Feuerwehr - Challenge. Jürgen Ruhr

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Название Feuerwehr - Challenge
Автор произведения Jürgen Ruhr
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742770127



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setzen müssen.

      Doch dann kam mir ein wundervoller Gedanke, eine richtige Jonathan Lärpers Idee, wie ich um eine Entscheidung herumkam.

      In dem Moment, als ich mit der rechten Hand die Nummer ins Telefon tippte und mir mit der linken Hand das Kuchenstück in den Mund stopfte, betrat Bernd mein Büro.

      Er blieb im Türrahmen stehen und sah mich verwundert an. „Das glaube ich jetzt nicht“, stöhnte mein Freund und Chef. „Erst bohrst du ein Loch in das Kuchenstück und dann schlingst du es mit bloßen Fingern herunter? Hast du das auch von Weser?“

      Ich schüttelte den Kopf und kaute ein wenig schneller, um meinem Freund Rede und Antwort zu stehen. Dabei verschluckte ich mich allerdings und etwas von dem Sahnekuchen landete wieder auf meinem Schreibtisch.

      Aus dem Telefonhörer drang eine Stimme, die irgendetwas auf Holländisch sagte und als ich nicht antworten konnte, unwillig die Verbindung unterbrach. Ich legte den Hörer aus der Hand und suchte nach einem Papiertaschentuch, um die Sahne abzuwischen.

      Bernd sah mir derweilen kopfschüttelnd zu.

      „Ich hatte doch keine Gabel ...“, konnte ich schließlich erklären und nahm dankbar das angebotene Taschentuch.

      „Wenn du möchtest, dann hole ich dir eine aus der Küche“, meinte Bernd ernst.

      „Danke, das ist sehr lieb von dir, doch jetzt ist das Stück ja gegessen.“ Ich überlegte, ob - falls Bernd wirklich in die Kaffeeküche gehen sollte - er mir nicht direkt einen Kaffee mitbringen sollte, doch er schüttelte lediglich tadeln den Kopf.

      „Jonathan, es gibt da ein paar Dinge, die du unbedingt ändern solltest“, meinte er streng. „Dazu gehören natürlich deine Essmanieren und diese dämlichen Angewohnheiten, die du dir bei Herrn Weser abgeguckt hast. Aber deswegen wollte ich nicht mit dir sprechen.“

      Ich atmete erleichtert auf und überlegte, worauf Bernd hinauswollte. Vielleicht plante er ja einen ‚Männerurlaub‘, so wie die Frauen ihren Mädelsurlaub. Ich lächelte meinen Freund selig an.

      „Und gewöhn dir bitte dieses dämliche Grinsen ab, das ist ja kaum zum Aushalten. Ich muss mit dir wegen deines Auftrages sprechen. Adriano Puddu, auch Adrio Pu. Du erinnerst dich doch an den Sänger?“

      Ich nickte. Also doch kein ‚Männerurlaub‘ ...

      „Es hat massive Beschwerden wegen deines Verhaltens gegeben, Jonathan. Du musst solche diffizilen Aufträge mit mehr Fingerspitzengefühl handhaben. Solche Aktionen, wie du sie in dem Supermarkt abgezogen hast, schaden unserem Image. Ich habe die Sache nur mit einiger Mühe wieder geradebiegen können.“

      Ich unterdrückte ein Lächeln. Ja, mein Chef stand in jeder Hinsicht hinter uns und hielt uns auch bei den schwierigsten Aufträgen den Rücken frei. Während ich die Sahne von meinem Schreibtisch wischte, blickte ich Bernd treuherzig an.

      „Danke, das werde ich dir nie vergessen.“

      „Das wirst du auch nicht, Jonathan.“

      Jetzt blickte ich meinen Freund irritiert an. „Was meinst du damit, Bernd? Ich habe mich bei dem Mann doch schon entschuldigt.“

      Er nickte. „Um die Sache aus der Welt zu schaffen, musste ich Adrio Pu allerdings für ein kleines Privatkonzert engagieren. Sonntag in einer Woche wird das drüben im Atrium des Krav Maga Studios stattfinden. Um neunzehn Uhr. Und die Kosten dieser ganzen Sache trägst du.“

      Bevor ich noch etwas erwidern konnte, verließ Bernd mein Büro.

      Ein Konzert mit diesem unsäglichen Schnulzensänger? Und dann auch noch auf meine Kosten? Mir schossen zahlreiche Ideen durch den Kopf, wie ich mich der Sache würde entziehen können, doch dann verdrängte der Gedanke an meinen bevorstehenden Kurzurlaub das Schnulzenkonzert. Bis dahin verging noch über eine Woche. Eine Woche, in der ich mir gute und glaubwürdige Ausreden einfallen lassen konnte.

      Jetzt galt es erst einmal, ein Zimmer zu buchen.

      Vergangenes Jahr reiste ich im Rahmen meiner Ermittlungen bezüglich eines korrupten Anwalts in das schöne Städtchen Ockenburgh an der holländischen Küste und dort würde ich mit Bingo nun wieder hinreisen. Dem Malinois - und auch mir - hatte es damals am Meer sehr gut gefallen.

      Keinen Gedanken an den Schnulzensänger mit seinem Schnulzenkonzert verschwendend, drückte ich die Wahlwiederholung auf meinem Telefon. Schon beim zweiten Klingeln meldete sich eine Frauenstimme, die etwas auf Holländisch sagte, das ich nicht verstand.

      „Ja, guten Tag. Hier spricht Jonathan Lärpers aus Deutschland.“ Ich verzichtete darauf, meine wenigen Sprachkenntnisse in Niederländisch anzuwenden, da ich wusste, dass die Angestellten dort an der Rezeption auch perfekt Deutsch sprachen. „Ich möchte bei ihnen ein Zimmer buchen. Eine Person mit Hund. Anreise morgen, Abreise am Dienstag.“

      So einfach war das.

      „Das tut mir leid, mein Herr. Wir sind über die Feiertage restlos ausgebucht. Ich könnte ihnen aber ein Zimmer für das Wochenende danach reservieren.“

      So einfach war das leider doch nicht.

      „Nein, nein. Es muss schon dieses Wochenende sein. Haben sie denn wirklich nichts mehr frei? Ein winziges Zimmerchen würde mir schon genügen.“

      Im Geiste sah ich, wie die Frau den Kopf schüttelte. „Leider ist nichts mehr zu machen. Da hätten sie schon etwas früher reservieren müssen ...“

      „Können sie mir denn sagen, wo in der Gegend noch etwas frei ist? Ich bin mit allem zufrieden, Hauptsache es liegt nicht zu weit vom Meer entfernt.“ Ein Jonathan Lärpers gab nicht so schnell auf.

      „Auch da kann ich ihnen nicht helfen“, zerstörte die Dame meine letzte Hoffnung. „Hier in der Gegend ist alles ausgebucht. Selbst auf den Campingplätzen gibt es keine Übernachtungsmöglichkeiten mehr.“ Im Hintergrund ließen sich Stimmen und Kinderlachen vernehmen. „Ich muss jetzt wieder an die Arbeit. Viel Glück bei ihrer Suche. Tot ziens.“ Die Dame legte auf.

      Seufzend ließ ich den Hörer auf die Gabel fallen und überlegte, wie ich weiter vorgehen könnte.

      Dass Bingo und ich an die Küste fahren würden, stand für mich unverrückbar fest. Ein Jonathan Lärpers lässt sich so schnell nicht unterkriegen. Ich rief auf meinem Computer die Karte von Holland auf und ging die verschiedenen Orte durch, die für mich in Frage kämen. Wir beide mussten über die Feiertage einfach gesunde Seeluft schnuppern, davon ließ ich mich nicht abbringen.

      Ausgehend von meinem ursprünglichen Ziel Ockenburgh wanderte ich auf der Karte in nördlicher Richtung an der Küste entlang. Den Haag übersprang ich geflissentlich, dort befand sich vermutlich zu viel Industrie. Und Bingo, sowie sein Herrchen sollten nur die gesündeste Seeluft schnuppern.

      Ein Mann und sein Hund halt ...

      „Wir finden noch etwas“, sprach ich zu dem Hund und beugte mich zu ihm herab, um Bingo den Kopf zu tätscheln. Doch da lag kein Tier; der Malinois war vermutlich bei den Frauen im Planungsraum geblieben und ließ sich von denen wieder einmal nach Strich und Faden verwöhnen.

      Ein Mann und sein untreuer Hund halt ...

      „Das mache ich doch alles nur für dich“, murmelte ich mehr zu mir selbst, als zu dem nicht anwesenden Malinois. Dann suchte ich Adressen und Rufnummern von Hotels und Pensionen heraus und wählte eine Nummer nach der anderen.

      Und erhielt eine Absage nach der anderen.

      Es schien, als würde die halbe Welt über die Ostertage in Urlaub fahren - und alle hatten früh genug gebucht. Ich wanderte auf der Karte an der Küste entlang und bewegte mich immer weiter in nördlicher Richtung fort. Irgendwo musste es doch einen freien Platz geben.

      Ein einziges kleines Zimmer, mehr wollte ich doch nicht ...

      Plötzlich befand ich mich in Deutschland. Aber Nordsee war Nordsee und wenn in Holland kein Zimmer mehr frei war, dann hatte ich ja vielleicht in Deutschland mehr Glück. Vorbei an der Stadt Norden hielt ich