Das Tagebuch des Schattenwolfprinzen. Billy Remie

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Название Das Tagebuch des Schattenwolfprinzen
Автор произведения Billy Remie
Жанр Языкознание
Серия Legenden aus Nohva 3
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742790316



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viel Schaden anrichten.

      »Was ist mit ihm?«, wollte Derrick wissen und nickte auf die Sklavin und Janek, die ich beide am Leben gelassen hatte. »Du willst ihn doch nicht gehen lassen, oder?«

      Belustigt stellte ich fest, dass Derrick nichts gegen den weiblichen Zuwachs hatte, jedoch wollte er sich bei Janek querstellen.

      Noch bevor ich ein Urteil fällen konnte, erhob Janek erneut das Wort an mich. »Wenn ich mich einmischen dürfte ... ich wüsste da einen Ausweg.«

      Ich sah erst ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an, dann wandte ich mein Gesicht Derrick zu, der stumm die Lippen zusammenpresste.

      »Schätze, er zeigt uns den Weg.« Obwohl es wie eine reine Vermutung klang, war es ein Beschluss meinerseits. Ich ging an Derrick vorbei.

      5

       Magie kann in den unwahrscheinlichsten Dingen innewohnen, wenn man nur genug Fantasie hat, um das Besondere im Gewöhnlichen zu sehen.

      »Das ist Wahnsinn! Und das weißt du auch

      Ich zerrte die Riemen der grüngelben Rüstung zu, die ich einem toten Elkanasai abgenommen hatte. »Ach, Derrick, er hat nichts dagegen, er benötigt sie ja nicht mehr.« Ich nickte auf den Toten, der nun nur in Unterkleidern auf dem blutgetränkten Boden lag.

      Derrick ließ genervt seine breiten Schultern sinken. »Deine blöden Scherzen sind mehr als fehl am Platz.«

      Derricks vorwurfsvoller Ton gefiel mir nicht, ich ignorierte ihn jedoch, statt ihn zurechtzuweisen. – ich ließ Derrick, im Gegensatz zu allen anderen, sehr viel durchgehen. Es war meine stumme Art zu zeigen, dass ich in gewisser Weise Dankbar für seine unermüdliche Loyalität war, obwohl er meine Entschlüsse oft anzweifelt und wir gelegentlich verschiedene Definitionen von Recht und Unrecht hatten.

      Lächelnd wandte ich mich ab, doch er folgte mir zum Tor.

      »Ein Reitertrupp würde ihre Reihen sprengen, findest du nicht?«, sagte ich über die Schulter zu ihm. »Wer ist besser zu Pferd als du?«

      »Lass uns einfach verschwinden!«, sprach er auf mich ein.

      Ich hätte mich beinahe geschmeichelt gefühlt, weil er sich so sehr um mich sorgte, wäre ich mir nicht unsicher gewesen, ob er Angst um meine Person hatte oder ob sich seine Furcht nur darauf bezog, das mit mir auch ein wichtiger Teil Carapuhrs sterben würde.

      »Schleichen wir uns raus, nehmen sie unsere Spur auf. Die Hufe unserer Pferde werden noch Tagelang im schlammigen Boden zu sehen sein. Sie holen uns ein und töten uns«, warf ich ein und drehte mich wieder zu ihm um, diesmal mit einem strengen Blick.

      »Locken wir sie in den Wald und überraschen sie dort mit unseren Armbrustschützen«, schlug Derrick vor.

      Es ärgerte mich, dass seine Idee auch noch gut war und ich nicht selbst darauf gekommen bin. Weshalb ich an meinem Vorhaben festhielt. »Es endet hier.«

      »Wieso?« Derrick klang gleichzeitig wütend und ängstlich, eine bizarre Kombination, wenn man mich fragte.

      »Weil die Menschen in diesem Dorf wissen sollen, das ich sie rette!«, zischte ich ihn an.

      Derricks Lippen wurden dünn. »Es geht nur um deinen Stolz. – Ich fürchte um dein Leben, Namenloser, wenn du nicht lernst, deinen Stolz hinter dein Überleben zu stellen!«

      »Jemand muss für Ablenkung sorgen, während die anderen rausschleichen«, erwiderte ich ausweichend und wandte mich ab. Damit war die Diskussion für mich beendet.

      Derrick rieb sich verzweifelt die Stirn, aber er kannte mich und wusste, dass es sinnlos war.

      Stolz würde eines Tages mein Tod sein, ich wusste das ebenso wie Derrick. Aber nicht an diesem Tag! Mein Stolz würde es nicht zulassen, dass ich draufging noch bevor Carapuhr meinen Namen flüsterte als sei ich ein göttliches Wesen.

      »Warum du?«, fragte Derrick und warf einen hasserfüllten Blick auf Janek, der sich ebenfalls eine Rüstung anlegte. »Und er?«

      Mit Blick auf die Türen, wo mittlerweile die Soldaten mit vereinten Kräften versuchten, einzudringen, sagte ich wie zu mir selbst, obwohl auch Derrick mich hören konnte: »Sie sollen ihren Retter sehen ... und vor ihm erzittern.«

      Derricks Hand packte meinen Arm und drehte mich ein Stück zu sich zum.

      Ich starrte ihm entgegen, und egal was er mir hatte sagen wollen, es verlor sich in jenem Augenblick als wir uns in die Augen sahen und er meine Entschlossenheit erkannte.

      Er atmete unglücklich aus und musste sich sichtlich von meinem Anblick losreisen. Ich sah ihm nach, als er mit meinen Männern das Gebäude durch eine Geheimtür verließ, die in einen Fluchttunnel führte. Wir konnten alle nur hoffen, dass Janek sie nicht in eine Falle laufen ließ.

      Ich blieb zurück. Mit Janek. Teils, weil ich befürchtete, im Tunnel würde eine Falle lauern, teils, weil ich mich danach sehnte, meinen Feinden endlich im Kampf entgegen zu treten.

      Ich wandte mich dem Tor zu und zog mein Schwert, nachdem Derrick ohne einen weiteren Blick verschwunden war, die Tür zum Tunnel blieb offen.

      Janek trat neben mich. Er passte mit seinem drahtigen, kleinen Körper besser in die Soldanrüstung der Elkanasai als ich mit meiner großen und muskulösen Barbarengestalt.

      Mit neunzehn Jahren war ich noch nicht ausgewachsen und überragte bereits jetzt schon Derrick, der alles andere als klein war. Manolo der Berg wurde früher auch Manolo der Siebenfuß genannt, weil er sieben Fuß hoch war, mittlerweile hatte ich Manolo fast eingeholt. Meinem allmächtigen Gott sei dank, war ich aber nicht so fett wie er.

      Mit dem Blick auf die Türen, deren Holzlatten langsam nachgaben und deren Splittern das Rammen gegen die Tür übertönte, sagte ich drohend: »Sollte dies hier eine Falle sein, werde ich dich töten.«

      Janek erwiderte ruhig: »Wenn es keine Falle ist, schuldet Ihr mir etwas.«

      Ich schnaubte herablassend. »Ich schulde niemanden etwas ... außer mir selbst, vielleicht.«

      Lächelnd legte Janek einen Pfeil in den Bogen. »Überlebe ich das hier, schulde ich Euch nicht nur mein Leben, wisst Ihr?«

      Gib einem Mann die Möglichkeit, Rache zu nehmen, und du hast seine lebenslange Treue inne. Dieser Satz stammt von mir, eine Weisheit, die ich selbst erkannt hatte und deren Wahrheit von den Männern unterstrichen wurde, die mir zur Seite standen, obwohl ich ein ziemliches Arschloch sein konnte.

      »Wir sind zu zweit«, sagte Janek mit einem nervösen Blick auf mich. »Und sie zu hundert.«

      Ich umfasste den Griff meines Schwerts mit beiden Händen und richtete die Spitze meiner silbernen Klinge auf die Tür. »Fürchtest du den Tod?«

      »Nur das Sterben, Herr«, antwortete Janek.

      Unwillkürlich zuckte mein Blick kurz zur Seite auf den nervösen Elkanasai, er zappelte, doch der Bogen in seinen Händen schien so unbeweglich wie die Mauern, die uns umgaben. Ich rechnete es ihm wirklich hoch an, dass er mich ›Herr‹ nannte, das gefiel mir.

      Janek hatte keine andere Wahl gehabt, als mit mir hier zu bleiben, denn ich hatte es so beschlossen. Wenn er vorhatte, mir in den Rücken zu fallen, um sich wieder die Gunst seiner Landsleute zu sichern, wollte ich ihn lieber nicht aus den Augen lassen. Natürlich traute ich es Derrick zu, dass er einen Verräter rechtzeitig erkannte und unschädlich machte, aber ich riskierte nicht das Leben meines besten Mannes ... Nun ja, jedenfalls nicht solange es keinen höheren Nutzen hatte. Ich brauchte Derrick dort draußen, denn ihm konnte ich vertrauen. Allerdings hatte Janek trotz meines Plans keine Einwände erhoben, als ich verkündet hatte, dass er bei mir bleiben würde, während die anderen in Sicherheit flohen. Ein weiterer Aspekt, der dazu führte, dass ich eine gewisse ... nennen wir es mal Sympathie für ihn entwickelte.

      Als die erste Holzlatte brach und ich den ersten aufblitzenden Metallhelm durch das Loch erspähen konnte,