Feuerwehr - Challenge. Jürgen Ruhr

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Название Feuerwehr - Challenge
Автор произведения Jürgen Ruhr
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742770127



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und reichlich Mayonnaise. Mir lief jetzt schon wieder das Wasser im Mund zusammen, wenn ich nur daran dachte. Oder das Schaschlik ‚Eiffelturm‘, dass Erwin direkt nach meiner Rückkehr aus Frankreich kreierte und bei dem der Spieß in der Pappschale senkrecht steckte. Leider hatte er das Problem mit der durch das Loch im Boden herauslaufenden Soße noch nicht lösen können, doch ich war zuversichtlich, dass dieses Genie von Imbissbesitzer auch das Problem früher oder später in den Griff bekommen würde.

      Ich sah mir das Mehrfamilienhaus genauer an und stellte fest, dass hier zur Straßenseite wohl die Küchenräume lagen. Sollten die Wohnungen über rückwärtige Balkone verfügen, könnte ich vielleicht ins Wohnzimmer blicken oder sogar in die Wohnung gelangen. Ich malte mir aus, wie ich das Liebespaar in flagranti im Schlafzimmer fotografieren würde und dann unbemerkt wieder entkam. Frau Puddu dürfte mit der Leistung unserer Privatdetektei mehr als zufrieden sein.

      Auf die Rückseite des freistehenden Wohnblocks zu gelangen war ein Kinderspiel. Weder Zäune, noch Mauern versperrten mir den Weg und erneut schlich sich mir ein breites Grinsen ins Gesicht, als ich die Balkone entdeckte. Rasch blickte ich mich um, konnte aber niemanden entdecken, der mich beobachtete. Zu dieser frühen Stunde war hier alles ruhig und die Bewohner lagen vermutlich noch in ihren Betten. So wie meine Zielperson bestimmt auch schon wieder.

      Nach einem weiteren Kontrollblick zog ich mich am Balkongeländer hoch und ging vor dem Wohnzimmerfenster direkt in die Hocke. Langsam und vorsichtig richtete ich mich auf und blickte durch das Fenster. Tatsächlich handelte es sich um ein Wohnzimmer, eingerichtet im Stil der fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Die Möbel, die ich sehen konnte, waren durchweg alt und abgenutzt, verströmten allerdings ein gewisses Flair.

      Mein Blick wanderte zu den beiden Personen auf dem abgenutzten Sofa, die sich händchenhaltend unterhielten.

      „Bingo“, jauchzte ich leise. „Das ist ja ein Volltreffer!“

      Allerdings hatte die Situation etwas Unwirkliches an sich. Die Frau, die da in einem grauen Kleid neben Puddu saß und ihn anlächelte, musste nach meiner Schätzung gut und gerne die Achtzig überschritten haben. Ich schüttelte den Kopf. Ein fast sechzig Jahre alter Mann ließ sich auf eine Liebesbeziehung mit einer Achtzigjährigen ein!

      Was es nicht alles gab.

      Ich zückte mein Handy, vergewisserte mich, dass die Blitzfunktion abgeschaltet war und schoss durch das Wohnzimmerfenster ein paar Beweisfotos.

      Dann durchzuckte mich ein Gedanke: Was wäre, wenn der abgehalfterte Schnulzensänger in Wirklichkeit nicht der Liebhaber der alten Dame wäre, sondern ein Betrüger, der sich hier durch den ‚Enkeltrick‘ seinen Lebensunterhalt zusammengaunerte?

      Vielleicht war Jonathan Lärpers ja hier einer ganz dicken Sache auf der Spur ...

      Genau in dem Moment, als ich noch ein paar weitere Fotos schoss, fiel Puddus Blick zufällig auf mich. Wütend schob er die Hand der alten Frau zur Seite, sagte ein paar Worte und sprang auf.

      Mit einem Satz war ich vom Balkon herunter und verschwand um die Hausecke herum. Das war knapp gewesen!

      Zurück in meinem Wagen fiel mir sofort auf, dass die Brötchentüte vom Beifahrersitz verschwunden war. Da ich den Wagen fest verschlossen hatte, kam als Dieb nur einer in Frage: Mein auf dem Rücksitz schlafender Freund. Und wirklich fand ich die leere Tüte hinter dem Beifahrersitz auf dem Boden. „Das werde ich nicht vergessen, Bingo“, knurrte ich. „Du kannst von Glück sagen, dass ich jetzt keine Zeit habe, mich darum zu kümmern. Aber denke nicht, dass du mir so davonkommen wirst.“

      Doch jetzt galt es erst einmal, von hier zu verschwinden. Ich wusste ja nicht, ob Puddu die Polizei rief oder nach mir suchte. Meine Beweise hatte ich und damit war der Auftrag an sich erledigt.

      In dem Moment, als ich den Motor meines Kias startete, trat der Sänger zusammen mit der alten Frau aus dem Haus. Die zwei gingen ohne zu zögern zu seinem Wagen. Immer noch den Gedanken an den Enkeltrick im Kopf, verwarf ich meine Fluchtpläne. Was hatte Puddu mit der Frau vor? Als die beiden davonfuhren, folgte ich ihnen in einigem Abstand.

      Die Fahrt dauerte nicht lange und führte schnurstracks zur nächstgelegenen Filiale der Stadtsparkasse Mönchengladbach.

      Meine Detektivspürnase lag also richtig: Puddu wandte hier den Enkeltrick an und würde die gute Frau jetzt um ihre Ersparnisse erleichtern!

      In Gedanken klopfte ich mir auf die Schulter.

      Den Kia parkte ich an einer Stelle, von der ich Puddus Wagen ständig im Blick hatte. Von wegen angesehener Schnulzensänger! Ich hatte in Wirklichkeit einen reinrassigen Ganoven vor mir, dem ich hier und jetzt das Handwerk legen würde. Ich zog mein Handy hervor und tippte die Notrufnummer der Polizei ein. Doch Sekunden später unterbrach ich das Gespräch wieder, denn jetzt verließ Puddu mit der Frau die Sparkassenfiliale. Der alte Gauner lachte und hielt die Oma fest am Arm. Ich hatte regelrecht den Eindruck, als würde er sie mit sich schleifen.

      Was folgte nun? Wollte Adriano Puddu sein Opfer beseitigen, damit keine Spuren zurückblieben? Würde sein nächster Weg ihn und die Frau zu einem Fluss, See oder vielleicht alten Steinbruch führen, wo er sie endgültig zum Schweigen bringen dürfte?

      Schon setzte sich der Seat in Bewegung und um ein Haar wäre mir Puddu sogar entkommen. Mit quietschenden Reifen schoss ich auf die Straße zurück und hinter dem Trickbetrüger her. Jetzt war es an mir, der alten Frau das Leben zu retten.

      Bingo knurrte unwillig, als er durch mein Fahrmanöver in seinem Schönheitsschlaf gestört wurde. „Es wird Zeit aufzuwachen, mein Freund“, informierte ich den Malinois. „Auf uns kommt jede Menge Arbeit zu!“ Im Rückspiegel sah ich, wie Bingo herzhaft gähnte und anschließend desinteressiert aus dem Fenster sah. Ich überholte einen Linienbus ziemlich gewagt und scherte Millimeter vor ihm wieder ein. Keine Sekunde zu früh, denn wütend hupend rauschte ein Wagen in der Gegenrichtung an mir vorbei. Jetzt hupte auch der Busfahrer wie wild und machte unanständige Zeichen am Steuer, die ich aber ignorierte. Ich hielt Puddu fest im Blick und musste die Geschwindigkeit plötzlich verringern, als der Seat auf den Parkplatz eines Diskounters einbog. Hinter mir quietschten die Reifen des Busses über den Asphalt und das Hupen steigerte sich zu einem wilden Stakkato.

      Dank der Handbremse brachte ich eine fast neunzig Grad Wende zustande und jagte rumpelnd ebenfalls auf den Parkplatz des Discounters. Millimeter vor einem Unterstand mit Einkaufswagen kam ich schließlich zum Stehen. Eine Frau sprang entsetzt zur Seite und stürmte dann laut fluchend in den Markt. Ich setzte meinen Wagen schnell zurück und verschwand in einer Parklücke zwischen zwei SUV, so dass Puddu mich nicht entdecken konnte. Zusätzlich rutschte ich hinter dem Lenkrad ein wenig nach unten.

      Als Privatdetektiv und Personenschützer kannte ich schließlich alle Tricks, um unerkannt und unentdeckt zu bleiben.

      In diesem Moment wurde ein Brief durch den Fensterschlitz auf meiner Seite geworfen. Ein junger Mann entfernte sich grinsend. Wieder einmal spielte ich mit dem Gedanken, dieses postgelbe, scheußliche Auto, in das irgendwelche Spaßvögel andauernd Briefe warfen, zu verkaufen und mir etwas Anständiges zu gönnen. Doch leider waren meine Versuche mit einem passenden Sportwagen gescheitert und bei dem Autohändler hatte ich Hausverbot, seitdem ich mit dem Porsche durch die Glasfront des Gebäudes gerauscht war.

      Aus meiner - zugegebenermaßen genial - getarnten Position beobachtete ich, wie Puddu die alte Frau in das Geschäft führte. Was hatte der Mann jetzt vor? Musste die Oma vielleicht ihr letztes bisschen Bargeld opfern, damit der Dicke sich mit Lebensmitteln versorgen konnte? Es gab nur eine Art und Weise das herauszufinden: Ich musste mich persönlich in das Geschäft begeben und die zwei beobachten. „Du wartest hier, Bingo“, wies ich den Hund an und verschloss das Auto sorgfältig.

      Mit einem Einkaufswagen bewaffnet, betrat ich schließlich den Discounter.

      Zunächst konnte ich den Schnulzensänger und die alte Frau nirgends entdecken und, um nicht aufzufallen, füllte ich einige Sachen in den Wagen, die mir gerade in die Hände fielen. Dann endlich sah ich die Frau, wie sie mit ratlosem Gesicht vor einem Regal mit Nudeln stand. Puddu trat an ihre Seite und hielt eine Packung Spaghetti hoch. Die