Название | Afrikanische Märchen auf 668 Seiten |
---|---|
Автор произведения | T. von Held |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742763129 |
und den Vogel hineinzusetzen. Nachdem die Frau
getan hatte, was ihr Mann ihr befohlen, füllte der
Vogel den Eimer mit Milch. Darüber waren der Mann
und die Frau hocherfreut; denn sie waren sehr hungrig
und hatten nun vollauf zu essen. Nachdem sie gesättigt
waren, gingen sie aufs Feld, um zu arbeiten, und
ließen ihre beiden Kinder daheim. Das ältere der Kinder
hieß Ngeneu, das jüngere Notuneu.
Ngeneu sagte:
»Wir wollen zu anderen Kindern gehen und ihnen
von dem Vogel erzählen!«
Notuneu erwiderte:
»Unser Vater sagte, er würde uns töten, wenn wir
von dem Vogel zu anderen Kindern redeten.«
Darauf wurde Ngeneu zornig und rief:
»Schweig, du Lügnerin!«
Notuneu fürchtete ihren Bruder und gab deshalb
schließlich seinem Drängen nach. Als Ngeneu nun
den anderen Kindern von dem Vogel erzählt hatte,
sprachen diese:
»Wir wollen zu dem Vogel gehen!«
Als sie hingekommen waren, nahmen sie ihn aus
dem Melkeimer, und Nguneu schrie laut:
»Seht diesen Vogel an, der uns gehört!«
Da sagte der Vogel:
»Wenn ich euch gehöre, so bringe mich in den
Kraal hinein.«
Der Knabe nahm ihn also mit in den Kraal. Da verlangte
der Vogel, auf den Zaun gesetzt zu werden. Als
er aber dorthin gebracht war, flog er auf und davon.
Notuneu weinte laut und rief:
»Siehst du, nun wird unser Vater uns töten! Sieh'
nur, wie er davonfliegt.«
Die Kinder, die gekommen waren, den Vogel zu
sehen, liefen flugs fort und ließen sich nicht mehr
blicken.
Der Vogel sang mit schallender Stimme im Fliegen:
»Ngeneu und Notuneu haben mich herausgelassen!
« Und dieselben Worte sang er noch, als er dicht
bei dem Vater der Kinder vorbeikam. Die Mutter
hörte es und sprach:
»Das ist dein Vogel; er sagt Ngeneu und Notuneu
haben ihn herausgelassen.«
Der Mann aber entgegnete:
»Wie kannst du nur so reden! Unsere Kinder würden
nie wagen, so gegen meinen Befehl zu handeln.«
Darauf gingen sie heim. Dort angelangt, ging die
Frau sofort zu dem Melkeimer, schaute hinein und
fand richtig keinen Vogel darin. Der Mann rief sofort
nach den beiden Kindern, und fragte sie nach dem
Verbleib des Tieres. Notuneu sprach:
»Ngeneu hat den Vogel fliegen lassen.«
Da brachte der Vater einen Strick und schwor, er
wolle die ungeratenen Kinder töten. Diese brachen in
Weinen und Klagen aus, und auch ihre Mutter rang
verzweifelt die Hände.
»Willst du, Vater des Ngeneu und der Notuneu,
wirklich um des Vogels willen deine Kinder töten?«
rief sie.
Der Mann aber war nicht zu erweichen, sondern
drohte:
»Wenn du so weiter redest, werde ich dich mit
ihnen töten!«
Da schwieg sie still und sah, wie ihr Mann den
Strick um den Hals seiner Kinder legte und sie an
dem Aste eines Baumes aufhängte, der weit über
einen tiefen Fluß hinüberragte. Der Strick zerriß jedoch,
die Kinder fielen in das Wasser und versanken
in der Tiefe, wo sie in Flußgötter verwandelt wurden
und dadurch die Gabe erhielten, den Fluß anschwellen
zu lassen.
Einst wurde das Land von einem benachbarten
feindlichen Stamme überfallen. Die Weiber und Kin-
der des Landes waren in großen Schrecken und suchten
durch den Fluß zu entkommen. Als sie aber den
Fuß ins Wasser gesetzt hatten, schwoll es plötzlich
hoch an, und sie konnten nicht weiter laufen. Da riefen
sie:
»Ngeneu und Notuneu, laßt uns über das Wasser,
damit wir unseren Feinden entrinnen!«
Das Wasser schwand, und sie stiegen in den Fluß
hinein. Als aber, während sie halbwegs hindurch
waren, auch der Vater, welcher seine Kinder hatte
töten wollen, in den Fluß gekommen war, füllten sie
denselben wieder mit Wasser an. Da riefen ihm die
anderen Männer laut zu:
»Geh' du hinaus zur Strafe dafür, daß du deine
Kinder morden wolltest.«
Er ging heraus, und alsbald trocknete der Fluß wieder
aus. Die anderen Männer aber gingen sodann
durch den Fluß hindurch, während jener Mann allein
zurückblieb. Als der Feind ganz nahe war, erhob auch
er seine Stimme, indem er sprach:
»Ngeneu und Notuneu, macht mir doch auf!«
Die aber sagten:
»Wie? Dir sollten wir aufmachen, nachdem du uns
aufgehenkt hast!«
Da brach er in lautes Geschrei aus, und der Feind
kam und erschlug ihn. So endete der Mann, welcher
der Milch wegen seine Kinder zu ermorden gesucht
hatte. Diese aber kamen aus dem Flusse heraus, um
ihre Mutter aufzusuchen. Nachdem sie dieselbe gefunden,
blieben sie bei ihr, behielten aber immer die
Gabe, in die Flußtiefe zu gehen und das Wasser anund
abschwellen zu lassen.
Die Geschichte von den zwei Frauen.
Eine Kaffernerzählung.
Es war einmal ein Mann, der zwei Weiber hatte. Die
eine Frau hatte keine Kinder, und ihr Mann liebte sie
darum weniger als die andere, welche ihm eine Tochter,
die sehr schwarz war, geschenkt hatte, außerdem
noch verschiedene andere Kinder; aber die waren Krähen.
Numbakatali, so hieß die Frau, welche keine
Kinder hatte, war meist traurig und niedergeschlagen;
gar oft ging sie allein auf das Feld und weinte von