Rebeccas Schüler. Tira Beige

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Название Rebeccas Schüler
Автор произведения Tira Beige
Жанр Языкознание
Серия Rebeccas Schüler
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754176450



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sie nur we­ni­ge Stun­den da sein wür­de und sich an­sons­ten ab­du­cken konn­te, war der Grund, war­um sie sich über­haupt auf die An­zei­ge als Stütz­leh­re­rin be­wor­ben hat­te. Wenn sie hier Voll­zeit ar­bei­ten ge­hen müss­te, wür­de es wohl wie­der in ei­ner Voll­ka­ta­s­tro­phe en­den und sie end­gül­tig an den Rand ei­nes Bur­nouts trei­ben.

      Mayer nick­te ihr wohl­wol­lend zu und lä­chel­te freund­lich, be­vor er dazu über­ging, den nächs­ten neu­en Kol­le­gen vor­zu­stel­len. Rebecca putz­te sich ein wei­te­res Mal die schweiß­nas­sen Hän­de an ih­rem Rock ab. Ihr Herz schlug noch im­mer bis zum An­schlag und eine hei­ße An­span­nung durch­flu­te­te sie.

      Nach drei an­stren­gen­den Stun­den en­de­te die ers­te Leh­rer­kon­fe­renz an der neu­en Schu­le und Rebecca konn­te nicht schnell ge­nug aus dem lau­ten Raum flüch­ten. Ihre Schul­ta­sche hing be­reits über der Schul­ter, als sich ihr der Kol­le­ge nä­her­te, der ihr in den Mor­gen­stun­den in der Aula mehr­fach sein Lä­cheln ge­schenkt hat­te. Bis­her war sie jeg­li­cher Kom­mu­ni­ka­ti­on aus dem Weg ge­gan­gen und hat­te nicht vor, heu­te und hier An­schluss zu fin­den. Da­für war schließ­lich das ge­sam­te Schul­jahr Zeit.

      »War­ten Sie kurz!«, rief er ihr nach und hol­te mit gro­ßen Schrit­ten auf, vor­bei an den Kol­le­gen, die eben­falls nach drau­ßen stürm­ten. Rebecca war­te­te, um nicht un­höf­lich zu er­schei­nen, hat­te aber kei­ne Lust auf Small­talk.

      »Ich bin Ro­bert Kan­ter, der Mit­tu­tor in Klas­se 12.« Er ent­blößte sei­ne Zäh­ne und streck­te ihr sei­ne Hand ent­ge­gen, die sich ver­schwitzt an­fühl­te.

      »Rebecca Pe­ters. Schön, Sie ken­nen­zu­ler­nen.«

      »Wir du­zen uns hier.«

      Sie nick­te.

      »Und wer ist noch Tu­tor bei den Zwöl­fern? Nur wir bei­de?«, woll­te Rebecca wis­sen.

      »Nein, Sa­bri­na. Aber sie war heu­te nicht da, sonst hät­te ich sie dir vor­ge­stellt.«

      Da er nichts sag­te, ent­stand eine un­an­ge­neh­me Pau­se. Ver­le­gen strich sich Ro­bert durch sein vol­les brau­nes Haar.

      »Und du un­ter­rich­test Deutsch für Ka­tha­ri­na?«

      »Frau Frit­sche? Ja. Aber nur we­ni­ge Stun­den. Bin ja bloß die Ver­tre­tung«, lach­te Rebecca, pein­lich be­rührt von ih­ren dümm­li­chen Wor­ten.

      »Was un­ter­rich­ten Sie? Äh du.«

      »Ma­the und Phy­sik.« Ir­gend­wie pass­te die­se Fä­cher­kom­bi­na­ti­on zu sei­nem Aus­se­hen, das leicht ab­ge­dreht wirk­te. In­zwi­schen stan­den sie na­he­zu al­lein vor der Tür zum Kon­fe­renz­zim­mer. Nur Mayer und ein paar Mit­glie­der der Schul­lei­tung wa­ren noch drin, um die Tech­nik ab­zu­bau­en.

      »Warst du schon im Leh­rer­zim­mer?«, frag­te Ro­bert und Rebecca nick­te aber­mals.

      Sie war dort, hat­te sich vor der Leh­rer­kon­fe­renz sämt­li­che Un­ter­la­gen ge­schnappt und sie in ihre Ta­sche ge­stopft. Ein­zig der Stun­den­plan in­ter­es­sier­te sie. Mit den frem­den Na­men auf den Kurs­lis­ten konn­te sie nichts an­fan­gen.

      »Gehst du jetzt es­sen?«, frag­te Ro­bert.

      »Ich ko­che zu Hau­se.« Auf aus­ufern­de Ge­sprä­che hat­te Rebecca kei­ne Lust. Der Schä­del brumm­te nach dem lan­gen Sit­zen, Zu­hö­ren und Mit­schrei­ben. Sie ver­schränk­te die Arme vor der Brust, weil sie nur noch eins woll­te: schleu­nigst heim.

      »Ich gehe zum Chi­ne­sen ne­be­n­an. Komm mit, wenn du magst. Dann kön­nen wir über die Schü­ler in dei­nem Kurs spre­chen.« Soll­te sie sein An­ge­bot ein­fach aus­schla­gen? War es un­höf­lich, jetzt »Nein« zu sa­gen?

      »Okay«, gab sie knapp zur Ant­wort.

      Rebecca häng­te ihre Ta­sche um und folg­te Ro­bert. Er hum­pel­te ein we­nig. Ihr war auch nicht ent­gan­gen, dass sein Ge­sicht nicht ganz eben­mä­ßig war. Beim Spre­chen hing ein Mund­win­kel von ihm leicht nach un­ten. Bei­nah so, als wäre eine Kör­per­par­tie ge­lähmt. Der ver­schro­be­ne Ge­sichts­aus­druck mach­te ihr ein we­nig Angst.

      Das China­re­stau­rant lag nur ein paar Me­ter von der Schu­le ent­fernt. Ob­wohl Ro­bert nicht si­cher lief, be­saß er einen schnel­len Gang. Rebecca hat­te Mühe, sei­nen ra­schen Schrit­ten zu fol­gen.

      »Wohnst du schon lan­ge hier?«, griff er das Ge­spräch auf, als sie sich dem Lo­kal nä­her­ten.

      »Seit drei Jah­ren.«

      »Hört man.« Ro­bert stier­te per­ma­nent beim Ge­hen auf sei­ne Füße, als be­fürch­te­te er, hin­zu­fal­len.

      »Wie­so?«

      »Dein Di­a­lekt klingt nicht un­be­dingt so, als wür­dest du schon im­mer hier le­ben.«

      Er muss­te ja nicht gleich am ers­ten Tag er­fah­ren, dass man ihre Hei­mat erst nach et­li­chen Au­to­stun­den er­reich­te.

      In­zwi­schen wa­ren sie am Re­stau­rant an­ge­kom­men. Ro­bert hielt ihr gent­le­m­an­like die Tür auf. Ein schwe­rer Bra­ten­ge­ruch durch­setz­te die Luft. Die Fens­ter lie­ßen nur we­nig Son­nen­licht in die Gast­stät­te, so­dass sie sti­ckig, dumpf und be­klem­mend wirk­te – wie eine her­un­ter­ge­kom­me­ne Spe­lun­ke.

      »Gu­ten Tag«, sag­te eine klei­ne, asia­tisch aus­se­hen­de Kell­ne­rin, die Rebecca und Ro­bert am Ein­gang der Gast­stät­te emp­fing. Auf dem Arm trug sie zwei, in ro­ten Samt ein­ge­bun­de­ne Spei­se­kar­ten. Die Be­die­nung ent­sprach ge­nau dem Kli­schee ei­ner Asia­tin mit ih­ren pech­schwa­r­zen, kur­z­en Haa­ren und dem auf­fal­lend rund­li­chen Ge­sicht.

      »Einen Tisch für zwei Per­so­nen«, or­der­te Ro­bert.

      »Möch­ten Sie drin­nen oder drau­ßen es­sen?«, frag­te die Kell­ne­rin mit fast me­lo­di­schem Klang.

      »Wol­len wir drau­ßen sit­zen?«, wand­te sich Ro­bert an Rebecca, die mit ei­nem Kopf­ni­cken be­jah­te.

      Die Be­die­nung voll­führ­te eine ein­la­den­de Hand­be­we­gung und ge­lei­te­te sie hin­aus ins Freie. Im Hin­ter­hof des Re­stau­rants wa­ren Ti­sche aus Me­tall auf­ge­stellt. Die Stüh­le be­sa­ßen einen ein­heit­li­chen Grau­ton, der we­nig ge­fäl­lig wirk­te. Im­mer­hin sorg­ten grü­ne Son­nen­schir­me und asia­ti­sche De­ko­ra­ti­on für den nö­ti­gen Char­me. Ir­gend­wo muss­ten sich Bam­bus­höl­zer be­fin­den, die ge­gen­ein­an­der schlu­gen und einen hoh­len Klang ver­brei­te­ten, der har­mo­nisch ins Ohr ging.

      Rebecca und Ro­bert er­hiel­ten einen schat­ti­gen Platz ne­ben ei­ner mit­tel­gro­ßen Bud­dha­s­ta­tue zu­ge­wie­sen. Das brei­te Lä­cheln zeig­te ex­akt auf Rebecca.

      »Du musst über sei­nen di­cken Bauch strei­cheln. Das bringt Glück«, flö­te­te Ro­bert, der ähn­lich breit grins­te wie die Skulp­tur.

      Rebecca zog bei­de Au­gen­brau­en nach oben. »Wer weiß, wer den schon al­les an­ge­fasst hat.«

      »Dann eben kein Glück«, sag­te Ro­bert. Sei­ne strah­len­den Zäh­ne bil­de­ten einen auf­fal­len­den Kon­trast du sei­nem schie­fen Mund. Rebecca ver­kniff sich, ihn auf sei­ne Läh­mungs­er­schei­nun­gen an­zu­spre­chen. So et­was ge­hör­te sich ih­rer Mei­nung