Cemetery Car®. Angelika Nickel

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Название Cemetery Car®
Автор произведения Angelika Nickel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847675730



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nicht beim Namen nennen. Aber, wenn du willst, dann reicht es auch, wenn du einfach nur Barea zu mir sagst. Ich glaube, das lässt sich für dich leichter aussprechen, als Monsignore

      »Ja, Sir Barea, das ist tatsächlich leichter«, antwortete der Junge erleichtert. Mit gekräuselten Lippen, fragte er: »Ich soll dir helfen? Wie? Wobei?«

      »Es gibt da zwei junge Leute, Quentin und Kim heißen sie. Die beiden sind in Gefahr. Und nur du bist in der Lage, sie zu warnen.«

      »Ich? Wie das?«

      »Ich werde dir dabei helfen. Werde dir zeigen, was du ihnen mitteilen, vielleicht auch zeigen musst. Du musst die beiden führen.«

      »Aber warum brauchst du mich dazu? Wenn du doch alles weißt, dann kannst du es ihnen doch zeigen.«

      »Ja, könnte ich, … aber auch wieder nicht. Es gibt so etwas wie Engelsgesetze, und von daher darf ich das nicht.«

      »Du bist ein Engel? Wow!«

      »So etwas in dieser Art. Aber du, du bist noch kein Engel, du darfst noch eingreifen. Darfst vorbestimmte Dinge, das Schicksal, noch verändern.«

      »Und dabei darfst du mir aber helfen?« David war verblüfft. Ein Engel. Er sprach mit einem Engel. Dem Engel Sir Barea.

      »Ja, das darf ich.«

      »Dann möchte ich dir auch helfen. Darf ich danach wieder nach Hause zu Mama und Papa?«

      »Wir werden sehen, David. Aber ich verspreche dir, dass ich alles in meiner Macht Stehende tun werde, dass du noch nicht durch das Licht gehen brauchst. Es ist schön im Licht, alles leicht, sorgenfrei. Aber du, David, du bist noch viele, viele Jahre zu jung, um durch das Licht gehen zu müssen.« Monsignore Barea nahm Davids Hand. Gemeinsam verließen sie unbesehen das Zimmer.

      Davids Mutter saß über ihren komatösen Sohn gebeugt, und hatte auch davon nichts mitbekommen.

      Still weinte die Frau vor sich hin. Hatte Angst, David für immer zu verlieren. Nur das Piepsen der Maschinen, an die der Junge angeschlossen war, ließ sie hoffen. Hoffen darauf, dass ihr Sohn wieder aus dem Koma erwachen, und sein würde, wie er vor seinem Unfall gewesen war.

      10 - Das verbotene Zimmer

      Das kalte Wasser hatte ihm geholfen, wach zu werden.

      Professor Gräulich war frisch geduscht und angezogen. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass es kurz nach Mitternacht, der 1. Juli, war. Mit traurigem Kopfschütteln flüsterte er leise: »Es hilft alles nichts, aber ich muss Madame wecken.« Raschen Griffes zog er die kleine lederne Reisetasche vom Bett, die er sofort nach seiner Vision gepackt hatte. Ohne lange nachzudenken, hatte er alles, was er brauchte, in die Tasche hineingeworfen.

      Hastigen Schrittes eilte er die Treppe hinunter. Vor Madames Tür blieb er stehen. Geräuschvoll hämmerte er gegen ihre Schlafzimmertür. Von drinnen konnte er leises Schnarchen vernehmen.

      »Madame! Wachen Sie auf! Quentin und Kim sind in Gefahr!«

      Nickel, Madames brauner Cockerspaniel, schlug postwendend an. Laut bellend hetzte er zur Tür, dabei vergaß er auch nicht, bedrohlich zu knurren.

      »Nickel, wirst du wohl!«, rief Madame schlaftrunken, und drehte sich zur anderen Seite.

      »Madame Zink! Aufstehen! Quentin und Kim sind in Gefahr!«

      Plötzlich war Madame hellwach. Sie schnellte aus ihrem Bett. Zu schnell. Sie wankte. Taumelnd suchte ihre Hand Halt am Nachttisch. Sie musste für eine Kurzweil verharren. Vorsichtig setzte sie sich nochmals aufs Bett. Geschwächt ließ sie sich nach hinten fallen.

      Diesen Zustand kannte sie nur all zu gut. Ihr Kreislauf machte ihr hin und wieder zu schaffen. Doch sie hatte gelernt, dagegen anzugehen und wusste deshalb auch, damit umzugehen.

      Erstmals musste sie ihren Körper zur Ruhe zwingen, danach würde sie wieder fit und vollends auf dem Posten sein.

      Dieser Schwächezustand überfiel sie meist dann, wenn sie sich zu sehr über etwas aufregte, oder aber, sie zu übereilt aufstand.

      Ihr wurde heiß. Ein Hustenanfall schüttelte ihren Körper. Mit den Füßen formte sie ihre Bettdecke zu einem Berg. Rasch legte sie ihre Beine auf den Deckenberg, so dass sie etwas erhöht lagen. Schwach rief sie: »Ich komme gleich.« Darauf hoffend, dass es baldigst vorbei sein würde. Dann endlich, fing sie zu frieren an.

      Ein gutes Zeichen! Das wusste sie, da sie den Verlauf kannte.

      Zuerst der Kreislauf, der schlapp machte, danach die Hitzewelle und es endete stets damit, dass sie fror. Von daher wusste sie, dass es vorüber war.

      Der Schwächeanfall war vorbei. Sie konnte sich wieder ganz und gar auf ihren Körper verlassen. Madame stand vom Bett auf, atmete tief durch und lief gemäßigten Schrittes zur Tür.

      Gleich danach riss sie sie mit einem Schwung auf. Vor ihr stand der Professor mit seiner alten abgegriffenen Ledertasche. »Gräulich, mein Gott, Sie sehen aus, als hätten Sie einen Geist gesehen!« Schon der Anblick des Professors verhieß nichts Gutes. Ihre Lippen zitterten bei der Frage: »Was ist los mit Kim und Quentin?« Ihr Blick streifte die Reisetasche Gräulichs. »Was hat die Reisetasche zu bedeuten?«

      »Quentin und Kim, sie sind in Lebensgefahr.«

      »Nein, nicht schon wieder!« Sie holte tief Luft. »Sie hatten wieder eine Vision …«, vermutete sie.

      »Beinahe.« Er erzählte ihr in drei Sätzen von seinem visionären Alptraum.

      »Ach du guter mein Vater. Ich bin gleich soweit. Nur einen Moment noch«, sagte sie, warf die Tür zu, schnappte sich eine Jeans, ein T-Shirt und Unterwäsche und ging eilig unter die Dusche.

      Kurz darauf hatte auch sie einige Utensilien in eine kleine Reisetasche geworfen.

      Mit Nickel und dem Professor verließ sie das Haus.

      Kaum, dass sie in dem azurblauen Ford Taunus Madames saßen, brauste sie auch schon davon. Hin zur Villa Punto. Hin zum Geist Evelyn li Nolas.

      Die Fahrbahn war regennass, der Keilriemen des alten Fords heulte laut auf.

      »Madame, dieses Geräusch geht mir durch Mark und Bein. Sie sollten den Wagen einmal zur Reparatur bringen.«

      Sie lachte nervös. »Ist eine Krankheit von meinem Wagen. Kann man nicht reparieren. Er ist feuchtigkeitsempfindlich. Aber das gibt sich gleich wieder, mein Bester.«

      »Hoffentlich.«

      Das Kreischen des Keilriemens ließ nach. Nach einer Weile war nichts mehr zu hören.

      Kurz vor Erreichen der Villa überfiel Gräulich erneut eine Vision. Weniger heftig als die andere, doch keineswegs weniger bedrohlich

      …

      »Nicht so laut, du weißt nie, wer uns hören kann«, pisperte eine Stimme hinter der Tür.

      »Wer soll uns schon belauschen? Es weiß niemand, dass wir hier sind. Alle denken, dass wir längst schlafen«, erwiderte eine jüngere Stimme.

      »Da wäre ich mir nicht so sicher. Hier haben die Wände Ohren und die Türen sind die Verräter. Außerdem wird das Betreten des Verbotenen Zimmers mit dem Tod bestraft.«

      »Aber …«

      »Keine Namen! Untersteh dich!«, fauchte die ältere Stimme.

      »Wieso denn nicht? Du kennst doch meinen Namen …, und ich den deinen.«

      »Doch niemand anders braucht von unserer Zusammenkunft zu wissen. Ist das so schwer zu begreifen?« Der ältere Redner hatte seine Stimme erhoben, dennoch war sie nicht lauter als ein Flüstern.

      »Hör‘ auf jetzt! Ich bin nicht hierher gekommen, um mich andauernd von dir belehren zu lassen. Ich wollte dir von meinem Plan erzählen. Nun, wie