerade für ihn, wie, als ob er gesehen oder gehört hätte. – Die Organe, welche die Wahrnehmung dem Sessorium zu führen, – das heißt dem Gehirne, – können durch die Umstände, welche Einfluß auf sie haben, gestört sein; – in diesem Falle trüben sie sich, und indem sie sich trüben, übertragen sie falsche Wahrnehmungen; man glaubt zu hören, man hört; man glaubt zu sehen, und man sieht.

      Die Kälte, der Regen, die Dunkelheit hatten die Organe des Herrn Ledru getrübt, das ist Alles. Der Wahnsinnige sieht und hört gleichfalls das, was er zu sehen und zu hören glaubt; die Verblendung ist ein augenblicklicher Wahnsinn; man behält die Erinnerung davon, wenn sie verschwunden ist. Das ist Alles.

      – Aber wenn sie nicht verschwindet? fragte der Abbé Moulle.

      – Nun denn! Dann wird die Krankheit zur unheilbaren Krankheit, und man stirbt daran.

      – Und Sie haben zuweilen diese Arten von Krankheiten behandelt, Doctor?

      – Nein, aber ich habe einige Aerzte gekannt, welche sie behandelt haben, und unter andern einen englischen Doctor, der Walter Scott auf seiner Reise nach Frankreich begleitete.

      – Der Ihnen erzählt hat?

      – Etwas dem Ähnliches, was uns so eben unser Wirth erzählt hat. etwas vielleicht sogar noch weit Außerordentlicheres.

      – Und das Sie von der materiellen Seite erklären, fragte der Abbé Moulle,

      – Natürlicher Weise.

      – Und können Sie uns den Fall erzählen, der Ihnen von dem englischen Doctor erzählt worden ist?

      – Ohne Zweifel.

      – Ah! Erzählen Sie, Doctor, erzählen Sie.

      – Muß es sein?

      – Ei, ohne Zweifelt rief Jedermann aus.

      – Es sei. Der Arzt, welcher Walter Scott nach Frankreich begleitete, nannte sich Doctor Sympson; er war einer der ausgezeichnetsten Männer der Facultät von Edinburg, und dem zu Folge mit den angesehensten Personen der Stadt befreundet.

      Unter