Название | Gefahren - Abwehr |
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Автор произведения | Jürgen Ruhr |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742716774 |
„Katharina sagt und tut auch heute, was sie denkt“, gab Gisbert den Text in Hochdeutsch wider. „Kölsches Liedgut“, erklärte er dann überflüssigerweise, da ich das alles nicht wissen wollte. „Es handelt sich dabei um das Lied: Et Hätz op der Zung. Allerdings erschließt sich mir nicht, was das mit ‚Longum iter est per praecepta, breve et efficax per exempla‘ - was ja übersetzt heißt: Lang ist der Weg durch Lehren, kurz und wirkungsvoll durch Beispiele - gemeinsam haben könnte.“
In diesem Moment beschloss ich, mit Bernd ein ernstes Wörtchen zu reden.
Die Wartezeit auf den Schlüsseldienst hatte ich dazu genutzt, am Düsseldorfer Flughafen anzurufen. Nach einigem Hin- und Her und nachdem ich durch viel Hinterfragen die Fluglinie, mit der Weser von Lublin nach Düsseldorf geflogen war, herausbekommen hatte, wurde ich schließlich mit der zuständigen Gepäckermittlung verbunden. Wie durch ein Wunder teilte man mir schon nach wenigen Minuten mit, dass ein Alukoffer gefunden worden wäre.
Fall gelöst!
Jetzt musste der Koffer lediglich noch dort abgeholt werden, wobei die Aufgabe mit Sicherheit wieder an mir hängen bleiben würde. Allerdings bräuchte ich eine Vollmacht des auf dem Flug registrierten Besitzers, wenn ich das nicht selbst wäre.
„Prima Gisbert, sehr sehr schön“, lobte ich den Praktikanten und hoffte, dass mein Sarkasmus auch genügend zum Ausdruck kam. „Da habe ich gleich eine hervorragende Praxisaufgabe für dich: Ich brauche von Herrn Weser eine Vollmacht, damit ich seinen Koffer abholen kann. Es sei denn, der Mann fährt selbst zum Flughafen ...“
„Der Koffer wurde gefunden?“, fragte Gisbert überflüssigerweise. „Da wird sich Herr Weser aber freuen.“
„Ja und er wird sich noch mehr freuen, wenn du ihm die frohe Botschaft persönlich überbringst. Und sollte er wirklich nicht selber nach Düsseldorf fahren wollen, sondern mir das überlassen, dann brauche ich eine Vollmacht von ihm, die mir erlaubt den Koffer entgegenzunehmen. Kannst du das erledigen?“
„Natürlich, gerne Jonathan. Mein erster selbständiger Einsatz im Detektivgewerbe.“
„Ja, dann lass dich nicht aufhalten. Oder hast du noch Fragen? Entweder Weser fährt selbst zum Flughafen oder wir brauchen diese Vollmacht. Schaffst du das?“
„Kein Problem, mon patron. Carpe diem!“
„Ja, du mich auch. Karre die hem!“ Ich nickte Gisbert zu und deutete auf die Tür. Er sollte endlich sein komisches Karre Ding nehmen und verschwinden!
Kurz vor sechzehn Uhr betrat ich das Krav Maga Studio und nickte Jennifer im Vorbeigehen zu.
In der Detektei drüben war mir eine glänzende Idee gekommen, wie ich den immer noch deutlich sichtbaren Fleck auf meiner Hose kaschieren konnte. Dazu begab ich mich in den Toilettenraum und entledigte mich meiner Beinkleider. Anschließend hielt ich das gute Stück unter den Wasserhahn, so dass die gesamte Hose nass war. Jetzt war der Fleck nicht mehr zu sehen. Zufrieden zog ich sie nach intensiven Auswringversuchen wieder an. Das Feuchte war jetzt äußerst unangenehm, aber wenigstens würde niemand mehr auf den Fleck starren und im Geiste assoziieren, dass ich in die Hose gemacht hätte.
„Jonathan, warte einen Moment“, rief Jenny mir hinterher und ich drehte mich fragend um. „Bernd möchte noch kurz mit dir sprechen. Jetzt direkt.“ Dann sah sie an mir herunter und bemerkte die nasse Hose. „Warst du schwimmen? In deinen Hosen?“
„Nein, nein“, erklärte ich hastig. Ich musste einen Fleck auswaschen.“ Schnell, bevor sie noch weitere Fragen stellen konnte, eilte ich zu Bernds Büro. Er würde sich kurzfassen müssen, denn in ein paar Minuten begann mein Kampftraining bei Dozer und ich wollte nicht zu spät kommen.
„Hallo Bernd“, begrüßte ich meinen Freund. „Jennifer sagte, du willst mich noch sprechen. Was gibt es denn so Wichtiges?“
„Nicht viel Jonathan, ich werde dich nicht lange aufhalten. Du sollst ja zu deinem Training nicht zu spät kommen.“ Dann sah er auf meine Hose: „Was ist denn mit dir passiert? Irgendwo in einen Bach gefallen?“
Im gleichen Moment aber winkte mein Freund ab: „Das kannst du mir später erzählen. Jetzt nur das: Vorhin hat mich Herr Weser angerufen und euch in den höchsten Tönen gelobt. Er war sehr zufrieden. Naja, ehrlich gesagt hat er deine Person nicht erwähnt, sondern unseren Praktikanten über den grünen Klee gelobt. Aber ich interpretiere das so, dass er auch mit dir zufrieden war. Also weiter so, ihr beiden scheint ein gutes Team zu sein.“
Ich nickte: „Ja und der Fall ist auch schon abgeschlossen. Der Koffer befindet sich in der Gepäckermittlung am Flughafen. Ich werde gleich morgen Vormittag dort hinfahren und ihn abholen. Gisbert kann wieder zu Jennifer zurück. Jetzt, da ja alles erledigt ist.“
Bernd lehnte sich in seinem Sessel zurück. „Ja, über den Koffer hat mich Gisbert schon informiert. Und die Vollmacht befindet sich auch in seinem Besitz. Jedoch soll er ruhig noch ein wenig an deiner Seite bleiben und von dir lernen. Unser Praktikant gehört vorläufig ganz dir. Und es war eine gute Idee, ihn wegen der Vollmacht zu Weser zu schicken. So lernt der Junge auch ein wenig selbständiges Arbeiten. Du siehst ihn übrigens gleich beim Training wieder. So, das war’s, was ich Dir sagen wollte. Viel Spaß im Dojo.“
„Aber, aber ...“ begann ich und wusste nicht so recht, wie ich mich ausdrücken sollte. „Den Koffer kann ich doch auch alleine abholen. Was kann der Praktikant schon dabei lernen, wenn ich das Gepäckstück am Flughafen entgegennehme?“
Bernd stöhnte gequält auf: „Es ist ja nicht das Abholen allein, Jonathan. Der Koffer muss ja auch zu Herrn Weser gebracht werden. Und dabei kann Gisbert lernen, wie wir mit unseren Kunden umgehen. Das hat doch heute Vormittag schon sehr gut geklappt …“
‚Ja‘, dachte ich, ‚würde es nach mir gehen, hätte ich diesen Weser direkt erschossen. Und den blöden Praktikanten dazu.‘ Aber ich nickte lediglich und wandte mich zur Tür.
„Komm doch nach dem Training bitte noch einmal zu mir, dann ist Sam auch hier“, meinte Bernd noch zum Abschied.
Ich blickte auf die Uhr und stellte mit Erschrecken fest, dass es schon fünf Minuten nach sechszehn Uhr war. Jetzt musste ich mich beeilen und würde trotzdem zu spät kommen. Bernd hätte aber auch später mit mir sprechen können ...
Exakt sieben Minuten später betrat ich das Dojo - unseren Trainingsraum - und sah mich einer Gruppe von knienden Kindern gegenüber, die offensichtlich den Worten ihres Lehrers gelauscht hatten. Jetzt aber blickten alle auf mich und Dozer, der ebenfalls auf den Knien vor den Kleinen saß, erhob sich und kam auf mich zu.
„Jonathan. Schön dich wiederzusehen. Allerdings muss ich dich ermahnen, pünktlich zu sein. Wie geht es dir?“
Thomas Friedlich, den alle wegen seines Körpergewichts nur ‚Dozer‘ nannten, war der beste Trainer für Kampfsportarten, den ich kannte. Jetzt breitete er die Arme aus und hatte mich fast erreicht.
Diese Geste konnte nur eines bedeuten: Dozer wollte seinen jungen Schülern einmal vorführen, wie Krav Maga Kampfkunst in Natura aussah und hatte mich als Opfer auserkoren. Ich schmunzelte und dachte an unsere erste Begegnung mit ihm. Damals unterrichtete Dozer noch Kampfsport an der Schule für Personenschutz in Rendsburg und Christine Weru, sowie meine Wenigkeit, nahmen an solch einem Personenschutzlehrgang teil. Da Dozer damals annahm, dass wir keinerlei Kampfsporterfahrung hätten, war seine Verwunderung umso größer, als Chrissi ihn schon am ersten Tag auf die Matte schickte. Bei dem Gedanken an die Situation damals stahl sich ein Lächeln auf mein Gesicht.
„Was grinst du so blöd?“, hörte ich Dozer fragen, dann war er auch schon heran.
Doch jetzt und hier würde dieser Bulle von Mensch mich nicht überrumpeln können. Ich täuschte eine Bewegung nach rechts an, duckte mich dann blitzschnell und stürmte an ihm vorbei. Naja, fast. Leider blieb ich mit der Stirn an seinem abgewinkelten Arm hängen und schlug Sekunden später schmerzhaft auf dem Boden auf. Mein Kopf dröhnte und für einen Moment hatte ich den Eindruck, ohnmächtig