RoadMovie. Hans-Joachim Mundschau

Читать онлайн.
Название RoadMovie
Автор произведения Hans-Joachim Mundschau
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783844253122



Скачать книгу

und einen Schlafanzug vom Haus bringen. Sie haben ja kein Gepäck dabei. Darf ich hineinkommen?“

      Ich war völlig überrumpelt.

      „Ja, ja … natürlich“, stammelte ich. Ich ließ sie herein.

      „Sie haben’s aber dunkel.“

      Sie hängte den Bademantel auf einen Kleiderbügel im Schrank. Den Schlafanzug legte sie aufs Bett.

      „Der Champagner geht übrigens auch aufs Haus. Unsere Chefin hatte gestern Geburtstag.“

      „Ähm, so was hab’ ich mir gedacht. Arbeiten Sie eigentlich immer so lange?“

      „Nein, nur heute, weil noch ein paar neue Gäste gekommen sind.“

      Sie hatte sich auf das Bett gesetzt. Dabei hatte ihr schwarzer Wickelrock ihre Knie und einen Teil ihrer Oberschenkel freigegeben. Sie bemerkte meinen Blick, machte aber keine Anstalten, ihren Rock zu ordnen. Sie strich sich mit der Zunge über die Oberlippe und betrachtete mich. Ich wurde verlegen und fragte sie, ob sie auch ein Glas Champagner wolle.

      „Gerne“, sagte sie und schenkte mir ein weiteres Lächeln. Sie strich sich ihre mittellangen blonden, etwas wuscheligen Haare mit der linken Hand zurecht und lehnte sich zurück, um mich beim Einschenken zu beobachten. Meine Hand zitterte, als ich die Gläser füllte.

      „Sie sehen müde aus“, sagte sie.

      „Ich hatte einen ziemlichen langen und anstrengenden Tag“, antwortete ich.

      „Haben Sie Ärger bei der Arbeit gehabt?“

      „Ich habe immer Ärger bei der Arbeit, aber das ist es nicht. Ich muss über vieles nachdenken.“

      „Beziehungsprobleme?“

      „Ja, auch das, und Probleme mit mir selber.“

      „So etwas habe ich mir gedacht, als ich Sie heute Abend so allein am Tisch gesehen habe. Sie haben auch viel und sehr schnell getrunken. Und Sie haben auch niemanden angerufen, als Sie sich entschlossen hatten, hier zu übernachten.“

      „Sie beobachten Ihre Gäste sehr genau“, sagte ich ein wenig irritiert.

      „Nicht alle, nur wenn sie mich interessieren. Die meisten sind mir völlig gleichgültig.“

      „Und ich interessiere Sie? Wollen Sie mit mir schlafen?“

      „Das wäre nicht die schlechteste Variante“, grinste sie, „aber so weit sind wir noch nicht.“

      Sie nahm eines der Gläser und prostete mir zu. „Ich heiße übrigens Gesine.“

      „Peter“, sagte ich und nahm einen tiefen Schluck. „Wir lassen das Brüderschaft-Trinken weg, mir ist heute nicht danach“, setzte ich hinzu und leerte mein Glas. „Sie haben mich in einem denkbar schlechten Augenblick erwischt, ich habe gegenwärtig wenig mit Frauen am Hut.“

      „So etwas habe ich mir auch gedacht, aber ich glaube nicht, dass Sie schwul sind.“

      Wir mussten beide lachen. Ich schenkte den Rest der Flasche aus, und wir stießen an.

      Ich spürte schon wieder den Alkohol, jetzt aber eher angenehm. Ich bot ihr eine Zigarette an. Als ich ihr Feuer gab, hielt sie einen Moment meine Hand. Wir rauchten eine Weile schweigend. Ich fühlte mich erschöpft und wollte sie loswerden. Allerdings hatte ich keine Idee, wie ich das schaffen sollte, ohne sie vor den Kopf zu stoßen. Und das wollte ich auf keinen Fall. Sie war mir sehr sympathisch. Ich fand sie auch sexuell attraktiv.

      Ich rauchte schneller als sie, warf meine Kippe in die leere Champagnerflasche und trat an das kleine Fenster. Es war sehr dunkel in Butzbach, soweit ich das sehen konnte. Es hatte angefangen zu regnen. Der Straßenbelag glitzerte nass, wo sich der Laternenschein spiegelte.

      „Ich werde jetzt auch ins Bett gehen“, hörte ich sie hinter mir sagen. Und: „Sie sollten auch schlafen. Wenn Sie Zeit und Lust haben, können wir morgen noch einmal sprechen. Ich habe morgen frei.“

      Ich drehte mich um und sagte abwesend: „Wie? Ja, bitte gern, und vielen Dank noch für den Schlafanzug.“

      „Tschüs“, lächelte sie und ging.

      Ich legte mich wie ich war aufs Bett, konnte noch die Krawatte öffnen und schlief sofort wie ein Stein.

      ich bin im zug nach istanbul das schlafwagenabteil sieht aus wie die unterkunft in einer kaserne mir gegenüber liegt eine schwarzhaarige frau im unteren bett stehe noch einmal auf stoße ihr glas mit gelblicher flüssigkeit um sie sagt das ist schlimm ist das arznei nein ich gehe zum klo um lappen zu holen als ich das klo verlasse gehe ich in die falsche richtung sehe ende des zuges will wieder in andere richtung da sind nur noch ein oder zwei wagen steige aus sehe auf dem gegenüberliegenden gleis einen zug abfahren von hinter mir kommt plötzlich mein schulfreund eppstein gerannt will noch auf den zug aufspringen versuche es auch schaffen es beide nicht sind im hauptbahnhof münchen verlassen das bahnhofsgebäude kommen auf eine wiese an deren ende ein prächtiges gelbes schloss suchen die auskunft müssen zurück ins gebäude im warteraum finden wir einen würstchenverkäufer der gleichzeitig die fragen der reisenden beantwortet gibt keinen zug mehr nach salzburg erst morgen wieder sagt er stelle fest dass ich meinen geldbeutel dabei habe kaufe uns zwei große riegel streuselkuchen im aussehen ähnlich einer zwei-mann-blattsäge laufen los sprechen darüber ob wir in münchen jemand kennen mir fällt heide maroni ein traue mich nicht sie anzurufen eppstein verwandelt sich in schulfreund güstrow der hat sagt er eine amerikanische freundin die nell heißt versuchen in der nächsten telefonzelle ihre nummer über die auskunft zu bekommen hörer links oben am kabel ist zerbrochen müssen 25 pfennige einwerfen ich nehme ab gespräch ist da kann nichts hören weil der hörer kaputt ist nächster aufenthalt bei einem kleinen unbewohnten haus sieht aus wie gastwirtschaft wollen etwas kaufen aber niemand da auch kein telefon sind plötzlich zu dritt klaus aus einem fortbildungskurs zeigt mir bilder von leuten die ich aus verschiedenen kursen kenne macht mich auf eine frau mit einem doppelnamen aufmerksam die ich nicht ausstehen kann die er sehr mag wir trampen nach salzburg packen uns einige lebensmittel und getränke ein einer schaut in einem wandregal nach zigaretten für mich nichts dabei gibt nur r8 und r16 sind whiskey-zigaretten verlassen das haus begegnen einer alten frau weiß schon von ihren problemen kann aber nichts für sie tun wir müssen die chefin fragen sie führt uns zu einem haus wir sehen durch ein fenster in eine küche sehen wie eine nackte dicke frau in riesigen ölbehältern pfannkuchen schnitzel und fische brät ich sage das ist doch gefährlich wenn da jemand hineinfällt wir wollten nicht stehlen es war niemand da sage ich übernachten in einem zelt am isarufer wohngebiet in der nähe dunkelheit und scheinwerfer am himmel luftangriff von einmotorigen maschinen drehen loopings am himmel werfen kleine schwarze kugeln ab explodieren sobald sie den boden berühren habe das gefühl treffen absichtlich keine menschen um das zelt läuft ein mann mit einer grünen gärtnerschürze sammelt kugeln ein wir schauen durch einen schlitz in der zeltwand er tut so als werfe er eine der kugeln durch den schlitz ins zelt dann lacht er freundlich und sagt er dürfe das nicht über uns tiefblauer himmel

      Ich fand mich nach dem Aufwachen nur langsam zurecht, erinnerte mich an die Lampe an der Decke, schmeckte den schlechten Geschmack in meinem Mund und hatte ein schlechtes Gewissen. Ich hatte mich bei niemandem gemeldet, hatte mein Büro nicht benachrichtigt. Und dann fühlte ich eine diebische Freude. Ich hatte mich verpisst. Einfach abgetaucht war ich. Mir fiel Gesine ein, wunderte mich nun doch, dass sie so spät noch auf mein Zimmer gekommen war. Was hatte sie noch gesagt, bevor sie ging? Sie habe heute frei, und wenn ich wollte, könnten wir sprechen. Klang mir jetzt alles erst einmal zu kompliziert. Ich hatte Durst und Lust auf einen doppelten Espresso und Rühreier mit Schinken.

      Aber zuallererst brauchte ich eine Dusche. Ich erhob mich so dynamisch es mir möglich war und sah das Waschbecken. Gab ja keine Dusche. Ich hängte meinen Kopf unter den Wasserhahn und ließ mir kaltes Wasser darüber laufen. Das machte mich vollends