Afrikanische Märchen auf 668 Seiten. T. von Held

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Название Afrikanische Märchen auf 668 Seiten
Автор произведения T. von Held
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742763129



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ihm ein ordentlich Stück

       Brot hinab, acht Oliven und einen Milchnapf voll

       Wasser. Er begann die Wolle zu karden; seine Hände

       wurden mit Blasen bedeckt, da konnte er nicht tüchtig

       arbeiten, sondern nur wenig. Da ließ sie ihm weniger

       Essen hinunter und gab ihm nur ein viertel Brot. Er

       kam beinah vor Hunger um, der Arme; er umwickelte

       seine Hände mit Lappen und kardete die ganze Nacht

       hindurch.

       Am folgenden Morgen sandte er ihr hinauf, was er

       fertig gemacht hatte. Sie fand, daß es die gewöhnliche

       Aufgabe überstieg. Da guckte sie hinunter zu ihm und

       rief ihm zu: »Wenn du viel arbeitest, gebe ich dir viel

       zu essen; arbeitest du aber wenig, so erhältst du nur

       viertel Ration!« Von nun an kardete er beständig gut

       und bekam gut zu essen.

       Die Erzählung möge jetzt zum Sultan zurückführen.

       Er wandte sich an seinen zweiten Wesir, der

       neben ihm saß und sprach: »Der Wesir, den ich aussandte,

       bleibt recht lange aus; jetzt sind es schon drei

       oder vier Monate, und er ist noch nicht zurückgekommen!

       « Der zweite Wesir entgegnete: »Mein Herr,

       vielleicht hat ihm jene Frau gefallen, und er hat sie

       mitgenommen und ist mit ihr nach einer andern Stadt

       gezogen!« Der Sultan blickte auf und sprach: »Da

       werde ich für dich ein Schiff befrachten, wie ich für

       jenen eines befrachtet habe; reise du ihm nach und

       ziehe Erkundigungen ein!« Der Wesir entgegnete:

       »Gott befohlen!« Hierauf beorderte der Sultan ein

       Schiff her, befrachtete es für den Wesir mit Waren

       und gab ihm, was er an Geld nötig hatte; dann empfahl

       sich jener Gottes Schutz und reiste ab.

       Er reiste übers Meer und gelangte nach jener Stadt.

       Daselbst eröffnete er einen Laden, wie der erste Wesir

       und begann zu handeln. Im Verlaufe des dritten Tages

       kam die Alte zu ihm und sprach: »Guten Morgen,

       mein Herr! Du bist offenbar erst seit kurzem hier: ich

       habe dich früher nicht in der Stadt gesehen!« Er entgegnete

       ihr: »Ja, ich bin erst seit drei Tagen hier.« Sie

       fragte ihn: »Hast du wohl Seidenzeuge, Ambra, Zibeth

       und Moschus?« Er entgegnete ihr: »Was du

       brauchst, das habe ich.« Er legte ihr Waren vor, damit

       sie sich dieselben ansähe. Sie sprach zu ihm: »Mein

       Herr, dies ist viel zu viel für mich, ich habe nicht soviel

       Geld, um den Preis hierfür bezahlen zu können!«

       Er entgegnete: »Das soll ein Geschenk von mir sein,

       und diese zwei Beutel voll Goldstücke laß dir ebenfalls

       zu Gute kommen!« Sie nahm alles und ging

       damit nach Hause. Am folgenden Morgen begab sich

       die Alte wieder zu ihm und begann: »Mein Herr, du

       bist in dieser Stadt noch fremd, bedarfst du vielleicht

       irgend einer Sache? Was du nur wünschest, das soll

       dir werden!« Er entgegnete der Alten: »Kennst du das

       Haus von dem und dem?« Sie entgegnete ihm: »Das

       kenne ich sehr genau.« Der Wesir sprach: »Diese

       zehntausend Piaster hier schenke ich dir, und dieses

       Kästchen bringe der schönen Frau und sage zu ihr:

       ›Ein Fremder möchte gern zwei Stündchen bei dir

       verweilen?‹« Die Alte entgegnete dem Wesir: »Gott

       befohlen!« Sie nahm das Kästchen nebst dem Gelde,

       begab sich nach dem Hause der schönen Frau und

       klopfte an die Thür; die Magd antwortete: »Wer

       ist's?« Die Alte entgegnete: »Sag' deiner Herrin, die

       Hebamme ihrer Mutter sei da!« Die Magd begab sich

       zu ihrer Herrin. Dieselbe sprach: »Laß jene herein!«

       Die Alte trat ein; jene bewillkommte sie und sprach

       zu ihr: »Sei willkommen!« Die Alte gab ihr nun das

       Kästchen und begann: »Dies ist eine noch wertvollere

       Beute, als das erste Mal!« Sie nahm das Kästchen,

       legte es zu dem ersten Kästchen in die Truhe und

       sprach: »Bring ihn her, wie vordem den andern, eine

       Stunde oder anderthalb Stunde nach Sonnenunter-

       gang!«

       Der Wesir wartete also in seinem Laden; die Alte

       kam und sprach zu ihm: »Mein Herr, Gott hat alles

       leicht gemacht! Bleibe du,« fuhr sie fort, »hier auf

       deinem Platze, bis ich komme und dich hinbringe!«

       Der Wesir wartete, bis sie wiederkam; sie sprach zu

       ihm: »Komm!« Sie zeigte ihm jene Hausthür. Er faßte

       den Klopfer an, da fand er eine Magd dort warten; die

       sprach zu ihm: »Komm herein!« Er trat ein und fand

       alles fix und fertig. Er fand Lichter angesteckt und

       eine Tafel hergerichtet und auf derselben alles, was

       getrunken und gegessen wird. Die schöne Frau wandte

       sich an den Wesir: »Mein Herr, nimm Platz! Wir

       wollen zu Abend speisen!« Beide begannen zu Abend

       zu speisen. Sie nahmen eben den ersten oder den

       zweiten Bissen ein, da erdröhnte schon die Thür. Sie

       rief: »Ach, wo verstecke ich dich nun? Jetzt kommst

       weder du noch ich davon!« Der Wesir fragte: »Wer

       ist's?« Die schöne Frau erwiderte: »Der Bruder meines

       Mannes kommt gewöhnlich um diese Zeit!« Der

       Wesir sagte: »Wohin wirst du mich nun stecken? Wo

       wirst du mich verbergen?« Sie erwiderte ihm: »Ich

       habe da ein Kellerloch!« Dann rief sie die Magd herbei,

       beide hoben den Schlußstein weg, banden den

       Wesir an ein Seil und ließen ihn hinunter und am

       Seile baumeln zwischen Himmel und Erde. Bald hatten

       sie ihn ganz hinunter gelassen.

       Der erste Wesir saß unten und kardete; er merkte

       weiter nichts, als daß auf einmal ein Mann sich neben

       ihn hinstellte.

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