Название | Afrikanische Märchen auf 668 Seiten |
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Автор произведения | T. von Held |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742763129 |
meine Brüder wollen ihn mir nicht zum Manne
geben.« Die Alte sprach: »Sage zu ihnen, ihr habt
mir ein schönes Schloß gebaut, aber es fehlt etwas.«
Sie werden dir sagen: »Was?« Dann antwortete
ihnen: »Die singende Nachtigall.« »Sie werden sich
aufmachen, sie zu holen, und die Nachtigall wird
Sand auf sie werfen und sie in die siebente Erde versenken.
« Als die Brüder kamen, sprach sie zu ihnen:
»Bringt mir die singende Nachtigall zu meiner Ergötzung!
« Der ältere Bruder war's zufrieden und sprach
zu dem jüngern: »Nimm hier meinen Rosenkranz!
Wenn er vertrocknet, so wisse, daß die singende
Nachtigall mich getötet hat.« Darauf reiste er ab und
zog durch die Wüste. Unterwegs begegnete er einem,
der fragte ihn: »Wohin des Wegs, junger Mann?« Er
antwortete: »Ich suche die singende Nachtigall.« Darauf
erwiderte ihm jener: »Wie viele Leute wie du sind
schon von der singenden Nachtigall getötet! Kommst
du aber an ihren Turm, so verbirg dich in einer Ecke
und laß dich nicht sehen, bis sie herauskommt und in
ihren Käfig geht, um zu schlafen. Dann schließ den
Käfig hinter ihr zu und nimm sie mit dir.« So ging er
hin und verbarg sich in einem Winkel, bis sie herauskam;
er wartete aber nicht, bis sie fest eingeschlafen
war, sondern versuchte den Käfig zu schließen, während
ihre Zehen noch draußen waren. Da sprang sie
heraus, bewarf ihn mit Sand und versenkte ihn unter
die Erde. Der Rosenkranz aber vertrocknete in der
Hand seines Bruders. Darauf sprach der zweite Bruder
zum jüngsten: »Nimm diesen Ring und stecke ihn
an deinen Finger! Wenn du siehst, daß er sich zusammenzieht,
so wisse, daß ich dir im Tode vorangegangen
bin. Ich ziehe jetzt aus, die singende Nachtigall
zu holen und meinen Bruder zurückzubringen.« Darauf
verließ er sie und zog davon. Er wanderte und
wanderte, bis er zur singenden Nachtigall kam. Diese
kam heraus, um in ihren Käfig zu gehen. Er versuchte
den Käfig zuzumachen, aber sie sprang heraus, bewarf
ihn mit Sand, und versenkte ihn unter die Erde.
Da verengte sich der Ring am Finger des Jüngsten,
und dieser ging zu seiner Mutter und sprach zu ihr:
»Ich will meine Brüder aufsuchen und die singende
Nachtigall holen. Nimm diese Rose! Wenn du siehst,
daß sie verwelkt ist, so wisse, daß ich auch tot bin.«
Er wanderte und wanderte, bis er zum Turm der
Nachtigall kam, verbarg sich in einem Winkel, bis
sie herauskam und in ihren Käfig ging. Darauf wartete
er, bis sie fest eingeschlafen war und schloß den
Käfig hinter ihr zu. Die singende Nachtigall sprang
erschreckt auf und sprach zu ihm: »Verschone mich
und setze mich in Freiheit!« Er antwortete: »Gieb mir
meine Brüder wieder, so werde ich dich loslassen.«
Sie sprach zu ihm: »Gut, nimm von dem Sand unter
dem Käfig, streue ihn auf die Erde, und deine Brüder
werden wieder erscheinen.« Er that also, und als er
die Augen erhob, sah er mehr als tausend Männer,
teils Neger und teils Türken, die sprachen zu ihm:
»Du hast die singende Nachtigall gefangen. Wir
waren alle zu demselben Zweck gekommen, konnten
sie aber nicht fangen; wenn es nicht dein Schicksal
gewesen wäre, hättest du sie auch nicht gefangen.«
Darauf suchte er unter ihnen nach seinen Brüdern,
fand sie aber nicht, ging zur singenden Nachtigall
und sprach zu ihr: »Meine Brüder sind noch nicht
wieder da.« Sie sprach zu ihm: »Nimm etwas von
dem weißen Sand und streue es auf die Erde!« Als er
dies gethan hatte, erschienen seine Brüder mit mehr
als fünf Tausend Personen. Er umarmte sie, darauf
nahmen sie den Käfig mit der singenden Nachtigall
und brachen auf, um sie nach dem Schloß ihrer
Schwester zu bringen. Dort sang sie mit so schöner
Stimme, daß die Leute aus ihren Häusern kamen und
unter den Fenstern horchten.
Nun ging der älteste Bruder einmal aus und setzte
sich in einem Bazar nieder. Ein Magrebiner ging vorbei
und sprach zu ihm: »Dein Turban ist schmutzig,
Muhammed; auf! reinige ihn, und dann setze dich
unter die Leute.« Mohammed riß den Turban vom
Kopf, fand ihn aber rein. Da ging er zu seiner Mutter
und sprach zu ihr: »Gieb mir einen anderen Turban,
denn ein Magrebiner ist vorbeigegangen und hat zu
mir gesagt: ›Dein Turban ist schmutzig.‹ Seine Mutter
gab ihm einen andern Turban. Er legte ihn zusammen,
wand ihn um seinen Kopf und ging in seinen
Bazar.« Da kam der Magrebiner wieder vorüber und
sprach zu ihm: »Ich hatte dir doch gesagt, du solltest
deinen Turban reinigen, Muhammed!« Da ging er
wieder zu seiner Mutter und sprach zu ihr: »Sage
mir, mein Turban ist reiner als die Turbane anderer
Leute, die in meiner Nähe in den Läden sitzen;
warum kommt nun dieser Magrebiner und sagt mir,
mein Turban sei schmutzig?« Sie antwortete ihm:
»Ich werde es dir sagen, mein Sohn. Das bedeutet,
daß du eine Schwester hast, die Thorheiten begehen
wird; er rät dir, sie zu erwürgen.« Er antwortete ihr:
»Allah behüte! Meine Schwester erwürgen! Nein, ich
werde sie mit mir in die Wüste nehmen, und Gott
wird für sie und für mich sorgen.« Er nahm sie mit
sich und reiste mit ihr acht Tagereisen weit von der
Stadt. Dann führte er sie zu einem Baum, hieß sie
sich setzen, und sie blieben dort und aßen zusammen.
Er sprach zu ihr: »Hier werden wir bleiben, meine
Schwester; wir wollen Steine herbeiholen und eine
Hütte bauen, ich werde Gazellen für dich jagen, und