Cemetery Car®. Angelika Nickel

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Название Cemetery Car®
Автор произведения Angelika Nickel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847675730



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blickte Kim zu Cemetery Car hin. »Wir können doch unmöglich unseren Leichenwagen in dieser Einöde zurücklassen, Schatz!«

      »Nicht ohne den Wagen! Wir gehen ohne mein Auto nirgendwo mit hin.« Quentin eilte zum Auto zurück. Auch er war Kims Ansicht. Ohne Cemetery Car würden sie die Fähre nicht betreten.

      »Ist ‘n eigenartiges Teil. Eigentlich gibt es auf der Insel nichts anderes als die Menschen, die dort zu sein haben. Wozu auch? Was sagtet Ihr, ist das für ein Vehikel? Eine Art Gefährt? Mir soll es recht sein. Brauchen tut Ihr es allerdings nicht, dort, wohin Ihr geht. Aber, wenn Ihr dennoch wollt«, ein dunkles gedrosseltes Lachen entwich ihm, und erneut hatten die beiden das Gefühl, dass ihr Unterfangen nicht unter dem besten Stern stand. »Shadowisland ist eine Insel, da läuft man das bisschen Weg zu Fuß. Aber, wenn Ihr dieses eigenartige Gefährt unbedingt mitnehmen wollt«, er grinste schief, »tut Euch keinen Zwang an.« Erneut breitete sich auf seinem Gesicht, das wieder im Schatten seiner Kapuze versteckt lag, ein breites, hinterhältiges Grinsen aus. »Eine Todeskutsche, sagtet Ihr, ist das.« Er schmunzelte. »Ein Totengefährt, das passt.«

      »Was meinen Sie damit? Wieso passt ein Leichenwagen? Was soll das nun schon wieder heißen?« Kims Stimme hatte einen leicht schrillen Klang angenommen. »Was versuchen Sie, damit anzudeuten?«

      »Na ja, für Euren Urlaub«, lachte der Fährmann und ging voraus zur Fähre.

      Quentin und Kim stiegen in Cemetery Car ein. Langsam fuhren sie auf die Fähre zu.

      »Quentin, ich habe gar kein gutes Gefühl. Ich glaube, wir sollten nicht auf diese Insel fahren. Stell dir einmal vor, wenn irgendetwas passiert. Wir könnten noch nicht einmal die Insel wieder verlassen.«

      »Dafür gibt’s den Fährmann, Schatz. Er wird dafür bezahlt, dass er Leute vom Festland zur Insel schippert. Glaub mir, es gibt mit Sicherheit keinen Grund zur Furcht.«

      »Darling, sieh ihn dir doch einmal genau an. Erinnert er dich nicht an jemanden?«

      »Erinnern? An wen, Kleines?«

      »An den Fährmann des Todes.«

      »Jetzt übertreib nicht schon wieder, Kim.« Er lächelte belustigt. »Deine Phantasie geht mit dir durch. Der ist nichts weiter, als ein unangenehmer Zeitgenosse. Vielleicht auch ein bisschen eigenartig, da gebe ich dir sogar Recht. Nur sicherlich ist er kein Fährmann des Todes.«

      »Schatz, hast du alles vergessen, was wir vor Kurzem erlebt haben? All die Monster, all das Böse, und all die Heimtücke?« Verzweiflung legte sich in ihren Blick. »Niemand kann vorher sagen, wer uns nach dem Leben trachtet, oder, wer uns aus dem Weg schaffen will.«

      »Beruhige dich, uns wird schon nichts passieren. Hier gibt es nichts und niemanden, der einen Grund hätte, uns etwas antun zu wollen«, beruhigte er seine Verlobte, allerdings, ohne selbst von seinen eigenen Worten überzeugt zu sein. Auch ihm jagte der Fremde Furcht ein.

      Beide hatten unterdessen ihre Zweifel an der Richtigkeit dieser Reise. Aber dennoch, sie brauchten unbedingt ein paar Tage Ruhe. Zeit zum Ausspannen. Zudem hatten sie gebucht, und wie der Fährmann ihnen mitgeteilt hatte, war es eine Reise ohne Rücktrittsrecht. Von daher hatten sie gar keine andere Wahl, als die Reise anzutreten.

      Die Fähre legte ab. Der Fährmann stand am Steuer. Sie konnten nur noch seinen Rücken sehen. Sein weiter schwarzer Mantel wehte im Fahrtwind, während die Fähre geräuschvoll davon schipperte.

      Im Nu waren sie von nichts weiter als von Wasser umgeben. Das einzige Leben, das ihren Weg kreuzte, waren die Möwen, die den Horizont entlang flogen.

      Es dauerte lange, bis sie die Insel endlich sehen konnten, und noch länger, bis sie dort endlich anlegten.

      Während all dieser Zeit sprach der Fährmann kein Wort, drehte sich nicht um, sondern steuerte die Fähre zielgerecht zur Insel hin.

      Und wie er so am Steuer stand, sein schwarzer Mantel weit ausschweifend im Wind wehte, erinnerte er an den Tod.

      An den Fährmann des Todes, dessen Aufgabe es war, die zum Tode Verdammten, vom Hafen des Lebens in die Leiden der Ewigen Verdammnis hinüber zu schippern.

      Fährmann des Todes …

      Wie nahe Kim dabei der Wahrheit gekommen war, das ahnte sie natürlich nicht …

      4 – David

      »Jipiiieh!« David war überglücklich. Endlich hatte sich sein Traum erfüllt. Seine Eltern hatten, nach anfänglichem Zögern, seinen Bitten nachgegeben.

      Stolz raste er mit seinem neuen, zitronengelben Mountainbike die Straße hinunter.

      Aus der Ferne konnte er seine Mutter ihm nachrufen hören: »David, sei vorsichtig! Pass auf die Autos auf!«

      Doch David war, wie alle Jungen seines Alters, unbedacht jeglicher Gefahr. Außerdem war er, seiner eigenen Meinung nach, längst kein kleiner Junge mehr. Mama war einfach zu übertrieben besorgt.

      Immerhin wurde er in ein paar Tagen, am 7. Juli, sieben Jahre alt. Und das war schon ein Alter. Da war man kein Weichei mehr, noch ein Wickelkind, das an der Brust der Mutter nuckeln wollte. Nein, David war, aus seinem Denken heraus, dabei, ein Mann zu werden.

      Davids blonde Haare flogen wild hin und her. Immer rasanter, immer temporeicher raste das Fahrrad die überschaubare Landstraße dahin. Der Junge trat in die Pedalen, radelte, dass es ihm den Schweiß auf die Stirn trieb. Er war glücklich!

      David fühlte sich frei, ungebunden. Fast wie ein Cowboy, der auf seinem wilden Mustang durch die Prärie ritt.

      Die wenigen Autos, die ihm unterwegs begegneten, waren keine Gefahr für ihn. David war mit seiner giftgrünen Signalweste und dem knallgelben Mountainbike nicht zu übersehen.

      Als er einen See erspähte, radelte er auf diesen zu. Mit einem Satz schwang er sich vom Rad, ließ es ins Gras fallen. Dann schnappte er sich den Rucksack, den seine Mutter für ihn gepackt hatte, griff nach seiner Decke und lief hin zu dem Steg, der zum See führte. Hunger, er hatte Hunger. Er setzte sich auf seine Decke, zog seine Limonadenflasche aus dem Rucksack, packte seine Brote aus und verschlang alles genüsslich. Danach zog er seine Hosen und sein T-Shirt aus und hüpfte, nur noch mit seiner blauen Badehose bekleidet, ins kalte Wasser.

      Glücklich und frei schwamm David einige Runden, bevor er wieder an Land kletterte.

      Nachdem ihn die Müdigkeit überkam, legte er sich auf seine Decke, schloss die Augen, und schlief ein.

      Er schlief tief und fest, und so bemerkte er nicht, wie viele Stunden vergingen, und wie dunkel es doch bereits schon wurde …

      5 – Shadowisland

      Da lag es vor ihnen, das Hotel, von dem sie sich so viel erwartet hatten. Von dem sie gehofft hatten, in diesem etwas abschalten zu können. Entfernt zu sein von Silentsend, von den Geistern, die immer wieder zu Besuch kamen …

      Dunkel, pachtvoll, und ebenso bedrohlich wirkend stand es da. Nahm alles um sich herum ein.

      In schmiedeeisern geschwungenen Buchstaben prangte der Name des Hotels erhaben in den Himmel

       Zum Sensenmann

      »Wenn der Name des Hotels ein Omen sein soll, dann wäre es besser, wir würden auf der Stelle von hier verschwinden.« Kim ergriff Quentins Hand. Furcht hatte sie überkommen. Furcht, was nun womöglich wieder alles auf sie zukommen sollte.

      »Kim, Kleines, hab doch nicht immer gleich solch eine Angst. Das ist doch nur ein Name. Mehr aber auch nicht.«

      »Nomen est omen, Nomen ist Omen«, stöhnte Kim. Leise sagte sie: »Kein sehr schöner Name, wenn du mich fragst.« Sie sah die Fassade hoch, ließ ihren Blick zu jedem der Fenster schweifen, bis hin zum letzten Dachziegel. »Ein fürchterlicher Name, ist jedenfalls meine Meinung. Aber er