Die magische Welt Rialar. Edgar Deschle

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Название Die magische Welt Rialar
Автор произведения Edgar Deschle
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783991076896



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hört aufmerksam zu, während er den Brüdern ihr Abendbrot bringt. Die Zwillinge haben nun eine Pause, sie haben die Geschichte schon oft gehört und wenden sich ihrem Mahl zu, während der geisterhafte Jockaru erzählt.

      „… mit meiner verschleiernden Wind-Magie konnte ich mich gut zwischen den Pflanzen hindurchbewegen. Ihr wisst, dass manche Pflanzen, besonders junge Bäume, schon auf kleinste Berührungen reagieren und sich wehren. Doch um zu den Magrennar zu gelangen, musste ich mich ab und zu zwischen ihnen hindurchquetschen oder den einen oder anderen Ast wegdrücken. Da ich aber den Wind genutzt habe, um die Äste wegzudrücken und mich beim Durchquetschen von einem Wirbelwind umgeben habe, konnte ich sie über meine Präsenz hinwegtäuschen. Die eigentliche Herausforderung folgte erst, als ich die Magrennar dann gefunden habe. Es war eine Gemeinschaft von Wolf-Magrennar im Grundellun-Wald. Ich musste aufpassen, denn die Sinne der Magrennar sind hervorragend ausgeprägt. Wenn man nicht aufpasst, riechen oder hören sie dich, noch bevor du sie überhaupt sehen kannst. Glücklicherweise konnte ich meine Präsenz weitestgehend verbergen und die Wesen beobachten.“

      Jockaru, die Seele, erzählt seine Erlebnisse wie eine Abenteuergeschichte, obwohl diese mehr wie eine Schullektion wirkt. Das stört die Zuhörenden jedoch in keinster Weise. Sie hängen ihm neugierig an den Lippen. Man merkt, dass er regelmäßig gerufen wird, um Geschichten zu erzählen, denn er macht immer wieder Sprechpausen, aber nicht um Luft zu holen. Logischerweise braucht er keine Atemluft, doch die Zuhörer brauchen Unterbrechungen, um sich das Erzählte bildlich vorstellen zu können und die Informationen sacken zu lassen.

      „Meine Vorräte reichten zu dem Zeitpunkt für drei Tage und ich wollte so viel wie möglich über die Wolf-Magrennar erfahren. Während ich sie also studierte, merkte ich immer mehr, dass sie sich im Grunde mehr wie wir Maginar verhalten als wie Tiere. Sie leben nicht etwa in wilden Rudeln, in denen sie sich um Beute und Essen streiten und der Stärkste zuerst frisst, vielmehr verhalten sie sich wie Familien. Die Stärksten gehen auf die Jagd, die Schwächeren gehen sammeln und die Alten kümmern sich um die Kleinen. Dass die Magrennar ein Territorium haben und dieses gegen Eindringlinge verteidigen, ist soweit bekannt. Wenn man sie trifft, sind sie meist sehr aggressiv und viele Begegnungen hatten schon im Unleben für Maginar geendet. Daher habe ich mich sehr lange und ausführlich auf diese Expedition vorbereitet. Dies hat sich mehr als ausgezahlt. Mit eigenen Augen habe ich ihre friedvolle Natur beobachten können. Die Magrennar erziehen ihre Jungen spielerisch für die Jagd und den Kampf. Sie sprechen sogar eine Art Sprache, jenseits von Bellen und Knurrlauten. Außerdem habe ich mehrfach beobachten können, wie sie ihr Fleisch mit Pflanzen gewürzt haben. Ich konnte jedoch nicht feststellen, ob die Magrennar diese Verhaltensweisen selbst entwickelt oder ob sie diese bei uns Maginar abgeschaut haben …“

      Während Jockaru die Geschichte über die Wolf-Magrennar erzählt, merkt das Publikum nicht, wie spät es inzwischen geworden ist. Der Geist selbst spürt keine Müdigkeit, doch sieht er Ermüdungserscheinungen bei seinen Zuhörern und kommt bald zu einem Ende. Der geisterhafte Erzähler zieht sich in sein Riaberan zurück. Bevor die Menge sich auflöst, lassen sie noch den einen oder anderen Luxon für den Seelensammler, der für sie den erzählenden Geist beschworen hat, da und diskutieren auf dem Weg nach Hause über das gerade Gehörte. Die Brüder bestellen sich Zimmer für die Nacht und Ruhe kehrt in das Gasthaus ein.

      Die Arbeit der Löser

      ***

      Am nächsten Morgen wird Edwin als erster wach. Morgen ist es nicht mehr wirklich, die Sonne ist schon halb am Himmel. Edwin und sein Bruder sind wahrlich keine Frühaufsteher. Nach dem Aufstehen streckt sich der Elementarist und macht Morgenübungen, um den Kreislauf in Schwung zu bringen. Als nächstes wäscht er sich das Gesicht an der im Zimmer befindlichen Wasserschüssel und zieht sich daraufhin wieder seine Robe an.

      Nun ist er ausreichend zurechtgemacht, um sein Zimmer zu verlassen. In sicherer Gewissheit, dass sein Bruder noch nicht aufgestanden ist, klopft er an Erwins Zimmertür. Dieser erwacht dadurch und beginnt dasselbe Morgenritual wie sein Zwillingsbruder.

      Edwin setzt seinen Weg zum Speisesaal fort und trifft dort den Wirt. Er bezahlt den Wirt für die Zimmer und lässt sich eine Brotzeit einpacken, verstaut diese in seiner Reisetasche und verabschiedet sich. Auf dem Weg nach draußen stößt Erwin zu ihm in den Speisesaal und sie verlassen gemeinsam das Gasthaus.

      Draußen schlagen sie die Richtung stadteinwärts ein. Zu dieser Tageszeit herrscht geschäftiges Treiben auf den Straßen. Da die beiden neu in der Stadt sind, lassen sie sich Zeit auf dem Weg in das Zentrum, besichtigen auf ihrem Weg die Gebäude und beobachten die Bewohner. Hier in einer größeren Stadt scheint alles entspannter zu sein als in den kleinen Dörfern. Der viele Glanzstein, der in den Straßen verbaut ist, und die Stadtmauern, in die ebenfalls Glanzstein eingearbeitet ist, sowie die Wächter, die allein für den Schutz der Stadt angestellt sind, lassen die Leute hier ein unbeschwertes Leben führen.

      In der Mitte der Stadt entdecken die Brüder dann den Marktplatz und das Amtshaus des Bürgermeisters. Die Marktstände sind im Kreis um den Brunnen im Mittelpunkt aufgebaut und bieten frische Lebensmittel an. Erwin entdeckt sogar ein „Heiler- und Pflegehaus“, das am Rande des Marktplatzes liegt. Sofort weist Erwin seinen Bruder auf das Haus hin und schlägt vor: „Schau, Edwin, sollten wir nicht ein Bad nehmen, bevor wir zum Bürgermeister gehen? Wir waren schließlich eine ganz schöne Zeit lang unterwegs.“

      Edwin ist begeistert. „Gute Idee, das macht einen besseren Eindruck und zeigt, dass wir gut vorbereitet sind. Hoffentlich wird das nicht zu kostspielig, wir hatten schon länger keine Löser-Arbeit mehr. Wir leben nur noch von den Spenden, die wir mit den Geschichten der Geister verdienen.“ Am Ende klingt er etwas missmutig bezüglich ihrer finanziellen Situation.

      So entschließen sich die beiden, im Heiler- und Pflegehaus ein Bad zu nehmen und ihre Kleidung reinigen zu lassen. Die Pfleger nehmen sich der Zwillingsbrüder an, die nur eine schnelle Wäsche wünschen. So waschen die Pfleger die beiden Brüder und ihre Kleidung mit Hilfe von Wasserformungsmagie und trocknen sie anschließend in kürzester Zeit.

      Erfrischt und sauber verlassen Erwin und Edwin kurze Zeit später das Heiler- und Pflegehaus. Doch fast genauso blank ist nun auch ihre Geldbeutel. Bis auf wenige Luxon ist ihnen nichts geblieben. Jedoch sind sie deswegen nicht beunruhigt. Denn das wäre nicht das erste Mal, dass sie pleite wären.

      „Die Stadt gefällt mir. Warum sind wir nicht schon früher weiter in den Süden gereist?“, fragt Erwin seinen Bruder.

      „Wir waren im Norden eigentlich immer beschäftigt. Bisher hatten wir einfach keinen Grund, in neue Gefilde zu reisen. Wir hatten unsere Freunde und Dörfer, die wir im Laufe unserer festen Route bereisten, und wir wussten, wo die Gefahren auf dem Weg sind“, antwortet Edwin, während sie zum Amtshaus des Bürgermeisters gehen und dieses betreten.

      Die Zwillinge werden sofort vom Diener des Bürgermeisters begrüßt.

      „Willkommen die werten Magonar. Ihrer Kleidung nach sind Sie Löser?“ Edwin nickt dem Diener zu und antwortet.

      „Ganz recht, wir waren eine Weile auf Reisen und sind gestern Nacht angekommen. Ich bin Edwin, das ist mein Bruder Erwin. Wir möchten fragen, ob Sie Arbeit für uns haben?“ Der Diener klatscht vor Begeisterung die Hände zusammen.

      „Hervorragend, mein Name ist Rogu und der Bürgermeister wartet schon seit einer Weile auf Ihresgleichen. Bitte hier entlang.“

      Zuversichtlich folgen die Brüder dem eifrigen Rogu in den zweiten Stock vor eine einfache Holztür.

      Rogu klopft an die Tür und nach einem lauten „Ja bitte?“ öffnet er diese und geht hinein.

      „Kommen Sie gleich mit hinein!“

      So geht Rogu voraus und die Zwillinge folgen ihm. Der Diener geht gleich nach der Tür einen Schritt zur Seite und streckt seinen Arm aus, um die Brüder an sich vorbei nach vorne zu lassen.

      Noch während die beiden zum Bürgermeister gehen, stellt der hagere, etwas nervös wirkende Diener sie auch schon vor.

      „Ich darf vorstellen: Edwin und Erwin, sie sind Löser und gestern