Drei Stücke der «Estrella de Malaga» donnerten los und spien glühende Nadeln aus. Drei weitere Culverinen entluden sich mit donnerndem Getöse. Die Dons auf der «Neptuno» hatten wieder danebengeschossen, diesmal allerdings haarscharf am Bug der «Estrella de Malaga» vorbei. Dann krachte es drüben auf der «Neptuno» überlaut, zweimal hintereinander, Holz zersplitterte. Eine der drei ersten Eisenkugeln fuhr allerdings schmetternd in die Felsen. Die drei anderen saßen als Treffer voll im Ziel. Der Großmast der Galeone wankte, als könne er sich nicht entschließen, auf welche Seite er fallen solle. Er schwankte noch stärker und stürzte unter lautem Knirschen und Krachen über den Steuerbordbug…
Die Dreimastgaleone, die unter vollem Preß heransegelte, bot einen reichlich merkwürdigen Anblick. Das begann schon mit den unzähligen bunten Stoffbändern, die außenbords wie riesige Fransen an den Verschanzungen flatterten. Ergänzt wurde diese «Beflaggung» von einer beigefarbenen Flagge mit einem großen roten Herzen darauf, die munter im Topp des Fockmastes wehte. Bei der Galeonsfigur handelte es sich um einen goldenen Hahn, und der Name des Schiffes lautete «Le Coq d´Or». Aber das war noch nicht alles, was die Arwenacks so grenzenlos verblüffte. Als Blickfang besondere Art erwiesen sich die Wäschestücke, die an den Innenseiten der Wanten im Wind flatterten und offenbar zum Trocknen dort aufgehängt waren…
Die «Tortuga» hatte einen Ruderversager und raste mit voller Fahrt auf die «Le Vengeur III.» zu. Jenkins selbst hatte das Ruder übernommen, und es gelang ihm noch, die «Le Vengeur III.» um eine Idee nach Steuerbord wegzudrehen, so daß die Rammung nicht zu stark erfolgte, aber das war auch alles, was er tun konnte. Der Bugspriet der «Tortuga» spießte sich durch die Backbordwanten des Fockmastes der «Le Vengeur», wobei die Blinde zerfetzte. Dann verhakte sich der Bugspriet in den Wanten, und die Backbordplanken der Back wurden vom Steven der «Tortuga» eingedrückt – über der Wasserlinie sehr stark, unter der Wasserlinie offenbar etwas schwächer…
Nach Mitternacht. Der Schatten schob sich von Osten über die See an das Kastell heran. Der Wind hatte auf Nordwest gedreht. Der Posten auf dem Wehrturm des Kastells döste. Der Schatten glitt näher und näher, eine Dreimast-Galeone namens «Santa Barbara». Ihre Stückpforten waren geöffnet, die Culverinen ausgerannt. Sie wirkte bedrohlich und wie ein Geisterschiff. Es schien, als segle sie allein. Nur ein einsamer Mann stand auf dem Achterdeck, ein sehr großer Mann. Aber sie war nicht unbemannt, diese Galeone. Als sie die Fleute an der Pier passierte, erwachte sie zum Leben. Da krachten plötzlich die ersten sieben Explosionen. Und von da ab war die Hölle los…
Unbemerkt von den Spaniern hatten sich die «Empress of Sea» und die «Le Griffon» jenseits der Riffbarriere bis dicht an das Flagschiff «Snat Jago» pirschen können, und als sie das Feuer eröffneten, war der Teufel los. Aus nur etwa sechzig Yards Entfernung jagten die normannischen Schrats des Edmond Bayeux die Ladungen ihrer acht Steuerbord-Culverinen in die «Sant Jago». Die «Empress of Sea» befand sich noch dichter am Gegner, und die Mannen Old O'Flynns setzten die Drehbassen ein. Das dröhnte, krachte und rauchte, Splitter und Trümmer wirbelten durch die Luft, Pulverschwaden waberten über die See…
In den späten Nachmittagsstunden nahm das Verhängnis an Bord der «Explorer» seinen Lauf. Zuerst starb Missis Gibbs. Sie hatte den ganzen Tag über keinen Laut der Klage von sich gegeben. Den Helfern war es so erschienen, als ob sie den Tod herbeigesehnt habe. Sie war ohne Hoffnung gewesen, nachdem ihr Mann an der Cholera gestorben war. Zweifellos hatte sie sich gewünscht, ihm zu folgen. Kaum eine halbe Stunde nach ihrem Tod schloß auch Hugh Flanagan die Augen. Beide Leichen wurden in aller Eile der See übergeben – und noch ahnten die anderen Kranken nicht, welchen teuflischen Plan die Schiffsführung der «Explorer» ersonnen hatte, um sich nicht ebenfalls anzustecken. Zwar gab sich Kapitän Amos Toolan als der Frömmste der Frommen, und an Gebeten ließ er es nicht mangeln, aber wenn es um die eigene Gesundheit ging, kannte er kein Erbarmen…
Hasard hielt die Lunte an den Zündkanal. Die Glut sprang über, suchte sich durch das Zündkraut ihren Weg und ließ die Drehbasse ihre verderbenbringende Ladung ausspucken. Al Conroys Drehbasse brüllte nur wenige Sekunden später auf. Über dem Achterdeck der «Isabella» wölkte Pulverdampf, der jedoch rasch vom Wind davongetragen wurde. Zwei der heransegelnden Brander wurden getroffen. Durch die brennenden Schiffe ging ein heftiges Rütteln, ein Krachen und Bersten war zu vernehmen. Augenblicke später flogen Teile von brennenden Planken, Masten und Segeln durch die Luft…
Am Strand, etwa hundert Yards vom Uferwasser entfernt, hatte ein erstes Kommando der Holländer Pfähle in den Boden gerammt. Planken waren in aller Eile an ihnen festgenagelt worden. Die schmale Öffnung wurde mit zwei beweglichen Stangen verschlossen. Zehn mit Musketen, Pistolen und Säbeln bewaffnete Männer waren bei dem Gehege postiert. Das Hineintreiben der Schweine wurde von einem Dutzend unbewaffneter Männer besorgt. Die Wächter spähten fortwährend zum Dickicht. Ihren Mienen war anzusehen, daß sie sich nicht sehr behaglich fühlten. Der Dschungel auf einer unbekannten Insel konnte alle nur erdenklichen Gefahren bergen. Tatsächlich wurden sie bereits heimlich beobachtet…
Statt sich um seine Crew zu kümmern, hatte sich Kapitän Stewart mit den Halunken unter O´Leary verbündet. Auch Sir Robert Monk war mit von der Partie und ebenso Joe Doherty, das Profos-Monster. Sie segelten auf die Bucht zu, in der die «Caribian Queen» und die «Isabella» ankerten. Sir Robert hatte den Plan ausgebrütet – nämlich jetzt bei Nacht die «Isabella» zu entern, zur Kapitänskammer vorzudringen und den schwerverletzten Philip Hasard Killigrew als Geisel zu nehmen. Als sich eine Wolkenbank vor den Mond schob, glaubten sie bereits, gewonnenes Spiel zu haben. Aber da wurden sie von der Landzunge aus angerufen, und dann überschlugen sich die Ereignisse…
Zwei Träume hatte der alte O´Flynn, und wenn Träume sich erfüllen sollten, dann war es aus mit der «Isabella VIII.», mit ihrem Kapitän und mit ihrer Crew. Es mußte etwas Furchtbares sein, das da auf sie lauerte. Oft genug schon hatte Old O´Flynn etwas vorausgesagt, denn er hatte ein Gespür für Dinge, die jenseits des Wahrnehmbaren lagen, und häufig genug waren seine Voraussagen Wirklichkeit geworden. Die einen an Bord der «Isabella» meinten, das seien reine Zufälle gewesen, die anderen neigten zu der Ansicht, am Zweiten Gesicht des alten O´Flynn sei schon was dran. Und dann fiel überraschend der Sturm über die Seewölfe her…