Cemetery Car®. Angelika Nickel

Читать онлайн.
Название Cemetery Car®
Автор произведения Angelika Nickel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847675730



Скачать книгу

mich dann hierher bestellt, wenn du ohnehin tun willst, was du zu tun vorhast?«

      »Weil es mir lieber ist, wenn du davon weißt.«

      »Wieso das? Was kann ich dabei schon tun?«

      »Du kannst mich in meinem Vorhaben bestärken.«

      »Oh nein, ich glaub es nicht … Du willst, dass ich dir Recht gebe? Ausgerechnet du? Seit wann interessiert es dich, was ich denke? Du, du hast doch bisher ganz andere Berater gehabt.«

      »Falsch! Ich habe gar keine Berater gehabt, wenn dann …«

      »Pst …, keine Namen!«, keifte die ältere Stimme erneut.

      »Willst du jetzt endlich erfahren, wie mein Plan ist?«

      »Ja, mach red‘ schon! Ich kann nicht ewig hier in diesem Zimmer bleiben. Irgendwann wird mein Fehlen auffallen.«

      »Wem denn? Wem soll es auffallen?«

      »Den Kapuzen. In den letzten Nächten patrouillieren sie. Mitunter mitten in der Nacht.«

      »Woher weißt du das?«

      »Ich habe sie zufällig belauscht.«

      »Belauscht? Was hast du gehört?« Die Neugierde in der Stimme des Jüngeren war unverkennbar.

      »Nicht jetzt! Sag mir endlich, was du von mir willst!«

      »Verbünden, ich werde mich mit dem Feind verbünden.« Jetzt war es endlich heraus.

      »Wie bitte! Ich höre wohl nicht recht. Wie willst du das anstellen? Hast du eine Ahnung, was sie tun werden, wenn sie dahinter kommen. Und dabei ist es völlig egal, wen von beiden Seiten ich meine. Niemals wirst du da ungeschoren davonkommen.«

      »Das tut jetzt nichts zur Sache. Du vergisst, wer ich bin! Aber eins ist vollkommen sicher: Wenn du deinen Feind nicht besiegen kannst, aber auch noch einen stärkeren Gegner auf der anderen Seite hast, dann verbünde dich mit deinem Feind und bekämpfe, mit ihm zusammen, den Gegner. Und genau das habe ich vor, zu tun.«

      »Pah! Und du glaubst, dass das funktionieren wird? Was, wenn sie dir auf die Schliche kommen?«

      »Wen meinst du? Die Kapuzen oder …«

      »Gleich wer. Die Kapuzen werden dich als Opfer anpreisen, sollten sie dahinter kommen. Und die beiden anderen … Ich will mir gar nicht ausmalen, was sie gegen dich ausrichten werden, dir antun könnten … Sie werden dich vernichten, wenn sie dein wahres Ich erkennen werden. Du weißt doch, sie sind überaus …«

      »Schon gut, ich weiß, wer sie sind. Doch keine Sorge, ich weiß schon, wie ich ihr Vertrauen gewinne. Lass mich nur machen. Still! Ich höre Schritte. Schnell unter den Tisch. Verstecken!«

      Das leise Rascheln von Stoff, das sanfte Reiben von Schuhsohlen auf Teppichboden, war zu hören.

      Kurz danach drang ein leichter Lichtschimmer in den Raum. Eine rote Kapuzengestalt blickte hinein. Der Taschenlampenstrahl durchleuchtete das fensterlose Zimmer.

      »Nichts. Da ist nichts. Wir müssen uns verhört haben«, sagte eine ruhige Stimme, die sich nach einer Frau anhörte.

      »Ich bin mir sicher, aus diesem Zimmer flüsternde Stimmen, gehört zu haben. Gib mir mal die Taschenlampe!«, befahl eine fiese Stimme.

      Erneut durchsuchte der Strahl der Taschenlampe das Verbotene Zimmer. Keine Ecke wurde dabei ausgespart. Doch auch dieses Mal konnte das Licht der Taschenlampe niemanden ausmachen. »Nichts! Und trotzdem bin ich mir sicher, etwas gehört zu haben!«

      »Vielleicht kam es aus dem Keller?« Die Frauenstimme schloss leise die Tür.

      »Dann nichts wie hin! Wer weiß, wer das ist, der hier nachts herumschnüffelt! Los, beweg deinen Arsch! Es darf dieses Mal nichts, aber auch gar nichts schiefgehen! Nicht mehr lange und wir werden das Sagen über Himmel und Hölle haben!«, dröhnte der, mit der unangenehmen Stimme.

      Die zwei roten Kapuzenträger entfernten sich von der Tür, liefen hin zum Keller.

      »Jetzt, aber nichts wie raus hier, bevor sie wieder zurückkommen und uns doch noch entdecken«, flüsterte die ältere Stimme unter dem Tisch.

      »Ist ja schon gut. Ich werde mir jetzt einen Plan ausdenken, wie ich den beiden jungen Leuten am besten nahe komme, ohne mich zu verraten.«

      »Tu das, wenn du es für das Richtige hältst. Doch vergiss nicht, dass die beiden dein Tod sein könnten. Immerhin sind sie Dämonenjäger, auch, wenn sie sich nicht so nennen und sich ihrer Gabe womöglich bisher noch nicht einmal richtig bewusst sind.«

      »Schluss jetzt mit dieser Schwarzmalerei! Ich weiß deine Ratschläge zu schätzen, aber wir leben nun einmal derzeit in einer Ausnahmesituation. Deshalb kann ich auf solche Kleinigkeiten keine Rücksicht nehmen noch, mich dadurch von meinem Vorhaben abbringen lassen. In dieser Zeit trägt jeder sein eigenes Risiko. Da mache auch ich keine Ausnahme.«

      »Ich hab’s ja jetzt begriffen. Und nun mach endlich und geh unter dem Tisch vor, und dann nichts als raus hier.«

      Wie gesichtslose Schatten huschten sie unter dem Tisch hervor, zur Tür hinaus, und liefen in unterschiedlichen Richtungen davon.

      …

      Gräulich atmete tief durch. Langsam kurbelte er das Fenster herunter, ließ sich die klare Nachtluft ins Gesicht wehen.

      »Quentin und Kim sind in Gefahr. Sie sollen in eine Falle gelockt werden«, sagte er matt.

      Madame trat das Gaspedal noch fester durch. Sie konnten bereits die Villa Punto vor sich sehen. Nicht mehr lange und sie hatten sie erreicht, und konnten Evelyn li Nola endlich um Rat fragen.

      11 – Gnade

      »Ich hasse Eindringlinge!« Surrender griff mit seiner Knochenhand nach zwei rauchblauen Edelsteinen und ließ sie in seine leeren Augenhöhlen fallen. Sofort fingen sie zu funkeln an, und begannen zu leben. Ihre Farbe änderte sich in ein Kornblumenblau. Leuchtend. Strahlend. Ausdrucksvoll. Surrender drehte sich Quentin zu. »Ihr …«, sein knochiger Zeigefinger bohrte sich schmerzhaft in seine Brust, »Euch erwähle ich, mich aus diesem elendigen Verlies hier zu befreien. Dafür lasse ich Gnade vor Recht walten. Ich werde Euch das Leben schenken, auch wenn Ihr widerrechtlich in mein Reich eingedrungen seid«, versuchte das Skelett, ihnen aufs Neue zu drohen.

      »Widerrechtlich? Aber wieso denn das? Woher hätten wir denn wissen sollen, dass hier unten ein Skelett lebt?«, fragte Kim irritiert. »Wir sind noch nie zuvor auf dieser Insel gewesen noch, dass wir hätten wissen können, dass du hier dein Domizil aufgeschlagen hast. Gleich, ob freiwillig oder gezwungen«, ereiferte sie sich. Jedem, dem sie in letzter Zeit begegneten, glaubte das Recht zu haben, ihnen zu drohen. Das musste doch irgendwann einmal auch wieder ein Ende haben. Drohungen, unmöglich durfte das ihre weitere Zukunft sein! Wer waren sie denn, um sich das gefallen lassen zu müssen.

      Kim schäumte innerlich, auch wenn es lange brauchte, sie dahingehend zu bekommen. Dennoch war sie derzeit am Limit ihrer Geduld angelangt. Zumal sie Drohungen ohnehin nicht abkonnte.

      Das hohle Lachen Surrenders ließ sie zusammenfahren. »Ein Skelett lebt … Das ist der beste Schalk, den ich jemals gehört habe.« Kims Zorn interessierte Surrender nicht im Mindesten. Er wandte sich ihr zu. Seine Diamantaugen sahen sie eine Weile an, ohne, dass er auch nur ein Wort sagte. Dabei kam er staksig auf sie zugelaufen. Surrender beäugte die Frau von allen Seiten. »Wer weiß, Ihr beide seid womöglich gar nicht so übel.« Seine Finger strichen durch Kims rote Locken. Ein Schauder jagte über ihren Rücken. Ängstlich zitterte ihr Blick an dem Knochenmann entlang.

      Surrender neigte den Schädel, mit einem leeren Lächeln schaute er sie an. »Ihr seid wunderschön. Irgendwie …« Er betrachtete sie stumm. Mit einem seiner Knochenfinger hob er ihren Kopf an. Beinahe zärtlich nahm er ihre Hand und drehte sie um sich selbst, geradeso, als wollte er mit ihr tanzen. »Ich weiß nicht recht … Mir scheint«, sein Blick lag nachdenklich auf ihr, »als