Название | Afrikanische Märchen auf 668 Seiten |
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Автор произведения | T. von Held |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742763129 |
kommen, vor ihnen in Verlegenheit und schlachtest
einen Hund?«
Der Hirte entgegnete: »O nein, mein Herr, bei deinem
Haupte, ich habe nichts anderes als ein Lamm
geschlachtet! Aber des Lammes Mutter starb, als es
noch klein war; da hat es eine Hündin weiter gesäugt!
« Dann begab sich der Kadi ins Haus und fragte:
»Wer von den Frauen hat das Abendbrot für die
Gäste zubereitet?« Eine trat vor und entgegnete: »Ich,
mein Herr!« »Du bist unwohl?« Sie entgegnete: »Ja!«
Hierauf begab er sich zu seiner Mutter, ergriff sie,
warf sie zu Boden und zückte den Dolch über ihr, um
sie zu töten, mit den Worten: »Sage mir die Wahrheit,
wer mein Vater ist! Sonst töte ich dich!« Sie bekam
Angst und entgegnete ihm: »Mein Sohn, dein Vater
war schwach. Da hatten wir einen Fleischer, der
brachte uns das Fleisch; es wurde nun eben von Gott
bestimmt: ich gewährte dem Fleischer meine Gunst,
dann wurde ich guter Hoffnung und brachte dich zur
Welt!« Da ließ der Kadi seine Mutter los.
Am nächsten Morgen begab er sich zur Gerichtssitzung.
Er sprach zu dem von den Brüdern, welcher gesagt
hatte, das Fleisch sei Hundefleisch: »Woran erkanntest
du, daß das Fleisch Hundefleisch war?« Der
Gefragte erwiderte: »Das Hammelfleisch hat keine
Fasern, aber Hundefleisch hat Fasern.« Hierauf wandte
sich der Kadi an den zweiten der Brüder und fragte
denselben: »Woran erkanntest du, daß diejenige, die
das Abendbrot gekocht hat, krank war?« Der zweite
Bruder entgegnete: »Weil das Essen ungesalzen war.«
Dem dritten aber sagte der Kadi nichts, sondern erhob
sich nun und sprach: »Muhammed soll erben, Muhammed
soll erben und Muhammed (indem er auf den
dritten zeigte, der gesagt hatte, der Kadi sei ein unehelicher
Sohn) soll nicht erben!« Jener fragte:
»Warum denn nicht?« Da entgegnete der Kadi:
»Einen unehelichen Sohn findet nur seinesgleichen
heraus.«
Fußnoten
1 Gesammelt und übersetzt von Dr. H. Stumme.
Die schlechte Frau und die gute Frau
Sineddur (von der wir vorher gehört haben) wandte
sich an den Sultan, ihren Schwiegervater und sprach
zu ihm: »O König, die Leute sagen, die Frauen seien
alle schlecht, und doch sind die Frauen nicht alle
überein: da giebt es auch eine gute und eine böse
Art!« (Hierauf erzählte Sineddur folgende zwei Geschichten.)
Von unserem Herrn Salomo (so begann
Sineddur die erste Geschichte) verlangte einst unsere
Herrin Bilkis, er solle ihr einen Pavillon aus Vogeleiern
bauen lassen. Salomo beschied die Vögel zu sich;
dieselben erschienen. Nur die Eule und der Sperling
wollten nicht kommen. Salomo sandte nach ihnen und
ließ sie mit Gewalt herbeibringen. Er fragte beide:
»Warum kommt ihr nicht?« Die Eule blickte Salomo
an und sprach zu ihm: »Ich habe Widerwillen mit
Weibern zusammenzutreffen! Wegen der Verkehrtheit
der Frauen habe ich mich einsam auf den Gipfeln der
Berge eingenistet und schreie.« Salomo fragte: »Was
ist der Grund dieses Widerwillens?« Die Eule begann
nun folgendermaßen zu erzählen:
Es war ein Haus, und ich nistete auf demselben
schon gegen vierzig Jahre, wie vordem mein Vater
und Ahn. Und in diesem Hause, auf dem ich wohnte,
lebten zwei verheiratete Brüder; der eine von ihnen
besaß ein Mädchen, der andere einen Knaben. Als
dieselben der Kindheit entwachsen waren, da verheirateten
die Eltern beide mit einander. Dann starben
ihre Eltern, und jene blieben in treuer Liebe allein
übrig. Einst blickte der junge Mann seine Frau an und
sprach zu ihr: »Wir wollen uns gegenseitig ein Versprechen
geben: wenn ich sterbe, dann sollst du keinen
Mann wieder heiraten, und wenn du zuerst sterben
solltest, so soll ich keine Frau wieder heiraten!«
Die Frau entgegnete: »Gott befohlen!« Beide gaben
sich demgemäß dies Versprechen. Sie lebten noch
längere Zeit, dann starb der Mann, und die Frau blieb
allein übrig. Man nahm und begrub jenen. Sie weinte
und klagte und trauerte über seinen Tod; sie errichtete
über seinem Grabe ein Zelt und äußerte: »Ich werde
hier weilen, bis mich der Tod mit ihm vereint!« In
jener Stadt aber befand sich ein Räuber, der stahl die
ganze Stadt aus, ja sogar aus dem Palast des Sultans
entblödete er sich nicht zu stehlen. Der Sultan verzweifelte
schier, ihn einfangen zu können; er wandte
sich an seinen Wesir und sprach zu ihm: »Wesir, ich
habe dich nur deshalb in deine Stelle eingesetzt, damit
du mich in allen Dingen zufrieden stellst. Wenn du,«
fuhr er fort, »mir diesen Räuber nicht morgen herbringst,
lebendig oder tot, so lasse ich dich hinrichten!
« Der Wesir verließ den Gerichtssaal voll trauriger
Gedanken und sprach zu sich: »Die Wächter und
die Truppen haben sich diesem Diebe gegenüber
machtlos gezeigt, wie kann ich ihn da einbringen?«
So wanderte er denn in Gedanken vertieft umher, ritt
schließlich auf seinem Pferde aus dem Stadtthore hinaus
und auf einen Friedhof los; daselbst erblickte er
ein Zelt, das dort errichtet war. Er stieg vom Pferde ab
und begab sich hin, um in das Zelt zu gucken. Als er
nun hineinguckte, erblickte er eine Frau. Er prallte zurück.
Sie aber sah ihn an und rief ihm zu: »Komm
doch her! Was hast du?« Er entgegnete: »Ich erblickte
ein weibliches Wesen und zog mich zurück.« Sie versetzte:
»Ach, das thut weiter nichts; nimm nur hier
Platz!« Er nahm neben ihr Platz.