Luna's Töchter. Claudia Trapka

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Название Luna's Töchter
Автор произведения Claudia Trapka
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847621065



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Töchter. So glaubte man der Legende, dass die Mädchen von der Göttin Luna abstammten.

      Als nun der König zu alt wurde und er sein Reich an seine Töchter übergab, ließ er verkünden, dass niemals Eine allein etwas zu entscheiden hatte, sondern dass die Mädchen durch mehrheitliche Abstimmung entscheiden mussten. Zunächst hielten sich alle an den Wunsch des Königs. Er war im Grunde der Erfinder der heutigen Demokratie. Nur leider funktioniert die Demokratie heute nicht mehr so wie damals.“ Die Krähe unterbrach kurz.

      Ich nutzte die Gelegenheit: „Wie ist es weiter gegangen? So, wie Du es im Moment erzählst, hätte dieses Reich heute noch existieren müssen.“

      Die Krähe genoss es sichtlich, dass sie im Mittelpunkt stand. „Grundsätzlich hast Du recht. Leider heiratete ein Mädchen einen Mann mit großer Machtgier und geriet unter dessen schlechten Einfluss.“ Die Krähe holte tief Luft. „Luna musste eingreifen. Sie beschloss, dass von diesem Moment an keine der Töchter mehr regieren sollte und schloss ihre Seelen in fünfzehn magische Gegenstände ein. Sie hinterließ eine heilige Stätte in dem Wald, in dem Ihr gewesen seid. Dort wo die Stätte heute ist, hat damals etwa das Schloss gestanden.

      In den Reihen der Tier- und Pflanzenwelt heißt es, dass diese Stätte überwuchert ist.“

      Jo und ich nickten, diese Information hatte uns ja schon mein Bäumchen gegeben. Die Krähe fuhr fort, stibitzte jedoch vorher ein paar Brötchenkrümel vom Tisch. Ich musste unwillkürlich lächeln, sagte jedoch nichts.

      „Ihr sollt nun diese Stätte finden und sichern. Wenn Ihr sie freilegt, werden wir wissen, um was für Gegenstände es sich handelt. Es heißt, die Gegenstände sind Schlüssel, die vereint die Befreiung der Töchter bewirken. Dann sollt Ihr diese suchen und zur Stätte bringen.“

      „Liebe Krähe, darf Jo dann wieder mit mir sprechen, wenn wir die Stätte gefunden haben? Weißt Du, es lässt sich manches leichter koordinieren, wenn man richtig miteinander sprechen kann. Außerdem verstehe ich nicht so ganz, dass wir sie suchen müssen. Die Pflanzen müssten doch wissen, wo genau dieser Ort ist. Sie können doch kommunizieren?“

      Die Krähe überlegte. „Soweit ich weiß, haben die Pflanzen von der Stätte nichts mehr gehört, seit Luna die Seelen verborgen hat. Und offensichtlich gibt es ein paar Pflanzen, die sich an Lunas Schweigepflicht halten. Doch wir müssen den Schrein finden. In der Welt muss etwas passieren, damit die Menschen begreifen, was sie gerade mit der Natur tun. Und nur wenige Menschen haben begriffen, und diese kommen offensichtlich nicht weiter mit dem Rest der Bevölkerung. Oder sie wählen den falschen Weg, um es begreiflich machen zu wollen.

      Doch wir, die Tiere und auch die Pflanzen glauben, dass Luna uns helfen kann. Wegen Jos Schweigepflicht werde ich die Ältesten fragen und Euch Bescheid geben.“

      Die Krähe wollte schon wieder abfliegen, als ich noch schnell fragte: „Warum darf er nicht sprechen? Hat er der Natur etwas getan?“

      Die Krähe zuckte richtig zusammen. „Wenn er wieder sprechen darf und die Zeit dafür reif ist, erhält er die Erlaubnis, es Dir zu erzählen.“

      Ich schaute sie irritiert an. „Dagi, wenn ich es Dir jetzt sage, dann weiß ich nicht, ob es stimmt. Ich muss erst noch einiges in Erfahrung bringen. Wir wissen auch nicht alles. Sowohl die Pflanzen, als auch alle Tiere helfen Euch, wo wir können.“ Dann flog die Krähe fort.

      Minutenlang aßen wir schweigend weiter. Dann schauten wir uns an und fingen fröhlich an zu lachen. Ein Abenteuer, wir waren auserwählt, ein Abenteuer zu erleben und symbolisch eine Zeitreise zu machen.

      Dieses Mal betraten wir den Wald mit ganz anderen Augen. Natürlich erfreuten wir uns an der Natur und an den Erzählungen, die wir hörten. Aber wir hörten anders hin. Denn wir wussten beide, eigentlich wussten die Pflanzen, wo die heilige Stätte war. Wir mussten nur ihren Hinweisen folgen.

      Wir drangen immer tiefer in den Wald ein, kein Weg oder Pfad führte uns. Denn soviel war uns klar, wenn dieses Monument irgendwo war, dann garantiert nicht an einem Weg. Uralte Wege mussten zugewachsen sein. Alles andere ergäbe keinen Sinn.

      Die Pflanzen, vor allem meine geliebten Bäume, führten uns tatsächlich. Schon nach etwa einer Stunde hatten wir eine Stelle gefunden, wo die Pflanzen besonders undurchdringlich erschienen.

      „So Ihr Lieben“, sprach ich die Pflanzen an, „wie kommen wir jetzt weiter, ohne Euch zu verletzen?“

      Ohne großes Federlesen, wichen die Farne und Efeu-Pflanzen zur Seite. Als hätten sie nur auf uns gewartet! – Hatten sie ja eigentlich auch. – Schon von außen blieb mir mein Mund offen stehen. Und mit einem kleinen Seitenblick auf Jo stellte ich beruhigt fest, ihm ging es ähnlich.

      Der Bau war aus ganz alten Steinen gebaut und in uralter Bauweise nur Stein auf Stein gesetzt. Kein Mörtel hielt die Steine zusammen. Es saß einfach so. Es wirkte alles, als machten wir tatsächlich eine Zeitreise. Direkt vor mir muss hier mal eine Burg oder ein Schloss gestanden haben, genau wie die Krähe es gesagt hatte. Ob unsere Heimatkundler von diesem Objekt wussten? Wenn alles vorbei war, könnte man es ja mal im Heimatkunde-Museum erwähnen.

      Ehrfurchtsvoll betraten Jo und ich die Ruine. Nur um festzustellen, dass eigentlich nur noch ein riesiger Raum existierte. Dieser war zwar ohne Dach aber ansonsten vollständig erhalten. Allein diese Tatsache ließ unsere Bewunderung nur noch weiter wachsen. Die alten Baumeister hatten wirklich etwas von ihrem Handwerk verstanden.

      Als wir uns weiter umsahen, fanden wir immerwieder im Raum große Spalten. Zunächst schauten wir nicht weiter nach oben. Denn das, was wir auf Blickhöhe entdeckten, war für uns schon spannend genug. Im Stein waren neben diesen Spalten wunderschöne Reliefs mit Symbolen eingearbeitet. Die Symbole waren jeweils mit verschiedenen Edelsteinen versehen. Ein alter Durchgang, der früher zu einem anderen Teil des Schlosses oder der Burg geführt haben musste, war völlig zugewuchert. Die Ranken gaben jedoch den Blick auf die Öffnung und den Gang frei, als ich darauf zuschritt. Ein kurzer Blick hindurch sagte mir jedoch, dass vom Rest der Burg nicht viel übrig geblieben schien. Ich konzentrierte mich wieder auf diesen so gut erhaltenen Raum. Es wirkte, als hätten die Pflanzen im Laufe der Jahrhunderte das Dach ersetzt. Zumindest wirkten weder der steinerne Tisch noch die Säulen verwittert.

      Unermüdlich suchten wir nach der Information, die uns erklärte, um was für Schlüssel es sich handelte. Hätten wir an den Spalten nur ganz leicht nach oben geschaut, wäre es uns eher aufgefallen! Doch dann griff Jo irgendwann endlich nach meinem Arm und deutete an einer Wand eine Spalte lang nach oben. Es war ergreifend, was ich nun sah.

      „Jo die Spalten sind Einlassungen in Stein von Schwertklingen. Das sind eindeutig Schwerter. Als gehörte hier in jede Spalte je ein Schwert! Das ist Wahnsinn. Die müssen ja riesig sein. Schau, dort ist noch so eine Aushöhlung. Und sieh Dir das an, jedes Schwert scheint einen anderen Griff mit kleinem Schild zu haben.“ Ich konnte nicht aufhören zu reden: „Wow, die kann man, wenn man die Größe bedenkt bestimmt nur mit beiden Händen halten. Die sind sicher recht schwer.“

      Dann hielt ich inne und suchte Jos Blick. Erschrocken sahen wir uns an.

      Ich sprach aus, was Jo eindeutig auch dachte: „Wir müssen die Schwerter finden und hier einsetzen!“

      Ich musste mich setzen, das war zuviel für mich. Wenn wir diese Schwerter finden mussten und ich das immer nur in meinem Urlaub machen konnte, dann würde es Jahre dauern, bis wir alle gefunden hatten...

      Lange saßen wir auf dem steinernen Boden in der heiligen Stätte und bewunderten die Bauweise. Und langsam wurde uns bewusst, das konnte kein Mensch erbaut haben. Diese Stätte musste Lunas Werk gewesen sein.

      Mir wurde etwas kalt, noch war der Frühling nicht in vollen Zügen da, und ich saß vermutlich seit einer Stunde auf dem Steinboden.

      Ich stand auf und versuchte etwas herum zu hüpfen, damit mir wieder etwas wärmer wurde. Doch irgendwie gelang es mir nicht.

      „Jo, wollen wir einen Kaffee trinken gehen, mir ist etwas kalt, und ich muss das hier erst mal verdauen.“

      Jo