Название | Cemetery Car® |
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Автор произведения | Angelika Nickel |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783847675730 |
12 - Die Suche nach dem Weg ins Ungewisse
Gräulich und Madame rannten auf das Haus zu. Nickel laut bellend voraus.
»Evelyn, mach auf! Schnell, die Kinder sind in Gefahr!«, rief Madame Zink immer wieder.
»Nicht so laut, Madame! Haben Sie völlig vergessen, dass Evelyn li Nola längst verstorben ist! Wenn uns jemand hört, was wird man von uns denken?«
»Gräulich, wer soll uns hören? Außer der Villa Punto gibt es hier weit und breit nichts auf Silentsend. Zudem ist es mir ganz gleich, was andere von mir denken!« Ihre Augen funkelten. »Und wie mir scheint, scheinen Sie vergessen zu haben, dass dieses Land hier, Evelyn, nein, ich muss mich korrigieren, Quentin gehört.« Sie verrollte die Augen. »Von daher darf hier niemand sein, der uns hört!«
»Das schließt aber nicht unwillkürlich mit ein, dass hier deswegen auch Geister leben müssen.« Nach einer kleinen Pause fügte er erklärend hinzu: »Zumindest nicht für die Leute hier aus der Gegend …«
»Professor, ich mag Sie sehr …, doch es ist spät, ich bin müde, mir fehlt ein Großteil meiner Nachtruhe, also bitte, müssen wir ausgerechnet in solch einem Augenblick diskutieren? Außerdem habe ich Ihnen doch bereits gesagt, dass sich auf Silentsend niemand Fremdes herumzutreiben hat.«
Gräulich gab nach. Er wusste, dass Madame ungenießbar sein konnte, wenn ihr Schlaf fehlte. Folglich zuckte er nur mit den Schultern und schlug stattdessen vor: »Lassen Sie uns klingeln. Mir scheint, als hätte uns Evelyn nicht gehört.« Gräulich hob die Hand zum Klingeln, in dem Moment öffnete sich die Tür. Ein Schwall von Lavendelduft strömte ihnen entgegen.
»Zink, was soll denn das? Warum nur dermaßen laut? Macht und kommt rein, wir wollen doch die Geister nicht stören, die dort draußen herumhuschen.« Evelyn li Nola stand da und sah die beiden verwundert an.
Eilig drängten sich Madame Zink und Professor Gräulich in die breite Diele.
»Was bin ich froh, dass du da bist!«, sprangen die Worte über Madames Lippen.
Mit gespitztem Mund argwöhnte Evelyn Zink. »Wo sollte ich auch sonst sein. Immerhin wohne ich hier.«
»Sicher doch, wenn Sie dies so zu nennen pflegen.«
»Professor, seit wann Ihre Worte, mit Unterton durchzogen?« Die Li Nola betrachtete Gräulich aufs Genaueste. »Raus mit der Sprache! Was ist los, dass ihr hier mitten in der Nacht auftaucht? Und kein langes Drumherum-Reden!«
»Die Kinder, Evelyn … Gräulich hatte eine Vision, sie sind in Gefahr.«
Evelyn li Nolas Haltung strafte sich. Sie ging auf Gräulich zu. »Was haben Sie gesehen, Professor?«, fragte sie, dicht vor seinem Gesicht. Hat mich mein Gefühl also doch nicht getrogen!
»Ich habe Stimmen gehört, eine Insel gesehen, und …« Gräulich erzählte bis ins kleinste Detail seine bisherigen Visionen.
»Hab ich’s nicht gesagt! Das Ganze war mir gleich suspekt, aber die beiden haben ja nicht auf mich hören wollen. So ein verdammter Mist aber auch«, regte sich Evelyn auf. Unruhig lief sie im Zimmer hin und her. Abrupt blieb sie stehen. »Es muss verhindert werden, dass sich ähnliche Dinge, wie in jüngster Vergangenheit, wiederholen. Wir müssen etwas tun. Unbedingt. Sofort!«
»Deswegen sind wir hier, Evelyn.« Zink lief ebenfalls aufgewühlt durchs Zimmer. Ihr immer hinterher, ihr brauner Cockerspaniel Nickel.
»Wir müssten genau wissen, wo die beiden sind. Denn das ist leider in meinen Visionen nicht klar erkennbar gewesen.«
»Wo sie sind? Ja, wo sind sie denn? Ich hab’s gewusst. Quentin hat mir doch gesagt, wie das heißt, dort, wo sie hingefahren sind.« Sie schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. »Herrgott, dieses Altwerden macht mich noch total verrückt!«, grollte Evelyn. »Andauernd vergisst man irgendetwas. Verflucht noch mal!«
Professor Gräulich räusperte sich. »Ich möchte auf gar keinen Fall unhöflich erscheinen, Evelyn li Nola, doch kann es sein, dass Sie vergessen haben, dass Sie bereits tot sind? Dass Sie eigentlich gar nichts mehr vergessen können?«
»Wie? Oh, ja, tatsächlich. Wo bin ich nur mit meinen Gedanken?« Evelyn war total durcheinander. »Ich muss zu den Kindern. Und ihr beide kommt mit.« Mit einem Blick auf Nickel sagte sie: »Dein Vierbeiner kann auch mitkommen, wer weiß, wozu wir ihn einmal gebrauchen können, gerade jetzt, da Salbei und Rhapsodie nicht mehr da sind.«
»Ähem, rechnen Sie tatsächlich damit, dass wir es wieder mit Dämonen zu tun bekommen?«, wollte Gräulich, in seiner zurückhaltenden, fast schüchternen Art, wissen.
»Ich weiß es nicht. Man kann nie wissen. Ich weiß nur, dass ich von Anfang an ein ungutes Gefühl hatte und gegen diese Reise war.«
»Hast du ein Reiseprospekt oder so etwas? Damit wir wissen, wo wir nach den beiden suchen sollen. Wie wir ihnen nachreisen können.«
»Ein Reiseprospekt? Wo ist das nur, wo ist das nur? Ja, ich kann mich erinnern, eins gesehen zu haben.« Evelyn rauschte von einem Raum in den anderen, doch sie konnte nichts, aber auch gar nichts, finden, was auf den derzeitigen Aufenthaltsort von Quentin und Kim hingewiesen hätte.
»Schluss jetzt! Sucht ihr hier weiter. Ich halte diese Ungewissheit nicht mehr aus. Ich gehe sofort zu ihnen.«
»Aber, Evelyn, wie willst du sie denn finden, wenn wir noch nicht einmal wissen, wo sie sind? Du kannst doch nicht durch alle Städte und Hotels geistern, in der Hoffnung darauf, fündig zu werden.« Madame Zink lief aufgeregt neben Evelyn her. Allerdings war es gar nicht so leicht, deren Schritt Stand zu halten.
»Ihr beide, ihr könnt hier weitersuchen. Ich verlasse mich auf meinen Riecher. Immerhin bin ich ein Geist. Und nur, damit es dich beruhigt, Zink, ich habe beileibe nicht vor, alle Städte und Hotels aufzusuchen. Lass mich nur machen.«
»Evelyn …«
»Zink, Schluss jetzt! Ich habe nicht umsonst darauf hingearbeitet, dass Quentin sich diesen Leichenwagen kauft. Er ist die Weiche zum Jenseits, schon vergessen? Und ich werde genau diese Weiche nutzen, um dort zu erscheinen, wo die Kinder sich aufhalten.«
»Und wenn sie Cemetery Car nicht mehr dabei haben?« Gräulich wollte sich das gar nicht vorstellen.
»Gar nicht auszudenken, wenn dem so wäre.« Sie fuhr sich wild mit ihren Händen durchs Haar. »Fertig, ich muss los!«
»Evelyn, willst du nicht besser mit uns fahren?«, fragte Madame Zink, doch der Geist war bereits verschwunden.
»Sie ist sehr dickköpfig, nicht wahr?«
»Gräulich, ich kann Ihnen versichern, dass sie als Geist kein bisschen anders ist, als sie zu Lebzeiten bereits war. Dickköpfig, von nichts abzubringen, hatte sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt. Das, mein Lieber, das ist Evelyn li Nola, wie sie einst leibte und lebte. Und wie mir scheint, auch wie sie geistert.«
»Gut, dann müssen wir alleine nach einem Hinweis suchen.« Er schaute sich suchend um. »Wo fangen wir mit der Suche an?«
»Sehen wir doch in einer der Schubladen nach. Oder in einem Ordner. Soweit ich mich erinnere, heftet Kim alles ab, oder legt es zumindest in eine Schublade. Ich glaube, dass sie so etwas einmal erwähnt hat.«
Sie durchblätterten einige Ordner, durchwühlten mehrere Schubladen, doch sie konnten nichts finden, das auch nur im Geringsten auf den Aufenthaltsort hingewiesen hätte.
Die ganze nächtliche Suche hatte nichts gebracht. Sie konnten nur hoffen, dass Evelyn mehr Glück haben würde.
Gräulich zog gedankenverloren seine Pfeife aus der Tasche, zündete sie mit einem Streichholz an. Der würzige Geruch seiner Pfeife mischte sich mit dem intensiven Geruch des Lavendeldufts, der in der Villa Punto hing.
Madame drang die eigentümliche