Erntejagd. György Kristián Szitás

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Название Erntejagd
Автор произведения György Kristián Szitás
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783752923100



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Oder würde ich Sie hier stören?“ Walter Pupescu überlegte einen Moment und sah Hans-Peter Vogel fragend an: „Machen Sie so etwas öfter, dass sie mit ihrem Schwager zur Jagd gehen?“ „Wie es sich ergibt, ich habe selbst in Szentkirály eine Jagd gepachtet. Stefan hat mich hauptsächlich dann um Hilfe gebeten, wenn er Jagdgäste hier hatte. Wenn ich es richtig weiß, dann sollten morgen oder übermorgen Amerikaner kommen. Er wollte wohl heute nochmal eine Revierbegehung machen, damit die kapitalen Exemplare in den nächsten Tagen dort hinkommen, wo er seine Jagdgäste hinführen wollte.“ „Also pro Amerikaner ein Zwölfender?“ fragte der Hauptinspektor lächelnd. „So ungefähr!“ Vogel grinste. „Wo waren Sie gegen sieben Uhr?“ Der Hauptinspektor wurde wieder sachlicher. „Auf der Höhe von Sibiu14 , ich bin ziemlich gut durchgekommen. Ist das wohl die Tatzeit?“ Vogel sah den Hauptinspektor fragend an. „Sagt Ihnen der Name Onu etwas?“ statt der Antwort kam die nächste Frage, offenbar hatte der Hauptinspektor mit den privaten Fragen nur ablenken wollen. „Ciprian Onu?“ fragte Vogel. „Der Mann war einer der Jagdhelfer meines Schwagers. Weshalb?“ „Was meinen Sie mit war?“ Vogel war sichtlich genervt, dass keine seiner Fragen auch nur ansatzweise beantwortet wurde und atmete hörbar ein. „Mein Schwager hat ihn seit ein paar Jahren nicht mehr als Helfer geholt. Weshalb weiß ich nicht. Ich bin gern mit ihm auf die Pirsch gegangen. Man konnte viel von ihm lernen.“ Ein jüngerer Polizist in Uniform betrat aufgeregt die Veranda und gab zackig seine Meldung ab. Der Hauptinspektor dachte einen Moment nach, dann fragte er: „Sie heißen Hans-Peter Vogel? Und Ihre Freundin heißt Silvia Labahn?“ „Ja!“ gab Vogel zögernd zurück. „Das sagte ich doch!“ „Dann habe ich eine unschöne Nachricht für Sie. Wir haben gerade von unseren ungarischen Kollegen, über Europol, eine Meldung bekommen, nach dem ein gewisser Hans-Peter Vogel gesucht wird, weil seine Freundin Silvia Labahn umgebracht wurde.“ „Wie bitte?“ entfuhr es Vogel und er stand senkrecht auf, dabei vergessend, dass er sich hätte erholen sollen, denn es zog ihm die Beine weg. Einer der Polizisten stütze ihn und er ließ sich wieder auf den Stuhl fallen. „Silvia ist tot?“ fragte er entgeistert nach. „So lautete die Meldung. Allem Anschein nach wurde sie gegen 2:00 Uhr von vier Männern überfallen.“ „Kurz vor Zwei Uhr bin ich über die rumänische Grenze gefahren, das können sie bei Ihren Kollegen nachfragen.“ Vogel zwang sich sichtlich zur Ruhe: „Weiß man wie es passiert ist?“ Der rumänische Beamte hob beschwichtigend die Hand: „Sie stehen in keinster Weise unter Verdacht, es ging nur grundsätzlich darum festzustellen, wo Sie sich aufhalten. Allem Anschein nach waren es Ukrainer, einem davon hat sie ein Schwert in den Leib gerammt. Sie selbst wurde mit einer Schrotflinte erschossen. Mehr weiß ich derzeit auch nicht. Die ungarischen Kollegen fahnden auch nach drei Ukrainern.“ Vogel atmete tief durch: „Warum?“ fragte er, „sie hat doch nie jemand etwas zu Leide getan!“ Vogel ließ den Kopf in seine Hände fallen und raufte sich die kurzen Haare. Der Hauptinspektor blickte ihn ruhig an: „Wenn Sie wollen können Sie sich vorläufig hier einrichten, aber wir und die ungarischen Kollegen werden wahrscheinlich noch ein paar Fragen haben. Im Übrigen werden wir einen Teil der Geschäftsunterlagen mitnehmen und durchsehen, vielleicht finden wir hier eine Spur. Oder haben Sie dagegen etwas einzuwenden?“ „Nein, nehmen Sie mit was sie brauchen. Ich halte mich zu Ihrer Verfügung,“ brummte Vogel abwesend durch seine Hände hindurch. Tränen rannen über seine Wangen. Walter Pupescu verabschiedete sich von ihm, indem er Vogel wortlos die Karte mit seiner Telefonnummer gab und winkte seine Kollegen zusammen. Hier würden sie bezüglich des Todes von Stefan Labahn nicht mehr viel erfahren können. Vogel blieb noch eine Weile stumm sitzen, dann löste er den Karabiner der Hundeleine, so dass der Hund sich frei bewegen konnte, aber dieser trauerte mit seinem Herrn und verkroch sich unter dem kleinen Tisch, der auf der Veranda stand.

      V

      Major László hatte mittlerweile mit seinem Leutnant das Haus von Silvia Labahn und Hans-Peter Vogel durchsucht und eigentlich nichts wirklich Interessantes gefunden.

      Bilder von Vogels verstorbener Familie, Bilder von Silvias Familie, Bilder von gemeinsamen Ausflügen, ein Bild von Silvia in Schwesterntracht, das Bild einer schwarzhaarigen Frau, Rechnungen der Stadtwerke, der ungarischen Post und so weiter. Schließlich auch Unterlagen des Ortes Szentkirály für eine Hochzeit des Paares.

      István László ließ sich enttäuscht auf einen der Sessel fallen, die im Wohnzimmer standen.

      Was davon half ihnen wirklich weiter? Aus dem Rahmen des Bildes, das Silvia in der Tracht einer Krankenschwester zeigte war ein Zettel gefallen, der im ersten Blick mit einem undeutlichen Gekrakel beschriftet war. Sah man aber genauer hin, konnte man eine gewisse Exaktheit erkennen. László steckte den Zettel ein, konnte das Steno sein? Die Fotografie der einzelnen Frau konnte er auch nicht zuordnen.

      Péter Németh, sein Leutnant trat ein: „Wir haben über Europol eine Meldung der rumänischen Kollegen bekommen,“ meldete er zackig, doch dann zögerte er, nicht wissend wie er weitermachen sollte.

      „Und die wäre?“ gähnte ihn László an, der abgebrochene Schlaf steckte ihm in den Knochen.

      Németh kratzte sich am Hinterkopf und studierte die Meldung nochmals: „Stefan Labahn, der Bruder unseres Mordopfers, wurde heute Morgen erschossen. Möglicherweise hat sich sein Mörder telefonisch bei den dortigen Kollegen gemeldet. Der Lebensgefährte von Frau Labahn ist mit seinem Hund mittlerweile dort eingetroffen und wurde vernommen, ohne Ergebnis. Gegen zwei Uhr ist er bei Nădlac über die Grenze gefahren, was inzwischen durch den rumänischen Zoll bestätigt wurde. Herr Vogel wollte sich aber in Miercurea Ciuc zur weiteren Verfügung halten.“

      László stützte das Gesicht in die Hände und strich sich die Haare nach hinten: „Lieber wäre es mir, wenn dieser Vogel sofort hierher kommen würde, dann könnte ich ihn hier direkt befragen.“

      „Von den Ostkarpaten bis hierher sind es etwas mehr als sechshundert Kilometer, wenn der wirklich mit einem Lada Niva gestern Abend hier losgefahren und vor etwa einer Stunde dort angekommen ist, dann muss er die Nacht durchgefahren sein. Der wird wohl etwas Schlaf brauchen.“

      Der Leutnant versuchte sachlich zu bleiben, obwohl er seinen Chef bestens verstand.

      „Schon gut. Vielleicht stellen die Rumänen andere Fragen als wir hier.“ László winkte ab, dann stutze er: „Der Bruder von unserem Mordopfer hier, wurde ebenfalls erschossen?“

      „So steht es in der Nachricht!“

      Der Major faltete die Hände in seinem Nacken und starrte eine Weile zur Decke, schüttelte aber dann den Kopf.

      „Das kann nicht derselbe Täter sein,“ überlegte er laut, starrte zur Decke und fabulierte weiter:

      „Wenn er um zwei Uhr an der Grenze war, dann ist er spätestens um Mitternacht hier losgefahren. Und wenn er dann gegen neun Uhr in Miercurea Ciuc angekommen ist, dann war er recht zügig unterwegs. Ich bin vor ein paar Jahren die Strecke mal gefahren…“

      Der Major stand auf, ging im Zimmer auf und ab, schüttelte den Kopf und überlegte weiter:

      „Ich glaube auch für den Mord in Rumänien wird unser Herr Vogel kaum in Frage kommen. Dazu reicht die Zeit einfach nicht.“

      Nach ein paar Minuten weiteren Auf- und Abgehens wollte er dann wissen:

      „Was haben die ihm eigentlich erzählt?“

      „Nur, dass seine Lebensgefährtin hier erschossen aufgefunden wurde und wir am ermitteln sind.“

      László zog die Augenbrauen hoch: „Nur? Diese Idioten versauen uns noch den Fall.“

      Der Major stampfte mit dem Fuß auf: „Wenn meine Freundin erschossen worden wäre, dann wäre mir die Leiche meines Schwagers scheißegal und ich würde sofort dahin fahren, wo meiner Freundin etwas passiert ist!“ brüllte er, dann stießen seine Finger gegen den Zettel in seiner Hosentasche und er atmete tief durch, während er den Zettel in seine Hemdtasche steckte.

      „Ich werde ins Büro fahren, einen starken Kaffee machen und mich mal mit diesem Zettel etwas intensiver beschäftigen, vielleicht erfahre ich so mehr von unserem Herrn Vogel, als ihm selbst lieb ist. Németh, lassen Sie die restlichen