Fehlstart. Elisa Scheer

Читать онлайн.
Название Fehlstart
Автор произведения Elisa Scheer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783737560665



Скачать книгу

Haben Sie das von Q bekommen?“

      „Freut mich, wenn ich Sie an James Bond erinnere!“ Er lächelte geschmeichelt. „Bilden Sie sich keine Schwachheiten ein. Sie sind höchstens einer von den Kerlen, die in der Pretitle-Sequenz draufgehen.“

      Das Lächeln erstarb, bis sein Blick wieder auf das Plastikding fiel. „Jedenfalls sind Sie nicht imstande, zu erraten, was ich hier habe.“

      „Palmtop. Wollen Sie jetzt Freecell spielen?“

      „Falsch.“

      „Survival Kit mit Eiweißpillen?“

      „Auch falsch.“

      „Heftpflaster, weil Sie mich anders nicht mundtot machen können?“

      „Bilden Sie sich bloß nichts ein. Ich lasse Sie doch dauernd gewinnen, schließlich habe ich ja mal gelernt, dass man kleine Mädchen nur mit halber Kraft verprügeln darf. Wieder falsch. Alle drei Versuche verplempert.“

      „Blöder Angeber. Wie der Fuchs und die sauren Trauben. Was heißt überhaupt, kleine Mädchen? Ich bin nicht klein.“

      „Aber noch nicht trocken hinter den Ohren. Sie sind doch höchstens – na, dreißig?“

      „Fünfundzwanzig!“, fauchte ich. „Ich könnte Ihre Tochter sein, und trotzdem bin ich erwachsen!!“

      „So frühreif war ich auch wieder nicht. Wie fünfundzwanzig sehen Sie auch nicht aus.“

      „Jaja, ich weiß, alt und fett. Was ist denn jetzt da drin?“

      „Also doch neugierig?“

      „Quatsch! Nageln Sie sich das Ding doch ans Knie – mir doch egal.“

      „Sehr glaubhaft. Irgendwie müssen wir uns doch die Zeit vertreiben, bis dieser Hausmeister mit seinem Rundgang fertig ist. Es ist schon nach neun.“

      „Wem sagen Sie das! Meine Firma ist das ja nicht. Sie tun mir Leid, dass Sie hier arbeiten müssen.“

      „Ach ja? Ich kann mir vorstellen, dass Leute, die gar keine Arbeit hätten, froh wären, wenn sie hier arbeiten dürften. Solange sie nicht nach halb acht in den Aufzug steigen...“

      „Reiben Sie es mir nur rein! Wetten, morgen Nachmittag hab ich wieder einen Job?“

      „So viele Agenturen mit Bedarf an –hm- eigenwilliger Präsentation gibt es in Leisenberg auch nicht.“

      „Blödmann. Außerdem hab ich nicht von Agenturen gesprochen, oder? Ich nehme alles, und wenn´s Hamburgerbraten ist.“

      „Sie spinnen ja!“

      „Ach ja? Von irgendwas muss sogar so was wie ich leben, so lange hält der Hüftspeck auch nicht vor, und die Miete für meine Slumbude kann ich damit auch nicht bezahlen. Was ist jetzt da drin?“

      „Sie lenken doch dauernd ab!“

      „Gar nicht wahr! Sie haben damit angefangen, dass es schon nach neun ist. Ich wollte bloß höflich sein.“

      „Sie – und höflich? Sie sind unverschämt, seitdem ich Sie in diesem Lift erwischt habe!“

      „Unverschämt? Und was sind dann Sie? Rotzlöffel!“

      „Nana! Solche Ausdrücke machen Sie aber ganz schön alt...“ Er grinste schon wieder. „Was ist da jetzt drin? Und lassen Sie mich bloß nicht wieder raten.“

      „Warum eigentlich nicht? So vergeht die Zeit doch auch ganz nett. Na gut, ich will mal gnädig sein...“

      „Den herablassenden Ton können Sie sich sparen“, fauchte ich, schlug wohl zum hundertsten Mal auf den Notrufknopf und wandte mich dann schmollend ab. „Sind wir jetzt eingeschnappt?“, erkundigte er sich mit seidenweicher Stimme. Ich schwieg. „Na gut, dann spiele ich eben alleine damit. Linke Hand gegen rechte Hand... auch lustig. Wenn Ihr blödes Handy ginge, könnten wir schließlich Hilfe rufen.“

      „Wenn ich gewusst hätte, wie vorsintflutlich diese Bude ist, hätte ich es heute Morgen noch aufgeladen. Ob ich zu spät gekommen wäre, wäre bei dieser Präsentation auch schon egal gewesen.“

      „Da sprechen Sie ein wahres Wort gelassen aus.“

      „Großes.“

      „Was?“

      „Du sprichst ein großes Wort gelassen aus. So heißt das Zitat!"

      „Wenn schon. Sie wissen doch nicht mal, woher das ist!“

      „Goethe, Iphigenie auf Tauris. Tun Sie nicht so, als hätten Sie die Bildung gepachtet!“

      „Was Sie wissen, weiß ich schon lange!“

      „Wollen Sie mich zu einem kleinen Quiz provozieren?“

      „Keine blöde Idee – auch wenn Sie von Ihnen ist. Okay, hier kommt die erste Frage: Wer hat wann gesagt Das ist nicht der Anfang vom Ende, aber vielleicht das Ende vom Anfang?“

      Verdammt, schwierige Frage – und ich durfte mich jetzt nicht blamieren. Obwohl, mit dem Iphigenie-Zitat hatte ich doch schon ganz gut vorgelegt, oder?

      „Wollen Sie mir nicht die vier üblichen Alternativen vorlegen?“

      „Nein. Wir spielen streng.“

      Schade. Hm. Verflixt. Es klang so entschlossen, so nach „Wir fangen an, etwas dagegen – wogegen? – zu unternehmen.“ Ich hatte nicht den leisesten Schimmer. „Wolfgang Clement?“

      „Falsch. Winston Churchill, 1940. Eins zu null.“

      „Eins zu eins! Ich hab das Zitat richtig gewusst.“

      „Da haben wir doch noch gar nicht gespielt. Eins zu null.“

      „Na gut – wenn Sie das brauchen, um nicht total zu verlieren... Ich gönn´s Ihnen. Welcher Tag ist Ein Datum der Schande – und wer hat das gesagt?“

      „Das haben Sie gerade erfunden.“

      „Blödsinn. Glauben Sie, so was hab ich nötig?“

      „Garantiert. So weit wird´s mit Ihrer Allgemeinbildung auch nicht her sein.“

      „Lenken Sie nicht ab. Wissen Sie´s oder wissen Sie´s nicht?“

      „Klar weiß ich das! Moment – ich hab´s gleich... ja, genau. Franklin Roosevelt, über den 7. Dezember 1941. Na?“

      „Richtig“, musste ich zugeben.

      „Zwei zu null!“

      „Was – was ist denn das für eine Zählweise? Wofür wollen Sie denn zwei Punkte haben?“

      „Na, für die Frage vorhin, die Sie nicht gewusst haben!“

      „Moment mal! Dann krieg ich jetzt für meine Frage aber auch einen Punkt!“

      „Wieso? Ich hab´s ja gewusst, oder?“

      „Quatsch. So spielen wir nicht. Einen Punkt gibt es überhaupt nur für eine richtige Antwort. Es steht eins zu null für Sie, basta.“

      „Na, wenn Sie das glücklich macht... Okay, ich weiß was: Was sind Reverse Floaters?“

      „Reverse Floaters... Hm. Wertpapiere?“

      „Genauer!“

      Wertpapiere waren also schon mal richtig. Floaters... das klang nach flexiblen Kursen – oder Zinssätzen... Reverse... irgendwie umgekehrt... „Anleihen mit variablem Zinssatz. Je höher irgendein fester Zins, desto niedriger der Satz der Anleihen.“ Triumphierend sah ich ihn an.

      „Na gut. Sie wissen zwar garantiert nicht, was als Basiszins genommen wird -“

      „Muss ich auch nicht, das haben Sie nicht gefragt!“

      „Kriegen Sie sich wieder ein, ich lasse es ja gelten.“

      Ich