Selbst der beste Plan. Séamus Ó Grianna

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Название Selbst der beste Plan
Автор произведения Séamus Ó Grianna
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783866483996



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nicht. Warum solltest du nicht heiraten, wenn du möchtest? Darf ich denn fragen, wer die Glückliche ist?«

      »Ich finde es schwer, mich zu entscheiden«, sagte Conall. »Es ist so: Die Frau, die mich heiraten wollte, würde ich vielleicht nicht mögen. Und die Frau, die ich heiraten möchte, würde mich vielleicht nicht wollen.«

      »Du musst es darauf ankommen lassen«, sagte Sawa. »So einfach ist das.«

      »Du würdest nicht …«, sagte Conall, und dann unterbrach er sich. »Ach, nein, es wäre nicht fair, dich zu fragen.«

      »Was wäre nicht fair?«, rief Sawa. »Jetzt mach schon. Raus damit. Was wolltest du sagen?«

      »Ich weiß, es ist nicht fair, dich zu fragen, bei allem Kummer und allen Sorgen, die du hattest«, sagte Conall. »Aber ich habe überlegt, ob du mir einen guten Rat geben könntest. Ob du vielleicht ein Mädchen kennst, das mich nehmen würde.«

      Sawa brauchte nicht lange zu überlegen. Ihre Antwort kam wie aus der Pistole geschossen. »Wie wäre es mit Hannah Mc-Gee?«, fragte sie. »Die ist nicht mehr die Jüngste, das weiß ich – zwei Jahre älter als ich. Aber du bist schließlich auch kein junger Spund mehr. Sie ist ein braves, sparsames Mädchen, und sie hat ein bisschen Geld. Da bin ich mir sicher. Wenn du willst, frage ich sie für dich, wann immer du möchtest.«

      Conall lief rot an. Sein Mund war plötzlich wie ausgedörrt. Hannah McGee! Gerade die hatte er vor zwei Jahren schon gefragt, und sie hatte abgelehnt. »Nein«, sagte er mit zitternder Stimme. »Die mag ich nicht.«

      »Na, dann eben eine andere«, sagte Sawa. »Davon gibt’s ja jede Menge auf der Welt, Gott sei Dank für Seine Großzügigkeit. Aber du darfst den Mut nicht verlieren. Und ich gebe dir einen guten Rat: Egal, welche Frau du fragst, lass sie ja nicht spüren, dass du dich vor einem Korb fürchtest. Tu so, als wärst du deiner Sache sicher. Die meisten Frauen schreiben dem Mann den Wert zu, den er sich selbst gibt … Aber vielleicht möchtest du den Antrag ja nicht selbst machen. In dem Fall würde ich deine Freiwerberin sein, wenn du willst. Und ich kann den Mund halten, vorher und nachher.«

      »Das ist sehr lieb von dir«, sagte Conall, aber in seiner Stimme schwang eine gewisse Traurigkeit mit.

      Sawa sah ihn an. »Conall«, sagte sie, »ich finde, es ist einfach meine Pflicht und Schuldigkeit, dir zu helfen, so gut ich kann.«

      »Sawa«, sagte Conall, »erinnerst du dich an die alten Zeiten?«

      »Das allerdings, Conall. Die guten alten Zeiten. Aber die sind für immer vorbei.«

      »Sawa, ich habe dich einmal gebeten, mich zu heiraten.«

      »Das ist lange her und vorbei, Conall.«

      »Es ist noch nicht zu spät«, stammelte Conall. »Wenn du mich jetzt heiraten wolltest, Sawa. Du weißt doch, dass ich dich noch immer gernhabe.«

      »Hat irgendwer gehört, was er da sagt?«, fragte Sawa, als ob sie mit einem Dritten spräche. Sie griff zur Zange und fing an, das Feuer aufzuschichten. »Geh mir aus dem Weg«, sagte sie zum Hund. »In meinem ganzen Leben hab ich noch nicht so einen Hund gesehen. Liegst hier nachts, mittags und morgens mit den Pfoten in der Asche. Aufstehen, du Faulpelz!«

      Sie trat vor den Kamin und ließ sich auf ein Knie sinken, um Torf auf das Feuer zu legen. Conall berührte ihre Schulter mit einer Hand … Er zog ihren Kopf dichter an sich heran. »Sawa«, fragte er, »willst du mich jetzt heiraten?«

      »Ach, großer Gott, lieber Conall, es wäre zu früh«, sagte Sawa. »Die Leute würden über mich reden. Ich würde lieber noch ein Jahr warten.«

      Conall wusste, dass er gewonnen hatte. Die wichtige Angelegenheit war entschieden. Natürlich würde es kleinere Probleme geben (denn Manus Roe O’Donnell war inzwischen gestorben), aber mit denen würde er auch irgendwie fertigwerden.

      »Niemand wird über dich reden«, sagte Conall. »Das könnten sie nicht, selbst wenn sie wollten. Du bist jetzt seit mehr als anderthalb Jahren Witwe. Ich hätte dich schon längst gebeten, mich zu heiraten – denn du hast mir so schrecklich leidgetan, so, wie du dich abrackern musst, um Männerarbeit zu tun und um Frauenarbeit zu tun. Ich hätte dich schon früher gefragt, aber ich wusste doch, dass du den armen Verstorbenen betrauertest. Denn er war wirklich ein wunderbarer Mann.«

      »Ein wunderbarer Mann«, sagte Sawa. »Der wunderbarste Mann überhaupt in den Rosses, vom Ford of Gweedore bis zum Ford of Gweebarra.«

      »Das war er«, sagte Conall. »Aber jetzt musst du dein eigenes Leben leben.«

      »Ich muss mein eigenes Leben leben, bis ich in die Ewigkeit gerufen werde«, sagte Sawa. »Und ich muss mich Gottes heiligem Willen ergeben. Das müssen wir alle.«

      »Welchen Tag sollen wir nehmen?«, fragte Conall.

      »Ich weiß nicht«, sagte Sawa.

      »Dann sagen wir doch, den nächsten Samstag«, sagte Conall. »Früher wäre es kaum möglich. Ich muss mir eine Hose besorgen, woher auch immer. Wenn ich sie jetzt schon hätte, würde ich morgen früh als Erstes zum Pfarrer gehen.«

      »Ich frage mich«, sagte Sawa, »ob dir wohl Mickeys Hose passen würde – Gott hab ihn selig.«

       Denis der Träumer

       I

      Es war nur ein Spitzname. Sein eigentlicher Name war Denis Doherty, aber ein boshafter Nachbar hatte ihn Denis den Träumer genannt. Und diesen Namen wurde er nicht wieder los.

      In seiner Kindheit hatte es in seinem Geburtsort Rinamona keine Schule gegeben. Aber seine ehrgeizige Mutter hatte eine Möglichkeit gefunden, ihrem Sohn Bildung zu ermöglichen. Sie schickte ihn zur Schule von Pulcanny, obwohl das einen Fußweg von drei Meilen hin und drei Meilen zurück bedeutete. Er besuchte die Schule regelmäßig, bis er vierzehn war. Und am Ende dieser Zeit konnte er nicht nur lesen und schreiben, sondern begann auch, ein klares Interesse an Literatur zu zeigen.

      »Ich bin Ihnen sehr dankbar, Meister«, sagte seine Mutter eines Tages zum Lehrer. »Sie haben gute Arbeit bei Denis geleistet. Was wird das für ein Vorteil für ihn sein, wenn er älter wird und auswandern muss, im Gegensatz zu den armen Jungen, die kein Wort Englisch sprechen und nicht einmal ihren Namen schreiben können.«

      »Er ist ein aufgeweckter Junge, Mrs Doherty«, sagte der Lehrer. »Es war ein Vergnügen, ihn zu unterrichten. Und er lernt wirklich gern. Sie werden noch froh darüber sein, dass Sie ihn in die Schule geschickt haben. Die Schule hat ihm seinen Weg vorgezeichnet, wenn ich mich nicht irre.«

      Mit achtzehn ging Denis nach Schottland. Er fand Arbeit in Glasgow. Er wollte lieber in der Stadt arbeiten, um in die Bücherei gehen zu können. Es kam auch vor, dass er sich ein Buch kaufte. Nach vier Jahren kehrte er mit einer stattlichen Literatursammlung nach Hause zurück, inklusive der Gedichte von Robert Burns. Er fing an, zu Hause zu lesen. Die Nachbarn sagten, die Bücher würden ihm noch den Kopf verdrehen. Denis achtete nicht auf diese Unkenrufe. Er las weiter. Und je mehr er las, umso weiter entfernte sich seine Weltsicht von den Traditionen und Überzeugungen seiner heimatlichen Rosses. Die Menschen hier hatten keine Ahnung von Liebe. Bei ihnen beruhte die Ehe auf finanziellen Erwägungen anstatt – wie es sein sollte – auf Liebe und nur auf Liebe.

      Denis unternahm mehrere Versuche, die jungen Männer von Rinamona zu seinem Glauben zu bekehren. »Das ist einfach nicht richtig«, sagte er dann, »so, wie die Leute in den Rosses das Leben sehen. Sie haben keine Ahnung von Liebe. Ein Mann kommt ins heiratsfähige Alter. Er hat ein Stück Land. Er hält Ausschau nach einer passenden Frau. Er bezieht allerlei Dinge in seine Überlegungen ein. Kann das Mädchen stricken und Wolle kratzen und spinnen? Wird aus ihr eine sparsame Hausfrau? Welche Mitgift hat sie wohl zu erwarten? … Aber so kann man doch nicht heiraten!«

      »Es scheint aber gut genug zu funktionieren«, sagte dann irgendjemand.

      »Es