Das Erbe der Ax´lán. Hans Nordländer

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Название Das Erbe der Ax´lán
Автор произведения Hans Nordländer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738034684



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sie das, was Erest so in Aufregung versetzt hatte. Außer Erest, Meneas und Tjerulf kamen natürlich auch alle anderen heran, um es sich anzusehen.

      „Wegen eines Haufens alter Lumpen machst du so ein Aufstand?“, warf Idomanê ihm vor.

      „Lumpen?“, entgegnete er. „Schau sie dir einmal gründlich an.“

      Idomanê hatte auf dem ersten Blick nichts anderes als ein Bündel alter Kleidungsstücke gesehen und auch auf dem zweiten Blick fiel ihr nur die Farbe als etwas - vielleicht - Besonderes auf. Sie waren einheitlich schwarz.

      „Verflucht!“, entfuhr es Meneas. „Werden wir vor denen denn nie Ruhe haben?“

      „Hatten wir denn keine?“, erwiderte Tjerulf gedehnt. „Ich frage mich nur, wem wir den nächtlichen Beistand zu verdanken haben.“

      „Äh - kann mir einmal jemand sagen, worüber ihr sprecht?“, fragte Freno, der den Worten von Meneas und Tjerulf nicht recht folgen konnte.

      „Ich glaube, ich weiß es“, meinte Valea eher beunruhigt als triumphierend. Sie berührte mit einer Fußspitze leicht die Kleider auf dem Boden.

      „Oh schaut!“, sagte sie und bückte sich nach einem Stück glänzendes Metall. Er entpuppte sich als Schwert, das unter den Lumpen verborgen war. „Ich denke, wir kennen diese Art von Waffen. Ein schwarzer Griff und eine schwarze Distel auf der Klinge. Freno, weißt du nun, wer diese Dinge getragen hat?“

      Valea reichte das Schwert Tjerulf. Freno nickte und trat ebenfalls gegen die Kleider.

      „Und was ist hier geschehen?“, fragte er.

      In seinem Gesicht zeigte sich eine deutliche Beunruhigung.

      „Das wüssten wir auch gerne“, erwiderte Meneas.

      Doch keiner hatte eine vernünftige Antwort darauf. Wie sich herausstellte, hatte keine der Wachen Waffengeklirr, Schreie oder andere ungewöhnliche Geräusche gehört. Ausnahmslos schüttelte jeder ratlos den Kopf.

      „Wahrscheinlich gab es überhaupt keinen Kampf“, meinte Tjerulf. „Vielleicht sind sie in einen Hinterhalt geraten und hatten keine Gelegenheit zur Gegenwehr. Dann hat der Gegner schnell und erbarmungslos zugeschlagen. Das kann uns nur recht sein. Du wirst dich erinnern, Meneas, dass die Geister in der Nacht, als ich überfallen wurde, ebenfalls keine Laute von sich gegeben haben. Im Keller in Guff-Mat herrschten andere Verhältnisse. Merkwürdig ist nur, dass die Kleidung der Schwarzen Geister auf einem Haufen liegt, als hätte sie jemand absichtlich aufgetürmt und das kann erst nach Sonnenaufgang geschehen sein. Vorher konnten sich die Geister noch nicht vollends aufgelöst haben. Und sie in nur teilweise aufgelöstem Zustand zu berühren, wäre gefährlich.“

      „Warum ist das gefährlich?“, fragte Anuim.

      „In Auflösung befindliche Geistkörper dieser Art entziehen demjenigen, der sie berührt, Lebenskräfte. Das schwächt ihn und verzögert ihre Auflösung.“

      „Und das wäre sicher nicht gut.“

      „Nein, das wäre sicher nicht gut. Und wir könnten sie vielleicht noch erkennen, wenn auch verschwommen.“

      „Könnte es dann nicht sein, dass sie schon in der vorletzten Nacht überfallen wurden?“

      „Das wäre für mich die einzige vernünftige Erklärung, obwohl die Kleidung dafür eigentlich zu frisch aussieht“, meinte Tjerulf.

      Erest fühlte sich äußerst unwohl bei der Vorstellung, dass er beinahe auf den oder die Gegner der Geister gestoßen war. Seiner Meinung nach mussten sie nicht unbedingt auch ihre Freunde sein.

      „Hm, das verstehe ich nicht“, meinte Meneas. „Haben wir nicht schon mehrmals getötete Schwarze Geister berührt, ohne irgendeine Wirkung zu spüren? Und jetzt plötzlich soll das gefährlich sein.“

      „Nicht erst jetzt ist es gefährlich“, erwiderte Tjerulf. „Doch die Gefahr geht von den Körpern aus, nicht von ihrer Kleidung. Und die Körper hat offensichtlich keiner von uns angefasst.“

      „Das kann sein, aber du hättest uns warnen können. In Zukunft werden wir uns vorsehen.“

      „Ja, es war ein Versäumnis, es nicht zu wiederholen“, gab Tjerulf zu. „Aber erinnere dich an den Hinweis, den ich dir und dem Wirt des »Schwarzkittel« gab. Den hast du wohl vergessen.“

      Meneas nickte.

      „Doch, jetzt erinnere ich mich wieder. In der Aufregung jener Nacht habe ich anscheinend nur mit einem halben Ohr zugehört.“

      „Verständlich.“

      Tjerulf hatte sich in die Hocke gesetzt und untersuchte die Überreste. Er zog noch zwei Schwerter hervor. Das war dann jedoch alles, was er an Bemerkenswertem fand.

      „Tja“, meinte er, „dieses Mal keine Botschaft. Es waren drei.“

      „Sie müssten irgendwo in der Nähe ihre Pferde haben, wenn sie nicht laufengelassen wurden“, sagte Valea. „Lasst uns nach ihnen suchen. Vielleicht finden wir einen Hinweis darauf, wer uns vor dem Überfall gerettet hat.“

      „Einen Augenblick noch“, sagte Meneas. „Tjerulf, von welcher Beschaffenheit sind diese Schwerter?“

      „Von guter, warum?“

      „Dann werde ich eines an mich nehmen“, entschied Meneas. „Solange mein eigenes Schwert unbrauchbar ist, kann ich mich damit behelfen. Die Lichtschwerter sind mir unheimlich. Außerdem habe ich ein herkömmliches Schwert eher kampfbereit als eines, an dem ich vorher noch die Klinge einschalten muss, auch wenn sie dann vielleicht wirkungsvoller ist.“

      „Sicher, das kannst du tun“, meinte Tjerulf. „Suche dir das Beste aus. Dort liegt auch eine Schwerttasche. Aber schneide dich nicht. Die Klingen sind sehr scharf.“

      „Ich hoffe nur, dass sie sich später nicht auch auflösen“, sagte Meneas.

      „Keine Sorge, das habe ich noch nicht erlebt“, erklärte Tjerulf.

      „Könnten sie vergiftet sein?“, fragte Erest.

      Wie Meneas die Lichtschwerter, so waren ihm die Geisterschwerter unheimlich. Aber Tjerulf versuchte, ihn zu beruhigen.

      „Nein, ich glaube nicht. Zumindest kann ich mich an keines erinnern, das vergiftet war und ich habe bereits einige kennengelernt. Trotzdem kann es nicht schaden, wenn Meneas die Klinge in dem Teich dahinten reinigt.“

      „Was ist jetzt?“, fragte Valea. „Gehen wir ihre Pferde suchen?“

      „Das wird wenig Sinn haben“, meinte Tjerulf. „Für gewöhnlich sind die Reitpferde dieser Geister von der gleichen Art wie ihre Reiter, nämlich auch Geister. Ihre Körper lösen sich ebenfalls bald auf, wenn sie nicht mehr gebraucht werden. Wir werden kaum noch etwas von ihnen finden.“

      „Na gut, aber vielleicht gibt es noch mehr von den Geister-Kriegern. Mir wäre wohler, wenn wir feststellen könnten, ob diese hier die Einzigen waren.“

      Da war Tjerulf ziemlich sicher, aber sie hatten Zeit und vielleicht fanden sie etwas über ihren geheimnisvollen Beschützer heraus, obwohl das genauso unwahrscheinlich war. Trotzdem stimmte Tjerulf zu.

      Alle bis auf Meneas schwärmten aus. Es regnete immer noch und ihre Suche verlief eher lustlos und führte sie auch nicht weit von ihrem Lager weg. Wie Tjerulf vermutet hatte, blieb sie auch erfolglos. Schließlich brachen sie die Suche ab, denn noch mehr Zeit zu verlieren, erschien ihnen sinnlos.

      Meneas war allein zu dem kleinen Tümpel gegangen, der sich nicht fern von ihrem Nachtlager befand. Es war ein guter Vorschlag von Tjerulf gewesen, die Klinge abzuwaschen. Wer wusste schon, wer noch Opfer dieser Waffe geworden war. Er kniete ans Ufer und tauchte das Schwert unter Wasser. Vorsichtig und bemüht, sich nicht zu schneiden, fuhren seine Finger auf der flachen Seite der Klinge auf und ab, als Meneas spürte, wie sich seine Umgebung eigentümlich veränderte.

      Die Oberfläche des Tümpels, die kurz vorher noch durch