Название | Neues Leben für Stephanie |
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Автор произведения | Lisa Holtzheimer |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783847666820 |
Sein nächster Weg führte zur Christine in die Küche. „Christine, kann ich das Zimmer noch eine Woche behalten?“ „Natürlich! Hast du tatsächlich noch Urlaub bekommen?“ Michael nickte. „Problemlos sogar.“ „Schön! Da wird besonders der Florian sich freuen.“ „Ja, dann können wir doch noch die versprochene Skitour zusammen machen.“ „Erzähl ihm das lieber nicht, bevor es klar ist“, riet Christine ihm, „sonst lässt er dich Tag und Nacht nicht mehr in Ruhe.“ „Ich denke mal drüber nach, wann wir das machen könnten. Am besten wahrscheinlich am nächsten Wochenende, sozusagen als Abschluss.“ „Ja, an den anderen Tagen hat Florian ja Schule. Er würde sie zwar ohne Gewissensbisse schwänzen, aber da spiele ich nicht mit.“ „Na, ich auch nicht!“ beruhigte Michael sie. „Aber jetzt werde ich mal das schöne Wetter ausnutzen, auch wenn’s zum Ski fahren schon zu spät ist. Aber mit der Seilbahn auf den Obersalzberg und dann zum Jenner rüberwandern, das muss jetzt schön sein.“ „Bestimmt“, stimmte ihm Christine zu. Sie war hier aufgewachsen und kannte alle Wege wie ihre Westentasche. „Einen schönen Tag. Komm heute Abend doch auf ein Bier bei uns vorbei.“ „Gerne, das mache ich!“ Michael packte seinen Rucksack, schnürte die Wanderschuhe und marschierte zügig los. Es war schon später Vormittag, eigentlich schon fast zu spät für eine solche Wanderung. Kurz nach 18 Uhr würde es stockdunkel sein. Aber wenn er sich nicht lange aufhielt, konnte er es schaffen. Er machte diese Wanderung nicht zum ersten Mal.
Als er das Grundstück der Moosers verließ, lief ihm Florian direkt in die Arme. „Wohin willst du denn? Du wolltest doch heute nach Hause fahren.“ „Ich habe meinen Urlaub verlängert und habe noch eine ganze Woche zum Ski fahren.“ „Klasse, dann gehen wir doch noch zusammen auf Tour, ja!?“ „Ja, Florian, machen wir. Aber jetzt hab’ ich’s ein bisschen eilig, sonst komme ich in die Dunkelheit.“ „Okay!“ Florian war auch ein Kind der Berge, er kannte die Gefahren und ließ Michael gehen. „Wann?“ rief er plötzlich aus voller Kehle, als Michael schon einige Meter entfernt war?“ Michael wollte nicht so zurück brüllen, er hob 7 Finger. Florian hatte verstanden. Am Samstag, heute in einer Woche. Fröhlich pfeifend lief er ins Haus.
* * *
Stephanie hätte den Postboten küssen können. Gerade hatte er ihr eine Postkarte im Telegrammstil in die Hand gedrückt. Aber was darauf stand, reichte aus, um die junge Frau in Hochstimmung zu versetzen. „Chef bestochen – 10 Tage Urlaub – Ankunft in zwei Wochen“. Keine Unterschrift, aber die Schrift und die Ausdrucksweise sprachen für sich. Sie drehte die Musik in ihrer Wohnung auf Diskolautstärke. Irgendwo musste sie jetzt hin mit ihrer Freude. Jana würde kommen – endlich! Nach der langen Zeit vermisste sie die Freundin unendlich. Und auf einmal – völlig ungeplant – wollte sie kommen. Was würde sie ihr alles zeigen wollen – ihre neue Umgebung! Jana sollte haarklein wissen, wie Stephanie jetzt lebte. Und was würden sie sich alles zu erzählen haben. Endlich ohne heiße Ohren am Telefon und nach dem Auflegen immer mit dem Gefühl, das Wichtigste gerade vergessen zu haben. Sie musste sofort in Hamburg anrufen. Jana sollte fliegen. In Salzburg war ein Flughafen, keine 30 km entfernt. Die fast 1000 km mit der Bahn lohnten für die kurze Zeit gar nicht. Und mit dem Auto ins verschneite Hochgebirge – das sollte Jana lieber lassen. Sie wählte die Hamburger Nummer, bekam jedoch nur ein endloses Tuten zur Antwort. Jana war nicht zu Hause. Ausgerechnet jetzt, wo Stephanie fast platzte. Und ihr technischer Mitarbeiter versagte wieder einmal seinen Dienst. Die Freundin sollte sich endlich einen neuen Anrufbeantworter anschaffen!
Urlaub! Sie würde noch keinen bekommen, dazu war sie noch zu kurz beschäftigt. Aber vielleicht konnte man ein wenig am Dienstplan drehen, damit sie in der Zeit möglichst viele freie Tage und möglichst wenige Spätdienste bekam. Den Nachmittag nach dem Frühdienst könnte man auch gut nutzen, um etwas zu unternehmen. Am liebsten wäre sie sofort auf Station gelaufen, um zu sehen, was man tun konnte. Aber die Stationsschwester hatte sowieso frei. Frühestens übermorgen war hier etwas zu machen. Wie sollte sie diese Ungewissheit nur aushalten?
* * *
Noch vor sechs Uhr war Stephanie auf Station. Die Nachtwache sah sie erstaunt an. Keine Tagschwester kam freiwillig auch nur eine Minute vor Dienstbeginn, und bis dahin waren noch fast 10 Minuten Zeit. „Grüß dich, Stephanie. Was ist denn mit dir los? So früh?“ „Ich muss dringend mal in den Dienstplan schauen und dann mit Margot darüber reden. Ich krieg’ nämlich Besuch aus Hamburg!“ Sie konnte ihre Vorfreude nicht für sich behalten. Nachdem sie Jana überzeugt hatte, nach Salzburg zu fliegen, wartete sie sehnsüchtig auf deren Rückmeldung mit ihrer Ankunftszeit. Der Tag stand fest – 11 Tage musste sie sich noch gedulden – eine Ewigkeit! Nun wollte sie endlich möglichst viel freie Zeit für sich selbst herausschinden – die 10 kurzen Tage waren zu kostbar, um sie mit Arbeit zu verbringen. Wenn sie bis dahin durcharbeiten würde und danach gleich wieder 14 Arbeitstage anhängte, dann könnte sie es auf 6 Tage bringen. Wenn nur Margot mitspielen würde. In Bezug auf den Dienstplan nahm die es sehr genau, und der war ja auch gar nicht so einfach zu koordinieren. Trotzdem – es musste einfach klappen!
So nach und nach trafen die Kolleginnen ein, mit denen Stephanie ihren Dienst teilen würde. Bei einer Tasse starken Kaffees wurde die übliche Dienstbesprechung abgehalten, danach ging die Nachtwache nach Hause und der Frühdienst begann mit der Arbeit. Stephanie blieb im Dienstzimmer stehen. „Margot, ich würde gerne etwas mit Ihnen besprechen.“
Eine Viertelstunde später begann Stephanie strahlend, das Frühstück für die Patienten vorzubereiten. Margot hatte ohne viel Aufhebens ein paar Dienste getauscht, und tatsächlich bekam Stephanie einmal 4 Tage und einmal 2 Tage frei – dazwischen musste sie 3 Tage arbeiten, doch das war nicht weiter tragisch. Frühdienst – da blieb der halbe Tag, um mit Jana etwas zu unternehmen. Sie hatte sich beherrschen müssen, Margot nicht um den Hals zu fallen – das wäre doch etwas befremdend gewesen. Doch offensichtlich hatte Margot verstanden, dass mit Stephanie in den bewussten Tagen sowieso nicht sehr viel anzufangen gewesen wäre, wenn sie normal hätte arbeiten müssen. Ihre freudige Aufregung sprach Bände.
* * *
Birgit Mooser stellte ihre Skier in den Abstellraum und ließ sich in der Küche auf die Eckbank fallen. Christine sah ihre Tochter an. „Was ist los, Biggi? Schon zurück?“ Wenn Birgit zum Ski fahren ging, kam sie nie vor Eintritt der Dunkelheit zurück. „Das Wetter dreht. Es dauert nicht mehr lange, bis da gewaltig ‘was runterkommt.“ Christine sah auf die Uhr. Kurz nach 15 Uhr. Michael konnte noch nicht wieder unten sein, wenn er die Tour gemacht hatte, die er geplant hatte. Hoffentlich konnte er die Zeichen der Natur auch einschätzen und fand eine Möglichkeit, den Berg so schnell wie möglich zu verlassen. Wenn er inzwischen bei der Mittelstation des Jenner angekommen war, würde er es vielleicht noch schaffen, eine Seilbahn zu bekommen, bevor deren Betrieb eingestellt wurde. „Weißt du, wie es an der Mittelstation aussieht? Verkehrt die Seilbahn noch?“ fragte Christine ihre Tochter. „Michael ist unterwegs vom Obersalzberg zum Jenner, und er ist ziemlich spät los gekommen.“ „Ich schätze, eine halbe Stunde fährt sie noch“, überlegte Birgit. „Michael ist so oft im Winter hier, dass er eigentlich wissen müsste, was sich da zusammenbraut. Aber wir sollten trotzdem die Uhr im Auge behalten.“ Christine nickte nachdenklich. Schon einmal war ein Pensionsgast bei einem plötzlichen Wetterumbruch schwer verunglückt. Solche Ereignisse blieben in den Bergen nicht aus, trotzdem nahmen sie einen immer wieder mit. Und Michael gehörte schon fast zur Familie.
Christine machte sich ernsthafte Sorgen. „Tine, er wird ankommen!“ Birgit benutzte in solchen Momenten gerne die Anrede, mit der sonst nur ihr Vater seine Frau ansprach. Es hatte etwas Beruhigendes. „Ja, er wird es schaffen. Er hat genug Erfahrung und ist vorsichtig und vernünftig genug.“ Christine sagte es mehr zu sich selbst als zu Birgit. „Wo steckt eigentlich Flori?“ wechselte sie dann das Thema. Ihren Sohn hatte sie schon seit Stunden nicht mehr gesehen – nach dem Mittagessen war er mit einem flüchtigen „Servus“ verschwunden. In letzter Zeit hatte er sich abgewöhnt zu sagen, wohin er ging. Meistens war er mit seinem Mountainbike über alle Berge, bevor man ihn noch fragen konnte, wohin er ging und wann er sich wieder sehen