Mord aus heiterem Himmel. Achim Kaul

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Название Mord aus heiterem Himmel
Автор произведения Achim Kaul
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783748593393



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klare Worte. Ich glaube, das gefällt mir.« Kommissar Zweifel lauschte geduldig diesem Dialog, dann räusperte er sich.

      »Das Frühstück«, sagte er. Frau Eichhorn zuckte erneut zusammen.

      »Was meinen Sie, Herr Kommissar?«

      »Nun ja, je eher Sie uns alles erzählt haben, desto schneller kommen Sie zu ihrem Frühstück.«

      »Ach ja – das Frühstück.« Sie betrachtete den Kommissar nachdenklich von oben bis unten. »Sie haben nicht zufällig etwas …« Zweifel hob abwehrend die Hände.

      »Also gut, dann eben in aller Kürze. Ich ging an der großen Wiese vorbei, dort wo die höchsten Bäume im Park stehen. Und da sah ich ihn im Schatten liegen.« Mit diesen Worten versetzte sie dem Jungen, der mit geschlossenen Augen neben ihr kauerte, einen sanften Rippenstoß. Er kippte sofort zur Seite. Melzick sprang gerade noch rechtzeitig zu ihm hin und stützte ihn. Er öffnete die Augen und schaute verständnislos jeden der Reihe nach an. »War ein ziemlicher Schock für mich, Herr Kommissar, das können Sie mir glauben«, sagte die Alte und zupfte an den Ärmeln ihrer dunkelblauen Seidenbluse. »Vor allem, weil neben dran noch etwas lag. Ich blieb stehen wie angewurzelt. Ja – und dann bewegte er sich und …«, der Junge ließ ein Stöhnen hören. Melzick hatte ihn wieder gerade hingesetzt und hielt ihn mit einer Hand an der Schulter fest. »Und ich sah den anderen dort liegen«, sagte Eichhorn und nickte langsam.

      »Haben Sie ihn erkannt«, fragte Zweifel. Sie richtete sich gerade auf.

      »Ich kenne weder den Toten«, Pause, Seitenblick auf Ferdinand Alba zu ihrer Linken, »noch den Scheintoten hier.« Noch bevor der Kommissar etwas darauf erwidern konnte, war lautes Rufen aus der Richtung des Ententeichs zu vernehmen. Gleich darauf sahen sie eine ganz in schwarz gekleidete, große, hagere Frauengestalt mit wehenden graublonden Haaren quer über die Wiese laufen, wobei sie heftig mit beiden Armen winkte.

      »Anna«, war zu hören, »Anna, Anna!«

      »Da kommt mein Frühstück«, sagte Anna Eichhorn und nickte, als sei sie sehr einverstanden mit dieser Unterbrechung. Kurz darauf war die Ruferin bei ihnen angelangt. Auf den letzten Metern hatte sie merklich ihre Schritte verlangsamt und blickte nun misstrauisch und schwer atmend auf die Personen, die, womöglich in böser Absicht, ihre Freundin umzingelten.

      »Hier bist du also«, stieß sie hervor. »Was sind das für Leute? Warum bist du nicht gekommen? Brauchst du Hilfe?« Bei der letzten Frage schaute sie den Kommissar feindselig an. Dies war Serafina Moor pur. Max Kater, der junge Mann vom Wachdienst, der sich bisher dezent im Hintergrund gehalten hatte, versuchte, sich mit wenigen Schritten noch etwas weiter zu entfernen, als ihr Habichtblick auf ihn fiel.

      »Kater«, bellte sie, »was ist hier vorgefallen?« Der Angesprochene zuckte leicht zusammen und blieb stehen. Kommissar Zweifel verlor etwas an Geduld. Er zückte seine Marke und hielt sie kurz in die Luft.

      »Adam Zweifel, Kriminalpolizei. Sie heißen?« Es folgte ein kurzer Blickkontakt zwischen den zwei Damen. Dann fixierte Serafina Moor den Kommissar.

      »Darf ich Ihre Marke noch einmal etwas genauer sehen?« Melzick schüttelte leicht verwundert den Kopf, ohne dabei die Hand von der Schulter des Jungen zu nehmen, der regungslos und mit geschlossenen Augen der Dinge harrte. Zweifel griff nochmals, allerdings betont langsam, in die Innentasche seines Jacketts.

      »Also, bevor das hier eskaliert, Serafina, lass es gut sein. Das ist wirklich ein echter Kommissar, ohne Zweifel«, sagte Anna Eichhorn. »Wir sind hier sowieso fertig, denn ich habe alles gesagt, was ich zu sagen hatte.« Serafina Moor hob eine Augenbraue.

      »Worüber?«

      »Später.«

      »Ganz wie du meinst«, schnaubte ihre Freundin. Und, gegen den Kommissar gewandt: »Mein Name ist Moor, Serafina Moor.« Dies wurde mit geschlossenen Augen in einem herablassenden Ton hingeworfen. Zweifel ignorierte sie fürs erste, ebenso die letzte Behauptung Anna Eichhorns.

      »Frau Eichhorn, ist Ihnen bevor, oder nachdem Sie die beiden dort liegen sahen, etwas Bemerkenswertes aufgefallen?«

      »Es war ja zu erwarten, dass Sie danach fragen. Mir ist tatsächlich etwas aufgefallen. Kurz nachdem ich im Park angekommen war, am nördlichen Ende, dort wo das Labyrinth ist, Sie wissen schon, der Barfußpfad, die Leute laufen da im Kreis mit bloßen Füßen über alles Mögliche, schreien ab und zu vor Schmerz und finden es ganz toll.«

      »Und da war also jemand?«

      »Nein – da war Stille, keine Menschenseele. Daher fiel mir auch das Geräusch auf.«

      »Was für ein Geräusch?«

      »Das kann ich Ihnen nicht sagen. Es kam irgendwie von weit her. Als ob jemand ein riesiges Gebläse laufen ließe und doch irgendwie anders. Es war nur kurz zu hören und dann nicht mehr, aber ich habe keine Ahnung, von wo es kam.« Sie zuckte mit den Schultern und machte Anstalten, aufzustehen. Ihre Freundin Serafina stützte sie am Ellenbogen. Anna Eichhorn machte mit dem Kopf eine leichte Bewegung in Richtung des Kommissars.

      »Und das ist wirklich alles, Herr Zweifel. Wenn Sie in den nächsten Tagen das Bedürfnis haben sollten, mit mir zu plaudern, so bin ich sicher, dass Sie mich finden werden. Ich gehe jetzt.« Sie schnappte sich mit Hilfe Serafina Moors ihren Rollator und setzte sich mit ihr zusammen in Bewegung, einen verdutzten Herrn Kater und einen schmunzelnden Kommissar zurücklassend. Ferdinand Alba unterdessen schlug plötzlich die Augen auf.

      »Sie sind weg«, sagte er mit einer unerwartet kräftigen Stimme. Melzick, deren Hand sich an seine Schulter gewöhnt hatte, ließ ihn los. Kommissar Zweifel bedachte den aus seinem Scheintod Erwachten mit einem langen, nachdenklichen Blick aus seinen fast schwarzen Augen. Dann fasste er einen Entschluss.

      »Melzick, ich schlage vor, Sie bringen Herrn Alba nach Hause.« Dabei nickte er ihr zweimal kurz zu. Sie arbeiteten lange genug zusammen. Melzick verstand sofort. Sie sollte den Jungen alleine befragen.

      »Können Sie aufstehen?«, fragte sie ihn.

      »Jetzt schon«, sagte er.

      »Herr Kater, wenn Sie noch einen Moment Zeit hätten«, sagte Zweifel nach einem kurzen Blick auf dessen Namensschild. »Wir treffen uns nachher in meinem Büro, Melzick.« Sie hob die Hand.

      »Ay Käpt’n.« Zweifel wartete bis die beiden sich entfernt hatten. Dann drehte er sich zu Kater um.

      »Schon lange dabei?« Kater zuckte die Schultern.

      »Ich hab’ vor acht Monaten angefangen.«

      »So so, gerade mal acht Monate. Aber Sie sind doch von hier? Ich meine, Sie kennen den Ort?« Kater schaute den Kommissar fragend an und nickte dann. »Sie kennen die Gerüchte, Sie wissen, wer mit wem, Sie haben Einblick in die Keller, wo die Leichen liegen …« Kater grinste und nickte abermals. »Hm, Hm.« Zweifel strich mit der flachen Hand über seinen kahlen Schädel, während er sich umblickte. Dann legte er dem Jungen eine Hand auf die Schulter. »Ich möchte, dass Sie mir einen Gefallen tun, Kater. Dieser Fall, wenn es denn einer ist, hat gerade erst begonnen. Es ist gut möglich, dass Sie mir später behilflich sein können, sozusagen als vorgeschobener Horchposten. Wollen Sie das tun?« Kater machte ein ernstes Gesicht und nickte nach kurzem Zögern. »Diese Frau Moor scheint Sie ja zu kennen.«

      »Sie wohnt am Stadtrand in der alten Villa Fontenay. Hässlicher Kasten, wenn Sie mich fragen, aber ein wunderbarer Park drum herum. Ich war da mal Gärtner, aushilfsweise. Sie kommandiert gerne herum. Und sie hat ein gutes Namensgedächtnis. Leider.«

      »Ist sie schon lange in Bad Wörishofen?«

      »So zwei Jahre ungefähr.«

      »Und woher kam sie?«

      »Aus dem Norden. Sylt, soviel ich weiß. Prominentenviertel. Ihr verstorbener Mann hatte dort in Kampen ein riesiges Anwesen.« Zweifel schaute ihn anerkennend an.

      »Sie sind wirklich gut informiert.« Sie tauschten ihre Mobilfunknummern aus, dann streckte er dem jungen Mann die Hand hin. »Auf gute Zusammenarbeit.«

      Melzick