Eine schwierige Familie. Elisa Scheer

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Название Eine schwierige Familie
Автор произведения Elisa Scheer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783737583329



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ich echt imposant. Wenn es gescheit hergerichtet wäre…“

      „Ja, wenn… glaubst du, die übrigen drei kriegen das auf die Reihe?“

      „Vier“, berichtigte Fritzi. „Da ist doch noch eine Schwester, Teresa - die Hamburger frisst?“

      „Kann sein.“ Sophie trank einen Schluck Wasser. „Aber die sind doch alle komplett gestört, findest du nicht?“

      „Aber sowas von! Diese Paula ist ja wohl eiskalt, und Conny genauso ichbezogen. Gut, oder katzenbezogen. Wüste Viecher.“

      Sophie gluckste. „Diese arme Kramer, die hat sich ganz schön was zurechtgeniest. Alle drei irgendwie süchtig – selbstsüchtig, katzensüchtig, drogensüchtig. Was hat Raben wohl für ein Problem?“

      „Harmoniesüchtig vielleicht?“

      „Klingt passend, aber ich glaube, so einfach ist es nicht. Na, das kriegen wir heute Abend auch nicht mehr raus. Und in dieses fiese Haus kommen wir ja wohl im Leben nicht mehr. Nicht, wenn´s nach mir geht.“

      „Och“, machte Fritzi. „Man soll nie nie sagen, nicht?“

      *

      Andi Reuchlin und Katrin Kramer waren nur noch kurz ins Präsidium gefahren und hatten ihre kläglichen Ergebnisse dokumentiert, dann hatte sich Katrin mit tränenden Augen nach Hause verzogen, um ein Antihistaminikum einzuwerfen, und Andi hatte beschlossen, dass er Trost brauchte, und seine Freundin überfallen.

      Sie hatte freudig ihre Korrekturen im Stich gelassen, ihn in die Arme geschlossen, ihn aufs Sofa gedrückt und ihm ein Bier eingeschenkt. „Hier, das brauchst du jetzt!“

      Nach einem großen Schluck seufzte er grabesschwer auf.

      Katja rutschte neben ihn. „So schlimm?“

      „Noch schlimmer! Ein Toter - und seine Familie. Die können nicht bei der Sache bleiben, beschimpfen sich aufs Übelste und wohnen alle noch zu Hause!“

      Katja gluckste. „Komm, das kennst du doch schon! Denk mal an meine Familie! Hast du damals auch gedacht Diese entsetzlichen Herzbergers?“

      „Quatsch. Nur Raphael und Nick waren schrecklich, der Rest war relativ zivilisiert. Außerdem hat eure Mutter euch doch so stark ans Haus gebunden. Bei denen jetzt gibt´s gar keine Eltern mehr, die gönnen sich bloß gegenseitig das kostenlose Wohnen nicht. Unangenehme Leute. Wieso hat einer die nicht alle umgelegt, sondern bloß den Junkie?“

      Das letzte hatte er gemurmelt und fuhr erschrocken hoch: „Katja, das hast du jetzt nicht gehört!“

      „Wieso, was hast du denn gesagt? Du redest doch nie über deine Fälle, oder? Komm, trink aus und komm ins Bett.“

      Er lächelte breit. „Was für schöne Worte…!“

      19. August 2014

      Am nächsten Morgen hatte Andi alle Fakten noch besser auf der großen Tafel verteilt (schön, dass das – zumindest manches – mit leichten Wischbewegungen zu arrangieren war) und stand nun ratlos davor.

      Wer hatte ein Motiv, Ludwig von Raben (wie sehr Cornelia, diese verwahrloste Person, auf dem von beharrt hatte! Kurz vor der Pennerexistenz, aber adelig – naja, wer´s brauchte…) umzubringen?

      Eigentlich wohl alle.

      Ohne ihn gab es nur noch drei Bewohner dieses riesigen vergammelten Hauses. Vielleicht konnten die sich ja auch auf einen Verkauf einigen. Obwohl, wer würde die Hütte schon haben wollen…

      Es würde nur noch nach Katzen stinken und nicht mehr nach alten Kippen. Der große Bruder hatte nur noch zwei Versager durchzufüttern. Obwohl, diese Paula hatte doch einen vernünftigen Abschluss und sogar einen Job, die blieb wohl nur aus Neid dort wohnen. Die Catlady würde nie wieder etwas finden, das so billig war und einen so großen Garten hatte. Den Bruder geliebt hatten sie beide nicht. Außerdem hatte er sie beklaut, aber das war ihnen bis gestern wohl gar nicht aufgefallen.

      Ludwig als Junkie… Ärger um Drogenkosten? Drogenbeschaffung?

      Hatte der eine Freundin gehabt? Gab es da vielleicht Ärger? Wer konnte das wissen? Die desinteressierte Familie ja wohl nicht. Die beiden Gäste wären bessere Zeuginnen, überlegte er, leider aber wussten die praktisch nichts.

      Er starrte noch frustriert auf die Tafel, fand aber keine Verbesserungsmöglichkeiten mehr, als die Tür aufging.

      „Morgen!“

      Er erwiderte den Gruß von Katrin und Liz.

      „Wie geht´s der Allergie?“

      „Schon besser. Normalerweise bin ich gar nicht so empfindlich, aber die Kombination aus acht Katzen und keinem Staubsauger ist schon ziemlich tödlich.“

      „Ui, Katzen? Ich liebe Katzen!“

      „Diese nicht, Liz“, antwortete Andi sofort. „Räudig und so unfreundlich wie ihre Besitzerin.“

      „Aber Andi!“, tadelte Katrin sofort. „Besitzerin? Kann man ein Mitgeschöpf denn besitzen? Sind Katzen nicht sowieso die besseren Menschen?“

      „Oh… danke für die Warnung, ich hätte ja bei der Catlady sonst komplett verschissen.“

      „Und nichts könnte dir gleichgültiger sein, stimmt´s?“

      Ani lachte. „Ich fürchte, da hast du Recht. Mir waren die Angehörigen eines Mordopfers – wenn es denn Mord war – noch selten so unsympathisch.“

      „Kannst du laut sagen“, schnaubte Katrin, die die Mitschriften, die sie gestern noch auf den Bürorechner gespielt hatte, gerade ausformulierte und die Tippfehler ausbesserte. „Ich dachte echt, ich hau einer der beiden gleich eine rein. Ich wusste nur nicht, welcher zuerst. Na, und der Bruder… ein Weichei erster Güte. Konnte der den beiden nicht mal eins aufs Maul geben?“

      Liz Zimmerl gluckste. „Katrin, welch derbe Sprache!“

      „Pass auf, wenn Andi das nächste Mal hinmuss, gehst du mit. Du liebst ja Katzen, vielleicht kommst du sogar mit den beiden Quadratschnepfen zurecht.“

      „Gute Idee“, fand Andi, „dann kannst du nochmal die beiden Rauchs befragen, Katrin. Vielleicht ist aus denen ja noch mehr herauszuholen, wenn sie nicht dauernd unterbrochen und angeschnauzt werden.“

      „Mach ich. Obwohl, ich glaube nicht, dass die beiden sich die Butter vom Brot nehmen lassen. Die hatten irgendwann einfach keine Lust mehr, mit diesen dämlichen – ja, schon gut.“

      „Gut, du gehst zu den beiden… ach, um die Zeit werden die wohl arbeiten, probier´s am Arbeitsplatz. Sophie Rauch arbeitet bei Restorff Consulting in der Fuggergasse, die jüngere, Friederike, studiert noch und dürfte an der Uni schwer zu erreichen sein. Obwohl, jetzt sind Semesterferien… vielleicht Bibliothek – oder sie ist zu Hause…“

      Katrin bedankte sich leicht ironisch.

      „Ja, klar, das weißt du alles selbst, sorry. Ich schau, dass ich noch Patrick kriege, der soll die alle mal im Netz durchfieseln.“

      „Anne und Joe werden sich freuen“, merkte Liz halblaut an. „Wo wohnen diese Rabens jetzt gleich wieder genau?“

      Sie trat an die Tafel. „Gibt´s da keine Karte?“

      Andi rief die Karte auf. „Hier. Knapp oberhalb der Leiß. Nein… etwas weiter östlich, denke ich.“

      „Kurz vor der Autobahn?“

      „Nein, das eigentlich auch nicht. Man fährt da einen ganz schönen Umweg, wenn man diesen besseren Feldweg neben der Autobahn nimmt, aber anders kommt man da nicht rüber.“

      „Da fehlt eindeutig eine Brücke“, fand Liz, die Karte kritisch beäugend.

      „Quatsch“, wandte Katrin ein, „wozu denn? Da wohnt doch keine Sau, bloß diese eine Familie. Warum sollte man für die noch Steuergelder verschwenden.“