Der Sonnensturm Teil 2 Graffiti. Hardy Klemm

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Название Der Sonnensturm Teil 2 Graffiti
Автор произведения Hardy Klemm
Жанр Историческая фантастика
Серия
Издательство Историческая фантастика
Год выпуска 0
isbn 9783959633291



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nahm den Zug nach Sassnitz. Er nörgelt sogar darüber, dass der Schaffner, der meistens nicht den gesamten Zug abkassieren konnte, ausgerechnet ihn auch noch in der 2. Klasse abkassierte und schlief dann, wie gewohnt, in seiner Einzimmerwohnung ein. Das Leben hatte ihn nicht eingeholt. Es war schon lange nicht mehr sein Leben. Martin war im Leerlauf. Am nächsten Morgen besuchte er seine Mutter und schickte sie nach Agadir, Urlaub im arbeitsreichen Leben. Dann gab es einen einfachen Döner und er lief wieder nach Hause. Martin funktionierte nicht! Die Erlösung aus den Grübeleien kam von einer ganz anderen Seite. Es begann mit einem Klingeln an Martins Wohnungstür.

      Andreas: »Guten Tag, Herr Bretz.«

      Martin: »Hallo?«

      Andreas: »Ich bin Andreas Zeller und bin ein verurteilter Jugendstraftäter und mache eine Umfrage.«

      Martin: »Ok, was fragen Sie denn um?«

      Andreas: »Was schätzen Sie, wie viele Deutsche haben Vorurteile gegenüber Jugendlichen, 40, 60, oder 80 Prozent?«

      Martin: »60 Prozent, die ohne Kinder.«

      Andreas: »Es sind 80 Prozent.«

      Andreas: »Ich wurde von meinem Bewährungshelfer beauftragt, Ihnen diese Zeitschriften anzubieten. Darf ich reinkommen, ich finde mit meiner Vorstrafe keinen anderen Job, bitte.«

      Martin: »Ich habe nichts wertvolles in meiner Wohnung, ok.«

      Andreas musste lächeln.

      Andreas: »Das habe ich auch noch nicht gehört!«

      Andreas trat ein, bewunderte den Kalender aus Klebeband.

      Martin: »Der ist ja noch vom letzten Jahr!«

      Er bot Martin ein paar Zeitschriften an.

      Andreas: »Also, Sie überweisen mir Geld und dafür hole ich Ihnen eine oder mehrere von diesen Zeitschriften jeden Monat. Die ersten 3 sind umsonst. Ich habe hier schon eine Computerzeitschrift an einen Ihrer Nachbarn von oben verkauft. Wenn Sie Fragen haben, können Sie auch meinen Chef anrufen.«

      Martin sah sich die Verträge wohl zu lange an. Schon kam ein Anruf auf ein Mobiltelefon, das Andreas ständig in der Hand hielt.

      Stimme: »Ja, hat den der Andreas irgendetwas falsch erklärt?«

      Unglaublich, Martin hörte die Stimme, bevor das Telefon an seinem Ohr war.

      Martin: »Nein!«

      Stimme: »Was denn? Das Angebot ist doch gut, tragen Sie einfach ihre Daten ein.«

      Martin: »Das ist ein Vertrag, den guckt man sich zweimal an. Außerdem steht hier Abo!«

      Stimme: »Wissen Sie wie teuer dieser Anruf für mich ist?«

      Martin: »Das war unprofessionell. Sie haben mich angerufen!«

      Stimme: »Warten Sie!«

      Martin legte auf!

      Martin: »Du warst in Ordnung, aber dein Chef hat es vermasselt. Verschwinde!«

      Andreas lächelte ehrlich, zerriss die Verträge und ging. Danach machte sich Martin bergabwärts auf den Weg zur Polizei. Hier noch einmal der Vertrag zum selbst grübeln.

      Sie zahlen die Summe X an die oben genannte Adresse, bei Nichtgefallen können Sie innerhalb der nächsten 3 Monate bei der oben genannten Adresse kündigen. Fleißig raten und erst weiterlesen, wenn Sie den Fehler gefunden haben. Was erzähle ich da für einen Mist? Das kann man googeln! Es gab keine oben genannte Adresse, Deutschland hat gut 41 Millionen Briefkästen, viel Spaß beim Kündigen. Er lief nach dem Klingeln bei der Wache zu den Polizisten, die wie immer nicht auf Station, sondern an der Tanke vor der Stadt waren. Es war ein guter Trick und Martin brauchte die extra Zeit. Martin lächelte, als er auf diesen Trick kam. Hätte er ihm das Geld gegeben, wenn er es vollbracht hätte ihn reinzulegen? In einer gerechten Welt, ja. Die Leistung wäre da gewesen, aber das war Rügen und die NPD in Strahlsund war gerade pleite. Überhaupt ein Wunder, wo die das Geld herbekommen und so lange behalten. Martin lief eigentlich nicht zur Polizei, auch wenn die sagten, sie schickten einen Streifenwagen, der wohl genauso unsichtbar war wie der Terminplaner des Arztes in Peking. Er ging spazieren, um auf den Trick zu kommen, den er dann den Nachbarn erklären wollte, aber niemand war da. Im Mittelalter akzeptierte man noch die guten alten Betrüger und 1989 streikten auf dem Platz des himmlischen Friedens in China die in einem kommunistischen Land schon fast gewerkschaftlich organisierten Taschendiebe. Selbst Wang wusste das. In Deutschland verdient man bei den Leistungen, die man dabei zeigt, aber mehr Geld als Statist und man weiß eigentlich nicht wirklich wo das Geld landete. Die Leistung? Martin lächelte und der Kopf war wieder frei. Ein gutes Gefühl zum Nulltarif. Ihm fielen gleich wieder die Dinge ein, die er nicht umgehen konnte, wie den Arztbesuch. Seitdem Martins Zurechnungsfähigkeit zur Debatte stand, also schon immer, stand auch einmal pro Woche der Besuch beim Therapeuten fest. Seneca warnte. Auf Rügen herrscht Ärztemangel, man sollte von der Insel herunter. Martin ging es wirklich nicht gut. Er wollte nicht von der Insel herunter. Man fuhr zur Praxis im Zug, wieder 2. Klasse. Man hatte bei der Anmeldung schon hören müssen, dass es fast ohne Termin wohl auch für einen so liquiden Mann wie Martin ein bisschen dauern könnte, 5 Stunden, um genau zu sein. Man trank mit anderen Tee und dachte an Gael Peter Assimov. Martin bemerkte es, Gael sprach nur englisch und konnte die Paranoia nur einfach aussitzen ohne darüber zu reden. Von seinem ersten Flug wusste Martin noch, wie wenig gut einem das tat. Wie man das Reden verlernt. Ein toter Autor und Dichter namens Bach sagte mal "Mit seinen Gedanken allein, das macht einen Mann stark". Er hatte recht, aber gut, dass er tot war. Es war Zeit mal wieder seine eigenen Gedanken zu teilen, aber nicht mit einem Unbekannten. Seneca überprüfte den Arzt. Dr. Kevin Molke bot eine Besonderheit. Er war eingetragenes Mitglied bei den Zeugen Jehovas.

      Dr. Molke: »Guten Tag, Herr Bretz.«

      Martin: »Hallo Dr. Molke.«

      Dr. Molke: »Was bedrückt uns denn?«

      Martin: »Nun eigentlich nichts. Ich soll mich nur immer bei einem Arzt melden, wenn ich irgendwo gelandet bin.«

      Martin erzählte und, ohne den Befundbericht vom Südpol oder den aus China zu kennen, bestätigte Dr. Molke nochmals beide, gab aber keinen Rat. Martin verwunderte das. Ihn bedrückte nichts. Er fing draußen wieder an zu grübeln.

      Martin: »Was kann mir ein Zeuge Jehova schon für einen Rat geben? Sie leben wie Kinder und befragen die Bibel, die nicht nur als Geschichtsbuch fungiert. Sie wurde auch schon umgeschrieben. Moment mal, er darf das doch eigentlich gar nicht. Er hat sein Lehrbuch, und zwar das über Psychologie. Es wäre genauso falsch, ihn als schlechten Arzt hinzustellen, nur, weil er meint, er wäre auserwählt die Apokalypse, die jeden Moment kommen könnte, als besonders reines Wesen zu überleben. Er muss zwischen seinem Wissen und seinem Glauben unterscheiden. Dr. Molke ist auf das Schätzen meines Geisteszustandes angewiesen und in mich reingucken, wie beim Röntgen, geht nicht so einfach. Sein Fachgebiet erfordert schon ein bisschen Empathie. Es hilft, das ist zweifellos bewiesen. Er als Mensch will aber genauso zweifellos mich von seinem Glauben überzeugen. Viele Verrückte schließen sich Gruppen an und knien sich dann richtig rein. Sie werden dann leichter zu Fundamentalisten. So eine Praxis ist doch ein Erntefeld für eine Sekte oder Religion. Wieder Stopp, er hat beim Hippokratischen Eid geschworen immer zu helfen und hält sich bestimmt an die Weisheit, wenn du nicht helfen kannst, dann füge wenigstens keinen Schaden zu und hat mir deswegen keinen Rat erteilt. Und wieder Stopp, ich habe gesagt, dass es mir gut geht, wozu brauche ich Rat? Ich muss ihn fragen, wieso er mir keinen Rat gegeben hat. Ich kann ihn aber nicht fragen, ohne auf seinen Glauben zu schwenken und er beurteilt keinen Menschen nach seinem Glauben. Das ist politisch nicht korrekt.«

      Und übrigens auch fast unmöglich!

      Martin: »Aber ich muss es ihm an den Kopf werfen, denn es beschäftigt mich.«

      Martin beschäftigte das so sehr, dass sich ein mandelgroßer Bereich in Martins Kopf unter seinem Scheitel begann, auf einmal gut an zu fühlen. Der Gedanke machte Spaß. Martin fuhr, weltfremd und sehr abgelenkt, ohne zu bezahlen