Seltsame Vorfälle. Elisa Scheer

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Название Seltsame Vorfälle
Автор произведения Elisa Scheer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754924525



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er hat ein Haus in Leiching, da müsste man mal hinschauen. Sollten wir eh mal, wenn er wieder richtig klar ist, mit einem Team, vielleicht gibt´s da Unterlagen…? Leiching ist teuer und sogar, wenn die Hütte abbruchreif ist – die Grundstücke dort sind auf jeden Fall groß. Tausend Quadratmeter oder so. Das sind schon ein bis zwei Millionen, denke ich. Ansonsten – seine geschäftlichen Einkünfte sind laut Finanzamt nicht mehr so toll, er hat wohl kein rechtes Händchen mehr für Qualität. Er muss seiner Ex nichts mehr zahlen, weil sie ja wieder verheiratet ist – Geldanlagen müssten wir bei der Bank eruieren. Bankverbindung laut Steuererklärungen ist die Stadtsparkasse.“

      „Danke. Weißt du, was mir gerade eben eingefallen ist? Den Asmannsperger könnten wir uns auch mal anschauen.“

      „Der dieses Geschmier produziert hat? Warum jetzt den?“

      „Naja, jetzt ist er sozusagen in aller Munde – wenigstens in der Kunstszene…“ Maggie grinste Ben abwartend an.

      „Hui! Dann glauben alle, die Bilder taugen etwas? Kühne Theorie – aber immerhin. Schreib´s an die Tafel. Aber ob wirklich deshalb die Preise steigen? Die Leute müssen das Zeug doch bloß sehen?“

      „Komm, wer gibt schon zu, dass ihm ein Bild nichts sagt! Wenn das Zeug so begehrt wirkt, kann man es später ja vielleicht zu einem höheren Preis wieder verkaufen?“

      „Mag sein. Ich hab mich mal über ein Bild von Jackson Pollock gewundert – sah aus wie ein altes Laken, das man beim Streichen untergelegt haben könnte. Kostet aber bestimmt Millionen. Deine Theorie beginnt mir zu gefallen…“

      „Dann haben wir jetzt (a) Überfall durch Kunstidioten, (b) Intrigen in der Familie und (c) Der Maler will Publicity. Sonst noch was?“

      „Das Haus soll generalsaniert werden und die Galerie muss dafür raus?“, schlug Ben vor. Maggie nickte billigend. „Aber dann hat er doch wohl schon mal Post vom Hausbesitzer bekommen? Von wegen Sanierung und Mieterhöhung bzw. Bitte ausziehen, sonst gehen Ihre Bilder kaputt? Da müssten wir den Enkofer mal fragen…“

      „Wenn er etwas besser beieinander ist. Was ist denn mit der Frau von der Staatsanwaltschaft? Ich meine – kurzer Dienstweg?“

      „Schlagen wir Max nachher vor.“

      o

      Max hatte in der KTU nicht viel Neues erfahren – die Projektile passten immer noch zu keiner polizeibekannten Waffe, Fingerabdrücke gab es zwar, aber sehr vereinzelt, abgesehen von denen, die man wohl Enkofer zuordnen konnte. Außerdem jede Menge Spuren an den Wänden, aber eben nur Spuren von behandschuhten Händen… Das war wahrscheinlich beim Abnehmen der Bilder geschehen.

      Neben der Galerie Enkofer war das Fine Arts.

      „Asmannsperger?“, wiederholte der etwas schnöselige Inhaber leicht befremdet, „Asmannsperger? Hm. Nie gehört – oder?“

      „Das habe ich eigentlich Sie gefragt“, merkte Max betont sanft an.

      „Ja, also – nein. Hab ich wirklich noch nie gehört… vielleicht ein neues Talent?“

      „Möglich.“ Max hatte einen der Flyer dabei und zeigte ihn dem Galeristen. Der nahm ihn mit spitzen Fingern und warf einen Blick darauf, dann erschauerte er theatralisch: „Allmächtiger! Das hatte der alte Enkofer im Angebot? Hat er schon etwas verkauft?“

      Max zuckte die Achseln.

      „Ich glaub´s ja nicht. Neues Talent trifft es da nicht unbedingt. Neu mag er ja sein, aber ich erkenne eher eklatante Talentlosigkeit. Enkofer hatte immer ein Händchen für interessanten Nachwuchs – aber in letzter Zeit scheint ihn sein Glück verlassen zu haben. Armer Mann. Naja, er ist auch schon recht alt, nicht wahr? Wie geht´s ihm denn?“

      „Den Umständen entsprechend“, wich Max aus. „Haben Sie an diesem Tag etwas Auffälliges bemerkt?“

      „Das war… vor drei Tagen?“

      Max stimmte zu.

      „Ein Montag, nicht wahr? Montag ist Fine Arts geschlossen, tut mir leid. Ich war nicht hier, sondern bei einer jungen Malerin im Alpenvorland, Luise Helferich, in Bad Tölz, sagt Ihnen das etwas?“

      „Bad Tölz schon. Von Frau Helferich bräuchte ich bitte die Adresse. Und sie ist talentiert?“

      „Aber hallo! Sie hat das Zeug zum Shooting-Star, da können Sie - äh – sicher sein.“ Er schrieb etwas auf einen Zettel.

      „Wie sieht es denn mit ihren Nachbarn auf der anderen Seite aus? Die haben doch montags nicht zu, oder?“

      „Rathgeber? Doch“, sagte Mr. Fine Arts, “leider schon. Montag lohnt sich einfach nicht besonders, da sind sogar Vernissagen schlecht besucht. Anderswo vielleicht ja nicht, aber in Leisenberg bleiben die Leute montags anscheinend einfach daheim.“

      „Ah ja – und dann bräuchte ich bitte noch Ihren Namen?“

      „Mairsamer“, gab der Galerist eher ungern zu, „Korbinian Mairsamer.“

      „Ein guter bayerischer Name. Hört man gar nicht mehr so oft“, drehte Max das Messer noch ein wenig in der Wunde herum.

      Der Galerist murmelte etwas von uncool und Max versuchte nicht zu grinsen und vermied es, mit Tradition zu argumentieren – das hätte nicht zur hier ausgestellten Kunst gepasst.

      „Haben Sie sich öfter einmal mit Herrn Enkofer unterhalten?“

      „Eher nicht. Er fand meine Ausstellungen schrecklich – und ich seine (in letzter Zeit wenigstens) auch. Also, beste Freunde waren wir jetzt nicht. Wenn Sie sein Privatleben meinen, das weiß ich nur, dass ihm die Frau vor Jahren davongelaufen ist. Vielleicht war er zu griesgrämig?“

      „Ach, war er das? Häufig?“

      „Na, so mittelhäufig. Nicht selten wenigstens. Grummelig halt. Wie die Leute parken, dass sie nichts von Kunst verstehen, dass das Städtische Museum die falschen Sachen ankauft, Ludwigskron und die Galerie natürlich auch.“

      „Das Städtische Museum?“

      „Ja, das ist ja gleich ein Stück die Straße rauf. Aber er hat alle Museen wegen ihres Kunstgeschmacks verachtet, da müssen Sie sich wegen des Städtischen Museums nicht zu arg wundern.“

      „Nun gut.“ Max verwahrte seine Notizen, von Mairsamer neugierig beäugt. „Taugt das Tablet etwas?“

      „Durchaus. Sehr gute Schreibfunktion, in unserem Beruf nicht unwichtig. Vielen Dank für Ihre Aussagen – vielleicht kommen wir nochmal auf Sie zu, wenn wir mehr Erkenntnisse gewonnen haben.“

      „Ja, kein Problem.“

      Doll war´s nicht, fand Max und überquerte die Straße. Ach ja, das Art Café. Von da müsste man wirklich einen guten Blick auf die Galerie Enkofer haben… Wieso hatte diese Museumsfrau denn nicht rausgeschaut? Was die Leute, die am Fenster saßen, auf ihren Tellern hatten, sah lecker aus und ihm knurrte prompt der Magen. Kurz vor zwölf – und das labbrige Knäcke zum Frühstück war seit Ewigkeiten verdaut… Er stieß die Tür auf und atmete gierig den Duft nach frischem Fisch, frisch gebackenem Brot, leckeren Teighüllen und Salaten ein.

      Außerdem konnte er so ja überprüfen, ob man wirklich hier essen und dabei nichts von dem mitbekommen konnte, was draußen vor sich ging – ein Überfall zum Beispiel…

      Eine freundliche Bedienung brachte ihm eine typische Karte für solche Cafés – bunt wie eine Eiskarte, mit Bildern jedes einzelnen Angebots. Da musste man gar nicht mehr lesen können, darauf deuten reichte.

      Max wollte nicht wie ein Analphabet wirken, also bestellte er in klaren Worten eine Fischtasche, einen Gurken/Olivensalat und eine Coke Zero.

      Dann sah er sich um – was taten die anderen