Undercover - Auftrag. Jürgen H. Ruhr

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Название Undercover - Auftrag
Автор произведения Jürgen H. Ruhr
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738044966



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vor, direkt genügend Zucker in den ‚Kaffee‘ zu tun.

      „So, jetzt lassen sie es sich einmal gutgehen, Herr L...“ - „Lärpers. Jonathan Lärpers.“ - „Ja, Herr Lärpers.“ Ich griff zum Zucker und füllte ordentlich in meine Tasse. Dann wollte ich umrühren, bekam aber Probleme. Der Löffel steckte im Kaffee fast fest. Was war das jetzt wieder? Das ähnelte weniger einem Gebräu, sondern eher einem Brei ... Ich stellte die Tasse sacht auf dem Unterteller ab.

      „Schmeckt der Kaffee? Ich trinke ja immer nur Tee. Ist auch besser für die Gesundheit.“ Die alte Dame plauderte munter drauflos. Ich überlegte mir allmählich eine Fluchtmöglichkeit. „Danke, Frau Ottkans. Ich muss jetzt aber gehen. Sie erhalten dann vo...“ - „Einen Moment, junger Mann.“

      Frieda Ottkans stand auf und durchquerte den Raum. Dann öffnete sie eine Tür - die offensichtlich zum Schlafzimmer führte - und verschwand in dem Raum. Freudig springend folgte ihr der Hund.

      Keine zwei Minuten später stand sie wieder vor mir und hielt mir einen fünf Euro Schein hin. „Das ist für ihre Mühe. Ich bin ihnen ja so dankbar!“

      Ich wehrte ab: „Das ist sehr nett, Frau Ottkans, aber ich da...“ - „Papperlapapp. Das nehmen sie jetzt an, Herr L...“ - „Lärpers.“ - „Ja, Herr Lärpers. Davon gehen sie jetzt erst einmal richtig lecker Essen. Nach all der Mühe. Und jetzt Schluss! Ich will nichts mehr hören.“

      Seufzend nahm ich den Schein. Rasch kramte ich mein Portemonnaie hervor und verstaute das Geld. In diesem Moment klingelte es an der Wohnungstür.

      „Wer wird das wohl sein? Ich bin gleich wieder bei ihnen, Herr L...“ - „Lärpers.“

      Aber da war sie schon verschwunden. Neugierig geworden, legte ich meine Geldbörse auf den Tisch und lugte um die Ecke. „Wir sind vom Wasserwerk“, hörte ich eine männliche Stimme. Dann lenkte mich ein kurzes Aufjaulen hinter mir ab. Ich sah mich um und konnte eben noch ‚Racker‘ mit meiner Brieftasche im Schlafzimmer verschwinden sehen. Oh, warte! Der Köter würde doch meine wertvolle Geldbörse - echt Schweinsleder - jetzt nicht zerfleddern? Keine zwei Sekunden stürzte ich hinter ihm her ins Schlafzimmer.

      Die Töle kroch doch wirklich unter das Bett und schien sich gerade über mein gutes Stück Schweinsleder - ich sagte ja immer Zwiebelleder, weil mir beim Anblick der leeren Börse die Tränen kamen - her zu machen. Flugs schlich ich um das Bett herum und kroch von hinten auf den Hund zu. Mit einem raschen Griff gehörte mein Eigentum wieder mir. Beleidigt zog Racker wieder ins Wohnzimmer ab.

      Noch unter dem Bett wischte ich die Brieftasche vorsichtig am Boden trocken. Der Hund hatte das Leder dermaßen besabbert, dass ich mich ekelte, die Geldbörse wieder in meine Hose zu stecken. Dann kroch ich vorsichtig rückwärts unter dem Möbel hervor. Dieses Tier kostete mich wirklich den letzten Nerv. Der ganze dämliche Auftrag schien doch eher etwas für Detektivdilletanten zu sein, als für mich. Aber egal. Die Sache war jetzt abgeschlossen und den nächsten Auftrag dieser Art sollte dann Chrissi übernehmen. Die kam sowieso besser mit Tieren zurecht als ich. Und mit Kindern. Und mit ...

      Langsam richtete ich mich auf und traute meinen Augen nicht: Da stand ein Mann, mit dem Rücken zu mir, und durchwühlte gerade eine Schmuckkassette. Eine Perlenkette, sowie ein Armband verschwanden in seiner Jackentasche.

      Was hatte ich vorhin so am Rand mitbekommen? Kurz bevor der Hund mich ablenkte? ‚Wir sind vom Wasserwerk‘. Nun, es war wirklich keine große Kunst sich auszumalen, was hier für Typen am Werk waren. ‚Typen‘, definitiv Plural, denn der Mann sagte ja: ‚Wir sind ...‘

      Leise tastete ich nach meinem Revolver. Den trug ich, ebenso wie meinen dazugehörigen Waffenschein, immer bei mir. Und natürlich war mein Revolver, ein Smith und Wesson sechsunddreißig, immer geladen. Das hatte uns Bernd einst so eingeprägt. Was nützt eine ungeladene Waffe schon?

      Ohne ein Geräusch zu machen schlich ich um das Bett herum, bis ich hinter dem Dieb stand. Die Tür zum Wohnzimmer lehnte am Rahmen und ich vermutete, dass der zweite Gangster sich dort umsah. Im Hintergrund hörte ich leises Wasserrauschen. Vermutlich aus dem Bad.

      „Keinen Ton, sonst drücke ich ab“, flüsterte ich und presste dem Schmuckdieb den Revolver an die Schläfe. Dann kommandierte ich weiter: „Jetzt ganz langsam auf den Boden. Sollte ich auch nur einen Ton hören, knall ich dir das Hirn weg!“ Ich hätte mir wegen dieser Theatralik selbst am liebsten auf die Schulter geklopft. Man muss nur genügend Kriminalfilme sehen, dann stellen sich solche Dialoge von ganz allein ein. Oder besser: Monologe. Denn der Mann gab weisungsgemäß nicht einen Ton von sich.

      „Die Hände auf den Rücken, schnell“, befahl ich weiter. Mit meiner freien Hand suchte ich in meinen Taschen nach einem Kabelbinder. Ebenfalls eine Angewohnheit, die sich als hilfreich erwies: Ich trug immer einige Kabelbinder bei mir. Mit denen ließen sich einfach und gut Hände und Beine fesseln und diese Plastikstreifen nahmen nicht so viel Platz weg wie Handschellen. Sekunden später lag der Mann gefesselt vor mir. „Wehe, ich höre einen Ton von dir“, schärfte ich ihm noch einmal ein. Dann drehte ich seinen Kopf zur Seite und ließ ihn einen Blick auf meinen Revolver werfen. Das dürfte genügen, um ihn ruhig zu stellen.

      Der zweite Ganove wühlte in aller Ruhe in den Schubladen des Wohnzimmerschrankes, während der Pudel ihm dabei aufmerksam zusah. Was war jetzt mit ‚Wachhund‘? Hund, der sein Frauchen beschützt? Nun, Pudel sind wohl als Wachhunde eher ungeeignet. Denke ich. Aus dem Badezimmer klang immer noch das Rauschen von Wasser herüber.

      Allmählich kroch in mir eine Wut hoch, die ich allzu gut kannte. Hier waren zwei Männer im besten Alter, die eine fast Neunzigjährige um ihren Schmuck und ihr Erspartes bringen wollten. Den Typen täte es besser, einmal einer ehrlichen Arbeit nachzugehen ...

      „Keine Bewegung und die Hände über den Kopf. Aber dalli!“, rief ich in scharfem Ton. Überrascht drehte der Gangster sich zu mir. Als er den auf sich gerichteten Revolver sah, hob er brav die Hände über den Kopf. In der einen hielt er ein blaues Sparbuch.

      „Hinlegen. Und keine Zicken. Ich hätte kein Problem damit, dich zu erschießen. Gib mir die legale Gelegenheit und ich wäre dir sogar noch dankbar!“

      Der Gauner ließ sich schneller zu Boden fallen, als ich es ihm zugetraut hätte. Auch er war im Nu gefesselt. Plötzlich hörte das Rauschen im Badezimmer auf und Frieda Ottkans stand in der Tür. „Aber Herr L...“ - „Lärpers.“ - „Ja, Herr Lärpers. Was machen sie da? Die Herren sind vom Wasserwerk. Sie wollen die Leitungen überprüfen. Wo ist eigentlich der andere Mann?“ - „Im Schlafzimmer.“

      Frieda Ottkans schaute mich fragend an. „Und was macht der da? Da ist doch gar keine Wasserleitung?“ - „Der ruht sich ein wenig aus, Frau Ottkans.“ Noch während ich mein Handy herauskramte, versuchte ich ihr die Situation zu erklären.

      „Nein, so etwas“, meinte sie immer wieder. „Die Herren sehen doch so nett aus. Und höflich waren sie!“

      Die Polizei kam innerhalb von zehn Minuten. Allerdings mussten die Männer erst ein wenig Überzeugungsarbeit leisten, bis Frieda Ottkans sie in ihre Wohnung ließ. Und das, obwohl die Beamten Uniformen trugen und sich ausweisen konnten. Nachdem die beiden Polizisten akribisch meine Papiere, insbesondere meinen Waffenschein, kontrolliert hatten, nahmen sie ein kurzes Protokoll auf.

      „Schauen sie bei den Herren auch einmal in die Taschen, da werden sie noch Schmuck und ähnliche Dinge finden“, half ich mit Erklärungen.

      Nachdem die Beamten mit den beiden Dieben gegangen waren, nötigte Frau Ottkans mich noch einen Tee zu trinken. „Auf den Schreck“, meinte sie augenzwinkernd und goss einen ordentlichen Schluck Rum in das warme Getränk.

      ‚Grog‘, dachte ich so bei mir. Heißes Wasser, Zucker und Rum. Na, das passt ja wenigstens zur Jahreszeit!

      III.

      Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass es allmählich Zeit wurde, in den Konferenzraum zu gehen. Ich konnte schließlich nicht meine ganze Zeit mit den Gedanken an vergangene Fälle