Cemetery Car®. Angelika Nickel

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Название Cemetery Car®
Автор произведения Angelika Nickel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847675730



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Das tut mir von Herzen leid.« Allerdings hörte es sich nicht danach an, als täte ihm das Dilemma der beiden tatsächlich leid. Eher danach, als verhöhne er die jungen Leute. Dennoch streckte der Fremde Kim seine Hand zum Gruß entgegen. »Guten Tag. Ich bin der Fährmann. Aber das brauche ich wohl nicht extra zu erwähnen, das erkennt Ihr an der Fähre, wa‘?«, stellte er sich vor, während er einen dünnen Holzspan auf seiner Lippe hin und her springen ließ.

      »Kim König, und das ist mein Verlobter Quentin Sommerwein.« Sie ergriff die ausgestreckte Hand des eigenartigen Mannes. Dabei erschrak sich Kim. Die Hand des Fährmannes fühlte sich eiskalt an, und das bei sommerlichen Temperaturen. Immerhin hatten sie Juni, morgen war bereits der 1. Juli.

      Auch die Kleidung des Fremden mutete eigentümlich an. »So sagt, wo wollt Ihr hin?« Die eigenartigen Augen des Fährmannes sahen Quentin neugierig an, so dass Quentin sich urplötzlich total unwohl, und absolut fehl am Platze fühlte. Auch ihm fielen die warnenden Worte Evelyns wieder ein. Sie war ein Geist. Täglich kontaktierte das Jenseits sie. Was, wenn ihre Warnung nicht unbegründet war? Was, wenn sie tatsächlich in eine Falle gelockt werden sollten? Doch wozu? Wem konnten sie gefährlich werden? Wer konnte etwas von ihrem Tod haben? Quentin kratzte sich am Kopf. Er schüttelte die Gedanken ab. Doch er konnte nicht umhin, sich über sich selbst zu wundern. Das Leben mit einem Geist hatte anscheinend bereits die ersten Spuren hinterlassen. Oder begann er womöglich, unter Verfolgungswahn zu leiden? Keine der beiden Möglichkeiten gefiel Quentin. Er trat näher auf den Fährmann zu, und fragte: »Wir suchen das Hotel Shadowisland. Wissen Sie zufällig, in welche Richtung wir fahren müssen, um dorthin zu kommen?«

      Der Fährmann spuckte den dünnen Holzspan Quentin vor die Füße. In seinen Augen lag der Anflug von Spott.

      Erneut spürte Quentin den Blick des Fremden auf sich. Und wieder fühlte er sich unbehaglich dabei. Der Mann kam ihm nicht koscher vor, auch wenn er nicht zu sagen gewusst hätte, was es war, das diesen Eindruck bei ihm erweckte. Vielleicht war es auch nur die sonderbare Kleidung, mit der der Mann daherkam. »Es wäre nett, wenn Sie mir meine Frage beantworten könnten, denn«, er warf einen Blick auf seine Uhr, »es ist auch schon recht spät, und wer weiß, wie lange die Fahrt noch dauern wird, die vor uns liegt.« Er rang sich ein schiefes Lächeln ab. »Immerhin wollen wir ja auch nicht bei Nacht und Nebel in dem Hotel ankommen.«

      »Darüber würde ich mir an Eurer Stelle keine Sorgen machen.« Wieder war da dieser eigenartige Blick, auch wenn er immer noch versuchte, sein Gesicht vor ihnen zu verbergen. »Mitunter ist es später, als man denkt«, brummte er in sich hinein; und wieder lag dieses Grinsen um seine Lippen, das einen kalt werden ließ.

      »Schlussfolgere ich richtig, dass Sie wissen, wo wir hin müssen? Wo das Hotel Shadowisland liegt?« Kims Stimme klang erfreut, denn auch sie wollte, so schnell als nur möglich, weg von hier. Die Gegenwart des Fremden ließ sie schaudern. Von ihm ging etwas Unheimliches, wenn nicht sogar Bedrohliches aus. Die junge Frau konnte auch die Kälteschauder, die sie immer wieder überkamen, nicht unterdrücken. Sie standen, von der Sonne gewärmt, hier im Warmen, und dennoch fror sie. Auch dieser Umstand machte ihr Sorgen und flößte ihr Unbehagen ein. Ebenso wenig gefiel ihr die Art, wie der Fährmann zu ihnen sprach. Misstrauisch beäugte sie ihn.

      Als hätte der unheimliche Fährmann ihre Gedanken gelesen, fing er schallend zu lachen an. »Hotel Shadowisland, das ist amüsant. Guter Witz. Na ja, jeder, wie er’s will, nich‘ wahr?«

      »Ein Witz? Das ist kein Witz! Wir haben für die nächsten Tage gebucht, in besagtem Hotel.« Kims grüngraue Augen blitzten zornig. »Sagen Sie doch einfach, dass Sie nicht wissen, wo das Hotel ist, und gut ist es! Dann fahren wir weiter und suchen das Hotel aufs Geratewohl. Wir können uns auch durchfragen, damit haben wir keinerlei Probleme.« Sie wandte sich an Quentin. »Komm, Schatz, lass uns gehen.« Kim hielt dem Fremden zur Verabschiedung ihre Hand entgegen. »Danke, dass Sie uns haben helfen wollen. Auf Wiedersehen.« Und sie wusste bereits jetzt schon, dass sie kein Bedürfnis danach verspürte, dem Fährmann jemals wieder begegnen zu müssen.

      »Nicht so eilig, junge Lady. Wer sagt denn, dass ich nicht weiß, wohin Ihr müsst?« Er grinste breit, und in diesem Moment erinnerte er an die Westernfigur Django, was ihn allerdings auch kein bisschen freundlicher erscheinen ließ.

      Quentin, dem unterdessen die Geduld ausging, fragte herausfordernd: »Wissen Sie nun, wohin wir müssen, oder nicht?«

      »Sicher weiß ich das. Ich bin nur aus diesem Grund hier. Soll Euch abholen, wenn Ihr versteht, was ich meine«, antwortete er rätselhaft, und in seinen Augen spiegelte sich ein hinterhältiges Funkeln. Doch das sahen die jungen Leute nicht.

      Kim war, als würde ein Galgenseil von oben auf sie herabfallen. Ihr Hals wurde trocken, und ihr Magen verkrampfte sich. »Was soll das heißen, dass Sie wegen uns hier sind?«

      »Nur aus diesem Grunde bin ich hier. Irgendwie müsst Ihr doch nach Shadowisland kommen, nicht wahr!«

      »Was soll dieses Gerede? Hier ist weit und breit kein Hotel.« Quentin musste an sich halten, um den Mann nicht an seiner Kapuze zu schnappen und zu schütteln.

      »Ein bisschen explosiv, der edle Herr, wie?« Der Fährmann sah Kim an. Er lächelte breit, allerdings kam weder Wärme noch Freundlichkeit mit diesem Lächeln mit. Kälte, eisige Kälte ging von dem Fremden aus.

      »Kim, lass uns gehen, es hat keinen Sinn. Er weiß nicht, wohin wir müssen.« Quentin fasste Kim bei der Hand und zog sie mit sich fort.

      »Hallo! Ihr beide … Ich dachte, Ihr wolltet ausspannen.«

      Quentin drehte sich zu dem Fährmann, wollte gerade etwas sagen, als Kim leise fragte: »Was hält er denn da auf einmal in seiner Hand?«

      »Da bitte! Das ist doch Eure Buchung!« Er nahm das Papier und las die beiden Namen. »Sommerwein, Quentin. König, Kim. Gebucht für 30. Juni. Das ist heute. Nur, den letzten Tag, den Abreisetag, den kann ich nicht lesen. Muss wohl Marmeladenbrot oder Kaffee drauf gekommen sein.«

      Zögernd gingen Quentin und Kim den Weg zurück, hin zu dem unheimlichen Fährmann.

      Sommerwein entriss dem Fremden das Stück Papier, mit dem der Fährmann triumphierend herumwedelte, und warf einen hastigen Blick darauf. »Tatsächlich, das ist unsere Buchung.« Irritiert sah Quentin den vermummten Mann an. Und wieder überkam ihn dieses eigenartige Gefühl. Vielleicht wäre es doch besser gewesen, auf Tante Evelyn zu hören.

      »Warum haben Sie nicht gleich gesagt, dass Sie extra gekommen sind, um uns abzuholen?« Kim fühlte sich immer unbehaglicher. Diese Reise, sie war keine gute Idee, befürchtete sie.

      »Ein klein wenig Spannung muss auch sein. Außerdem habt Ihr doch andauernd von einem Hotel gesprochen. Doch Shadowisland ist kein Hotel …«

      »Kein Hotel? Sondern?« Nun überkamen auch Quentin Zweifel an der Richtigkeit ihrer Reise. Vielleicht sollten sie einfach zurück nach Silentsend fahren, und das Ganze hier vergessen. Doch bereits der nächste Satz des Fährmannes ließ sie erkennen, dass es dazu bereits zu spät war.

      »Shadowisland ist eine Insel. Aber keine Bange, dort gibt es auch ein Hotel. Immerhin sind wir Menschen, und kein Gesinde, wie? Zivilisation, das ist doch heutzutage das A und O. Jetzt kommt endlich, sonst wird die Suppe noch kalt. Wir haben sowieso schon sehr viel Zeit mit dieser Plauderei verloren.« Im Davonlaufen drehte er seinen Kopf herum, so dass ein Teil seines Gesichts sichtbar wurde, und sagte, mit einem Unterton in der Stimme, der nichts Gutes verhieß: »Rücktrittsrecht gibt es nicht. Wer einmal für Shadowisland gebucht ist, der ist auch gezwungen, die Reise anzutreten, ob er will oder auch nicht.«

      »Eine Insel? Aber wie sollen wir denn dort hinkommen? Und was soll das heißen, dass man nicht von der Reise zurücktreten kann?«

      »Aber, aber, junge Maid, wer wird denn gleich derart zweifelnd sein.« Der Klang seines Lachens übersäte Kims Körper mit Gänsehaut. »Ihr werdet alles noch, zu gegebener Zeit erfahren. Ich will den Dingen nicht vorweggreifen. Außerdem soll Eure Reise doch auch unvergesslich bleiben, nicht wahr.« Wieder sah er sie mit furchterregenden Augen an. Mit Augen, die im untergehenden