Cemetery Car®. Angelika Nickel

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Название Cemetery Car®
Автор произведения Angelika Nickel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847675730



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gekommen waren, und nickte. »Bisher sind wir immer nur geradeaus gelaufen.« Sie lief weiter. Die Abenteuerlust hatte sie überkommen. Kim fühlte sich wie Kolumbus auf einer seiner Entdeckungsreisen.

      Der Durchgang zur Grotte war eng. Sie mussten sich beide hindurchzwängen. Der Weg führte in eine Schatzkammer.

      »Wo sind wir denn jetzt gelandet? In Indiana Jones?« Quentin verschlug es die Sprache. Vor ihnen lagen Berge von alten Truhen. Manche von ihnen waren umgefallen, einige Deckel aufgesprungen. Goldmünzen, bunte Edelsteine, goldene Krüge, Perlenketten, und vieles mehr, war aus diesen herausgefallen, und breitete sich vor ihren Füßen aus.

      Kim lief freudeschreiend darauf zu. »Ein Schatz! Wir haben einen Schatz gefunden!«

      Mit diesem Fund starb jedoch auch gleichzeitig die Theorie der geheimen Versuchsstation. Niemand, der an diesem Ort experimentiert hätte, hätte diese Grotte übersehen, noch den Schatz hier unten liegen lassen.

      »Kim, wir sollten vorsichtig sein. Du weißt nicht, was hier unten noch alles ist.« Quentin hatte seinen Satz noch nicht beendet, fing Kim zu schreien an. Erschrocken rannte er zu ihr hin. Sein Blick folgte ihrer ausgestreckten Hand.

      Dann sah auch er es, das, was Kim dermaßen erschreckt hatte.

      Ein Skelett saß, an die Wand gelehnt, neben einer der Truhen. In der Hand hielt es eine Tonscherbe.

      »Ob das der Schatzwächter gewesen ist?«, flüsterte Kim. »Aber weshalb ist er immer noch hier? Hier unten, heute noch? Warum hat man ihn nach seinem Tod nicht beerdigt?«

      »Er wird gestorben sein …, vielleicht beim Bewachen … Womöglich gab es niemanden, der von ihm und dem Schatz gewusst hat.« Quentin missfiel dies alles sehr. Er hatte nichts anderes gewollt, als ein paar Tage auszuspannen … Und nun das!

      Über dem See hinter ihnen, außerhalb der Grotte, bildete sich feuchter Nebel. Zog über dem See entlang, schwebte auf die Grotte zu. Bedrohlich kam er auf Kim und Quentin zu. Zog an ihnen vorbei, hin zu dem Skelett, bis es vollends in der Nebelbank eingehüllt war.

      Auf einmal kam Leben in den Knochenmann. Das Skelett bewegte sich.

      Kim und Quentin standen starr vor Schrecken.

      Der geheimnisvolle Nebel hatte das Skelett zum Leben erweckt. Mit hohler Stimme rief es: »Eindringlinge! Was wollt Ihr hier?«

      »Wir?«

      »Dies ist die verfluchte Schatzkammer Surrenders! Niemandem ist es gestattet, sich hier aufzuhalten. Macht und verschwindet!« Drohend hallte ihnen die Stimme von allen Seiten entgegen.

      »Sicher, wir gehen!« Quentin griff nach Kims Hand, wollte sie mit sich fortziehen. Doch schon im nächsten Moment stand das Skelett vor ihnen, versperrte ihnen den Weg.

      »Nein, nicht so eilig! Ich habe es mir anders überlegt!« Mit seinen ausgehöhlten Augen betrachtete das Skelett die Scherbe in seiner Hand. Er hielt sie Quentin entgegen. »Kennt Ihr das? Seid Ihr es, der in der Lage ist, den Fluch zu brechen und von mir zu nehmen?«

      »Fluch? Brechen? Welchen Fluch?«

      »Den Fluch, der mich hier gefangen hält.«

      »Nein, bin ich nicht. Ich habe keine Ahnung, wer du bist noch, was du von uns willst. Auch nicht, was diese Scherbe in deiner Hand darstellen oder sein soll.«

      »Ich bin Surrender. Heute gehört dies alles mir. Die Truhen, Goldmünzen, der gesamte Schatz. Doch das war nicht immer so. All dieser Prunk, er war mein Fluch.«

      »Was für ein Fluch?« Verwundert sah Kim das Skelett an. Die Neugierde hatte ihre Angst besiegt. Sie dachte an Satana und Amaryllis, während sie in den Totenschädel des Skeletts schaute. Nein, von den beiden war tödliche Gefahr ausgegangen, nicht aber von diesem Skelett hier. Weshalb auch immer sie die Schatzkammer hatten finden müssen, es musste einen ganz bestimmten Grund dafür geben. Und diesen Grund wollte Kim herausfinden.

      »Später, das ist jetzt nicht wichtig. Wichtig ist, dass Ihr mich wissen lasst, was Ihr hier wollt, und wer Euch von meinem Schatz berichtet hat.« Nach kurzweiligem Schweigen sprach er weiter: »Wer ist noch alles auf dem Weg nach hier?«

      »Niemand hat uns von deinen Schätzen erzählt. Auf dieses unterirdische Paradies, auf diese Grotte und deine Schätze, sind wir zufällig gestoßen«, erklärte Kim, wahrheitsgetreu.

      »Zufälle, die gibt es nicht. Es muss einen Grund haben, dass Ihr mich gefunden habt.« Surrenders hohle Stimme klang melancholisch. In dem Skelett keimte die Hoffnung auf Befreiung auf. Und in den Fremden vor sich, glaubte Surrender, sie gefunden zu haben.

      Er glaubte fest daran, dass die beiden jungen Leute es sein sollten, die ihn von seinem Fluch befreiten.

      8 - Visionärer Alptraum

      Gräulich wälzte sich in seinem Bett hin und her.

      Das Licht des Vollmondes strahlte ihm mitten ins Gesicht. Immer wieder stöhnte er auf.

      Wie ein Schlafwandler stieg er aus seinem Bett, lief auf die Balkontür zu, öffnete sie, und trat auf die Dachterrasse hinaus. Ohne ihn jedoch wahrzunehmen, wandte er sein Gesicht dem Mond zu.

      Eine sanfte Brise Nachtwind blies durch Gräulichs Pyjama, blähte seine Jacke auf und zog durch seine Hosenbeine. Doch selbst das merkte der Professor nicht.

      Zu sehr war sein Geist von Impressionen gefangen genommen, die sein Unterbewusstsein aufrüttelten. Deren Bilder vor seinem geistigen Auge immer realer und realer wurden.

      Gräulichs Hände umklammerten die breite Brüstung der Dachterrasse. Der visionäre Alptraum wurde stärker und stärker, die Bilder immer deutlicher, die Stimmen immer lauter, immer verständlicher

      Er sah den Fährmann, fühlte die Bedrohung, die von ihm ausging. Erkannte Quentin und Kim … Begriff die Gefahr, in der die beiden schwebten

      …

      »Bald ist es soweit. Nur noch ein paar Tage, dann haben wir es geschafft. Wir, wir werden weit besser sein, als es die Mächte der Finsternis jemals waren. Wir, wir sind die Gilde des Wissens! Wir sind die, denen niemand entkommen wird! Wir höchstpersönlich werden uns den Fürsten der Finsternis untertan machen.« Überhebliches Lachen ließ die Luft erbeben. »Doch zuerst müssen wir die Neuankömmlinge vernichten.«

      »Vernichten? Wozu das? Das sind einfache Menschen, ein paar junge Leute, mehr nicht. Sie werden ohnehin in den Bann gezogen werden … In ein paar Tagen.«

      »Nur ein paar junge Leute? Oh nein, die beiden sind weit mehr als nur ein paar junge Leute! Die beiden sind die gefährlichsten Dämonenjäger aller Zeiten. Sie waren es, die Satana und Amaryllis vernichtet haben.«

      Ein ängstliches, aber dennoch auch fast ehrfürchtiges Raunen erfüllte den dunklen, totenstillen Raum. Das verbotene Zimmer des Clubs der toten Dichter.

      An einem langen Tisch saßen sieben Leute, eingehüllt in blutrote Mäntel, die Kapuzen tief ins Gesicht gezogen. Masken verhüllten ihre Gesichter.

      Auf der Tischmitte stand eine dickbauchige Kerze, deren Lichtstrahl die einzige Lichtquelle in dem finsteren Raum war.

      Hier kannte niemand den anderen. Jeder Einzelne von ihnen war ein Teil des geheimen Bundes, und dennoch blieben sie untereinander unerkannt. So bestimmten es die Regeln des Geheimbundes. Diese Regeln gewährleisteten jedem einzelnen Mitglied Sicherheit und Schutz. Garantierten ihnen das Gelingen ihres Unterfangen. Solange niemand wusste, wer der andere war, solange war auch kein Einziger von ihnen in Gefahr, noch konnten sie sich gegenseitig verraten.

      Die dritte Kapuze von links räusperte sich: »Wenn das so ist, dann sollten wir nicht darauf warten, bis die beiden von uns erfahren, sondern es erst gar nicht so weit kommen lassen.«

      »Wir wollen doch nicht, so kurz vor unserem Ziel, entdeckt werden.«

      »Dem