Feuerwehr - Challenge. Jürgen Ruhr

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Название Feuerwehr - Challenge
Автор произведения Jürgen Ruhr
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742770127



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Sie blickte mich von der Seite an und fügte hinzu: „Er spricht gerade mit einem Herrn Adriano Puddu.“

      „Ist das der Sänger, den Jonathan observiert hat?“, ließ sich Birgit vorlaut vernehmen. Jennifer nickte, während Christine sich erhob.

      „Ich besorge uns ein paar Becher und Kuchenteller. Für dich auch, Jonathan?“

      Ich überlegte, ob ich überhaupt einen Teller brauchte und nicht direkt einen der beiden mit dem Kuchen an mich heranziehen sollte. Auf jedem befanden sich vier Stücke und für Chrissi und Birgit dürften doch jeweils zwei genügen ...

      „Jonathan, bist du eingeschlafen?“ Christine riss mich aus meinen Gedanken. „Willst du nun auch einen Kaffeebecher oder lieber doch nicht?“

      „Natürlich will ich. Und vergiss die Kuchengabeln nicht ...“

      Während Chrissi den Raum verließ, zog ich den Teller mit dem Sahnekuchen zu mir heran. Jennifers strafenden Blick ignorierte ich, bis Birgit mich anfuhr: „Stell den Kuchen sofort wieder in die Mitte zurück, Jonathan. Andere wollen auch etwas davon abbekommen!“

      Ich nickte, doch dann kam mir ein Gedanke. Beim Anblick des Sahnekuchens musste ich unwillkürlich an den alten Herrn Weser denken, der sein Stück Kuchen bei einem Kaffeekränzchen in seiner Küche ‚gekennzeichnet‘ hatte. Mein Stück würde mir niemand streitig machen ...

      In echter Weser-Manier steckte ich den rechten Mittelfinger in ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte und hinterließ dort ein gut sichtbares Loch. Genüsslich leckte ich mir den Finger anschließend ab.

      „Iihh, Jonathan, du bist ein echtes Ferkel“, ließ sich Jennifer vernehmen und rasch zog sie den Teller von mir fort. „Wie kommst du bloß immer auf solche abartigen Ideen?“

      „Das habe ich von Herrn Weser“, gab ich beleidigt von mir. „Der kennzeichnet seinen Kuchen auch immer so ...“

      Jennifer schüttelte den Kopf. „Was Herr Weser macht, musst du doch nicht nachmachen. Ich denke, du kannst den Mann nicht leiden? Außerdem ist Weser doch wesentlich älter als du, da darf man schon einmal seine Marotten haben.“

      Aus den Augenwinkeln sah ich Christine, die in der Tür stand und uns stirnrunzelnd beobachtete. „Habe ich das jetzt richtig mitbekommen? Jonathan hat seinen Finger in das Stück Kuchen gesteckt?“

      „Ganz wie Herr Weser“, gab ich jetzt kleinlaut von mir. Die Idee mit der Kennzeichnung war wohl doch nicht so gut gewesen.

      Während Christine Becher, Kuchenteller und Gabeln verteilte, betrat Bernd mit ernster Miene den Raum. Er sah mich kurz an, meinte lapidar: „Jonathan, wir müssen uns später noch unterhalten“ und eilte zu seinem Platz am Kopf des Tisches. Jennifer schenkte ihm Kaffee ein und stellte die Kanne dann außerhalb meiner Reichweite auf den Tisch.

      Bernd nickte ihr dankbar zu und zeigte auf seinen Kuchenteller. „Kannst du mir das Stück Schwarzwälder darauf tun? Wieso hat das so ein Loch in der Mitte?“

      „Jonathan meinte, es kennzeichnen zu müssen“, ließ Birgit sich vernehmen und ich spürte, wie ich ein wenig rot im Gesicht wurde.

      „Kennzeichnen?“ Bernd betrachtete das Stück auf dem Teller vor sich. „Wie - kennzeichnen?“

      Wieder war es Birgit, die ihm antwortete: „Jonathan hat seinen Finger in den Kuchen gesteckt, um ihn für sich zu kennzeichnen.“

      Erneut sah mich Bernd an und sein Blick war wenig schmeichelhaft. „Was soll das denn, Jonathan? Ein Stück Kuchen kennzeichnen? Hast du Angst, nicht genug abzubekommen? Hier“, er schob mir den Teller hin. „Ich will dir ja nicht dein Stück wegessen.“

      „Also Bernd, das ... das ...“ Verlegen schwieg ich und blickte auf den Tisch vor mir, während sich der Teller mit dem Sahnestück in mein Sichtfeld schob.

      „Gut, kommen wir zum Grund unseres heutigen Meetings“, ließ sich mein Freund und Chef vernehmen, während Jennifer nun den gesamten Kuchen an Birgit, Christine und Bernd verteilte. Sollte mir wirklich nur dieses eine, ramponierte Stück bleiben? Und wo war meine Gabel? Vergeblich suchte ich nach der Kuchengabel.

      „Ich werde euch nicht lange aufhalten“, fuhr Bernd fort und ließ sich ein Stück Torte mit Karamellnüssen schmecken. Das war eigentlich das zweite Stück, das ich mir ausgesucht hatte ...

      „Es geht um die kommenden Ostertage und den Dienstag danach. Momentan haben wir hier nicht sonderlich viel zu tun - was auch den Feiertagen geschuldet ist - und so möchte ich die Gelegenheit für einige dringend notwendige Renovierungsarbeiten nutzen.“

      Ich stöhnte verhalten. Sollte ich nun vielleicht während der Feiertage mein Büro neu streichen? Bernd kam aber auf die merkwürdigsten Ideen ...

      „Das bedeutet, dass ich hier ab Morgen bis einschließlich Dienstag alles dicht machen werde, was für euch einem bezahlten Kurzurlaub entspricht.“

      Ich atmete auf. Doch keine Zusatzarbeit für mich, stattdessen ein Kurzurlaub. Wie die Mädels auch könnte ich mit meinem treuen Partner Bingo eine Reise antreten. In Gedanken ging ich die verschiedenen Ziele durch. Amerika strich ich allerdings von meiner Liste, da ich mit Bingo bei der Einreise Probleme haben dürfte.

      „Jonathan - Jonathan?“, vernahm ich Bernds Stimme und blickte auf. „Hörst du überhaupt noch zu. Und warum isst du deinen Kuchen nicht?“

      „Ich höre zu und ich habe keine Gabel.“

      Birgit hielt mir eine Kuchengabel quer über den Tisch hin. „Hier nimm die.“ Überall klebten Sahnereste daran.

      „Ist die gebraucht?“

      Birgit nickte. „Passt doch irgendwie zu deinem Kuchen ...“

      „Also, Jonathan, wovon sprach ich zuletzt?“, meldete Bernd sich wieder zu Wort.

      Ich überlegte. „Vom Kurzurlaub?“ gab ich leise von mir und merkte, wie Chrissi und Birgit grinsten.

      „Nein, Jonathan. Ich sprach von dem Mittwoch nach eurem Urlaub. Aber für dich wiederhole ich mich gerne noch einmal: Ich möchte, dass ihr alle pünktlich um acht Uhr im Krav Maga Studio seid. Wir halten auf dem Parkplatz eine Feuerwehrübung ab, dazu wird extra ein Feuerwehrmann der Wache in Rheydt zu uns kommen. Es geht um Brandschutz und Brandbekämpfung. Und ich möchte nicht, dass jemand von euch unpünktlich ist.“

      Aus einem Reflex heraus - und weil ich mich auf den Urlaub mit Bingo so freute - sprang ich auf, legte die rechte Hand zum Gruß an die Stirn und gab mit fester Stimme von mir: „Qui mon Feuerwehrgeneral.“ Dann wurde mir von der plötzlichen Bewegung ein wenig schwindelig und ich stützte mich mit der Hand auf dem Tisch auf. Dummerweise fasste ich dabei genau in meinen Sahnekuchen.

      Nahezu gleichzeitig schüttelten Bernd, Chrissi, Jennifer und Birgit ihre Köpfe.

      V.

      Direkt nachdem Bernd das Meeting als beendet erklärt hatte, stürmte ich in mein Büro zurück. Jetzt galt es, möglichst schnell ein Zimmer zu buchen, damit Bingo und ich unseren Kurzurlaub genießen konnten.

      Natürlich nahm ich das ramponierte Stück Sahnekuchen mit.

      „Jonathan, wo willst du so schnell hin? Wir woll...“, hörte ich Bernd noch sagen, doch dann war ich schon durch die Tür. Was immer Bernd noch von mir wollte, würde warten müssen.

      Ich stellte das Stück Kuchen vor mich auf den Schreibtisch und mir lief das Wasser im Mund zusammen. Gut, das Loch oben in der Mitte und der zermatschte vordere Teil störten den leckeren Anblick ein wenig, doch wie sich gezeigt hatte, war meine Kennzeichnung sinnvoll gewesen. Von dem alten Weser konnte man wirklich noch etwas lernen.

      In den Schreibtischschubladen suchte ich nach einer Gabel oder einem Löffel, fand aber nichts dergleichen. Ich würde also noch in unsere kleine Kaffeeküche gehen müssen, um mir Besteck zu besorgen. Andererseits sollte ich so schnell wie möglich ein Zimmer buchen, denn mir