Undercover - Auftrag. Jürgen H. Ruhr

Читать онлайн.
Название Undercover - Auftrag
Автор произведения Jürgen H. Ruhr
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738044966



Скачать книгу

Großteil der Bandenmitglieder ist der Polizei bekannt und vor etwa einem halben Jahr wurden auch viele festgenommen. Es hat aber nicht einmal einen Monat gedauert, da waren die fehlenden Leute ersetzt und das Ganze ging wieder von vorne los. Vielleicht sogar noch ärger als zuvor.

      Eberson hat uns sämtliche Informationen der Polizei zukommen lassen, ihr habt jetzt einen kleinen Teil - den wichtigsten - vor euch liegen.“

      Mit einem Blick auf den Projektor ergänzte er: „Da der Beamer ja nicht funktioniert ...“

      Wir blätterten die Unterlagen durch.

      „Was ihr da seht, sind die uns bekannten Köpfe der Bande - Jonathan, du solltest dir die Fotos anschauen, nicht die Tabellen - und einige Gangster der unteren Ränge.

      Für die Polizei wäre es jetzt kein Problem, diese Leute festzunehmen. Dann stände die Staatsanwaltschaft aber wieder da, wo sie vor einem halben Jahr schon gestanden hat und die ganze Sache ginge wieder von vorne los. Nein, Eberson will die Hintermänner. Und die sind nicht bekannt. Deswegen kommen wir ins Spiel. Nehmt euch doch bitte einmal die Seite mit den Tabellen vor. Da seht ihr die gravierendsten Einbrüche und Überfälle der letzten Monate. Die Liste ist normalerweise länger, aber... na ja der Beamer ...

      Das Diebesgut, beziehungsweise die Beute aus den Überfällen, werden von Kurierfahrern mit Transportern nach Polen und Rumänien gebracht. Und da setzen wir an. Details bekommt ihr später noch. Nur so viel: Wir schleusen jemanden von uns als Kurierfahrer in die Bande ein. Dieser Jemand muss das Vertrauen der ‚Bosse‘ gewinnen, denn darüber erhoffen wir uns, an die Hintermänner heranzukommen. Aber Vorsicht! Die Männer sind nicht ungefährlich. Bei der Festnahme vor einem halben Jahr ist ein Polizist erschossen worden und fünf andere wurden leicht und schwer verletzt.

      Deswegen bilden wir zwei Teams. Das eine Team ist dazu da, dem Anderen Rückendeckung zu geben. Ein Notfallteam sozusagen.“

      Jetzt hielt ich es nicht mehr aus. Konnte Bernd sich denn nicht endlich einmal klar ausdrücken? Endlich Tacheles reden? „Bernd, mach‘s nicht so spannend: Wer sind die Teams und wer wird bei der Bande eingeschleust?“

      „Danke für deine Frage, Jonathan. Dazu wollte ich gerade kommen. Das Notfallteam besteht aus Sam und Monika. Sam brauche ich dringend noch drüben im Studio und Monika hat demnächst einen Personenschutz - Job zu erledigen. Die beiden stehen also nur im Notfall zur Verfügung.

      Das andere Team - die ‚Aktiven‘ - sind Christine und Jonathan.“

      Jetzt wurde es spannend. Ich unterbrach Bernd erneut: „Und wer ist nun der Mann, der in die Bande eingeschleust wird?“

      Bernd überlegte kurz, dann sah er mich an: „Ich frage mich natürlich, ob meine Entscheidung richtig war, aber wer im aktiven Team stünde denn sonst als Mann zur Verfügung?“

      Die Antwort war klar!

      „Ich!“, verkündete ich stolz. Ja, mein erster Undercover - Einsatz! Man konnte Bernd nur gratulieren. Er hatte die richtige Wahl getroffen!

      „Gut, soviel zu den allgemeinen Dingen.“ Bernd klickte auf seinem Laptop herum, dann blickte er wieder auf: „Die Polizei hat einen der Kurierfahrer längere Zeit observiert. Der Mann wohnt in Mönchengladbach - Geistenbeck. Er benutzt für seine Fahrten einen Transporter. Dabei handelt es sich um einen grünen Wagen der Marke Peugeot. Ein sogenannter ‚Blipper‘.

      Der Fahrer ist ein achtundfünfzigjähriger Frührentner namens Günther Heyer. Heyer ist geschieden und lebt alleine in einer Zweizimmerwohnung auf der Steinsstraße. Nach den Ermittlungen der Polizei ist der Mann sich durchaus bewusst darüber, was er da transportiert. Es handelt sich also nicht um einen Unschuldigen.“

      Jetzt musste ich Bernd einfach unterbrechen: „Gut, aber was soll ich da ...“

      „Jonathan, wenn du mir ein wenig Zeit gibst, dann erkläre ich ja alles“, seufzte mein Freund und Chef, dann fuhr er mit seinem Vortrag fort: „Hier setzen wir an: Der Kurierfahrer wird von uns ausgeschaltet. Wir nehmen ihn in Gewahrsam und halten den Mann so lange fest, bis die ganze Angelegenheit erledigt ist. Um ihn zu arrestieren, lasse ich drüben im Sportstudio extra einen Raum herrichten. Es ist mit dem Oberstaatsanwalt abgesprochen - also, eigentlich ist es ja sein Plan, dass Heyer für die Öffentlichkeit als tot gelten soll. Dazu inszenieren wir einen Verkehrsunfall, bei dem der Mann angeblich tödlich verunglückt. Einzelheiten später. Jedenfalls wird unser Oberstaatsanwalt Eberson den Plan so unterstützen. Jonathan tritt anschließend als der Erbe dieses Heyer in Erscheinung. In welchem familiären Zusammenhang, klären wir noch. Sobald wir Heyer festgesetzt haben, müssen wir alle Details aus seinem Leben erfahren und möglichst viele Hintergrundinformationen sammeln. Jonathan versucht sich mit dem Kontaktmann von Heyer zu treffen und erklärt dem, dass er den Job übernehmen möchte. Wir statten Jonathan mit einer entsprechenden Legende aus, die ihn als Kleinkriminellen darstellt.“

      Ich hob meinen Arm - so wie in der Schule - und schnippte mit den Fingern. Schließlich wollte ich Bernd ja nicht ins Wort fallen: „Ich ein Kleinkrimineller? Bin ich für solch eine Rolle hier denn nicht zu bekannt? Und was ist, wenn die mich als Kurierfahrer nicht wollen?“

      Bernd winkte lächelnd ab. „Erstens, du bist nicht zu bekannt, Jonathan. Nirgends ist dein Gesicht zu finden, nicht in der Presse und auch nicht im Internet. Wir haben alle Veröffentlichungen, insbesondere in Zusammenhang mit Eurem Wim Schlensbow - Auftrag, zurückgehalten oder löschen lassen. Eberson verfügt da über ziemlich gute Verbindungen. Aber das gilt nicht nur für dich, Jonathan. Das gilt für alle Anwesenden hier und ebenso für alle meine Angestellten. Und ich bitte euch, das auch so zu lassen. Also keine öffentlichen Einträge! Nirgendwo.“

      Wir nickten. Aber was meinte Bernd genau? „Bernd, meinst du alle Einträge im Internet? Also auch mein Account bei Facebook?“

      Bernd lachte. „Jonathan, du bist vielleicht nicht ganz auf dem Laufenden ... Es gibt dort keinen Account mehr von dir. Wann hast du dich denn das letzte Mal dort eingeloggt?“

      „Vor einem halben Jahr“, musste ich zugeben. Mein Interesse an diesem ‚sozialen Netzwerk‘ war schließlich sehr gering. Ich blickte lieber den Menschen, mit denen ich Umgang pflegte, ins Gesicht.

      „Eben. Und bitte, Jonathan. Wie ich schon erwähnte: Das soll auch so bleiben.“ Die anderen schmunzelten.

      Dann fuhr Bernd fort: „Also, Jonathan tritt als Kleinkrimineller an den Kontaktmann dieses Heyer heran. Dabei wirst du gute Chancen haben, den Job zu übernehmen und für die Bande fahren zu können, denn zu dem Zeitpunkt wird zufällig eine neue Kurierfahrt akut. Deswegen muss auch unser Zeitplan stimmen.“

      Ich musste Bernd noch einmal unterbrechen: „Über welchen Zeitplan reden wir denn?“

      „Heyer wird kommendes Wochenende aus dem Verkehr gezogen. Am Samstag. Dann haben wir ein paar Tage Zeit, Informationen aus ihm herauszubekommen. Alles, was nur er wissen kann und uns bei der Kontaktaufnahme nützlich sein wird. Danach tritt Jonathan das ‚Erbe‘ an und wird nach zirka drei bis vier Tagen den Kontaktmann anrufen. Oder wie Heyer auch immer mit dem Kontakt aufnimmt. Die nächste Kurierfahrt scheint für Ostern geplant zu sein. Das genaue Datum steht aber wohl noch nicht fest. Jonathan, du musst allerdings nach dem ‚Unfalltod‘ des Kurierfahrers so schnell wie möglich mit dem Kontaktmann sprechen. Sonst suchen die sich einen anderen Fahrer. Ich schätze, dass der Kontakt im ersten Drittel des Monats März stattfinden wird. Beim Zeitplan müssen wir allerdings ein wenig flexibel sein.“

      Jetzt unterbrach Christine den Redefluss und ich musste leicht grinsen. Wenigstens war ich nicht der Einzige, der Fragen stellte ...

      „Welche Rolle spiele ich in der ganzen Angelegenheit? Darüber hast du bis jetzt noch kein Wort verloren.“

      Bernd nickte. „Du bist die Freundin Jonathans und stellst den Kontakt zur Gruppe dar, denn für Jonathan wäre das zu gefährlich. Auch für dich haben wir uns eine schöne Legende ausgedacht: Du wurdest gerade aus dem Gefängnis wegen wiederholtem Laden- und Taschendiebstahls entlassen.“

      Sam, der sich jetzt auch einmal zu Wort meldete,