Eva sieht rot. Liza Cody

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Название Eva sieht rot
Автор произведения Liza Cody
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783867548861



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übergeschnappt war. Wenn meine Schwester in einem Kühlfach liegen würde, von oben bis unten mit Stiefelabdrücken übersät, wäre ich wohl auch durchgedreht. Aber wegen Dawn würde ich mich in nichts hineinziehen lassen. Nie im Leben.

      »Okay«, sagte ich. »Du suchst sie, und ich zahle es ihnen heim.«

      Mir blieb nichts anderes übrig. Crystal war schließlich wahnsinnig. Mit Wahnsinnigen kannst du nicht diskutieren, weil du sonst selber wahnsinnig wirst. Und zum Schluss gibst du ihnen sowieso recht. Da kannst du dir die Diskutiererei genauso gut sparen und ihnen gleich recht geben.

      Ausnahmsweise hatte ich diesmal das Richtige gesagt, denn Crystal trank ihren Tee aus und döste wieder ein. Doch noch im Schlaf sah sie einsam und verlassen aus. Aber sie war mir im Weg. Ich musste um sie herumschleichen, damit sie nicht aufwachte und womöglich noch ein paar grandiose Ideen hatte, die nur ein Mensch mit einem Gehirn-Bypass verstanden hätte.

      Irgendwie brachte ich die Nacht rum, dann sperrte ich die Hunde ein und ging ins Bett. Und dann musste ich natürlich davon träumen, was sonst? Der Kummer anderer Leute ist ansteckend. Den fängst du dir ein wie einen Schnupfen. Na gut, du vielleicht nicht. Kann sein, dass ich zu sensibel bin. Genau, das ist es. Aber in einem Traum kommt alles ganz verquirlt wieder hoch. Denn mir ist zwar Crystals Schwester scheißegal, aber an meiner Schwester liegt mir was. Und in diesem Traum hatte ich ein Baby. Nur war es kein Baby, sondern meine Schwester Simone, und sie war ganz grün und blau. Und sie war tot. Aber das Schlimmste war, dass sie sich immer wieder aufsetzte und mir ihr blau-grünes Gesicht hinhielt und so Sachen sagte wie: »Du hättest das nicht zulassen dürfen. Du hättest auf mich aufpassen müssen.« Und ich sagte: »Was nicht zulassen dürfen? Du bist doch nur ein Baby.« Und: »Ich kann kein Baby haben. Du bist meine Schwester.« Und ich wollte, dass es aufhörte. Ich wollte weglaufen. Aber ich konnte mich nicht bewegen.

      Ich hatte wirklich die Nase voll, das kann ich dir flüstern. Und es war alles Crystals Schuld. Endgültig genug von ihr hatte ich, als sie mich am nächsten Mittag um eins weckte. Ich hatte entschieden zu wenig geschlafen.

      »Was hast du denn für eine Stinklaune?«, sagte sie. »Reiß dich zusammen. Wir gehen ins Full Moon.«

      »Typischer Fall von denkste«, sagte ich. »Ich gehe nirgendwohin.« Ich drehte mich um und zog mir den Schlafsack über die Ohren. Daran hatte ich überhaupt nicht mehr gedacht. Und außerdem hatte ich nie versprochen, dass ich mitkommen würde. Ich hatte bloß gesagt, ich würde es mir überlegen.

      »Das sieht dir gar nicht ähnlich, einen gut bezahlten Job abzulehnen«, sagte Crystal. »Ein paar von den Frauen schwimmen im Geld.«

      Ich machte die Augen zu und sagte nichts.

      »Ist auch egal«, sagte Crystal. »Es gibt schließlich genug Kerle, die Kung-Fu und so was draufhaben. Bella könnte einen von denen anheuern. Kein Problem. Einen von deinen Kollegen aus dem Fitnessstudio. Wahrscheinlich haben die sowieso viel mehr Ahnung als du.«

      Ich war schon die halbe Mandala Street hinaufgestürmt, Crystal im Schlepptau, als mir wieder einfiel, was sie für eine Type ist. Such dir einen Doofen und nimm ihn aus, das ist ihre Devise. Das sollte auf ihrem Grabstein stehen. Und den wird sie früher kriegen, als sie denkt, wenn sie meint, sie kann mich genauso um den Finger wickeln wie ihre unterbelichteten Kunden. Die hinterlistige kleine Kuh.

      Wir mussten die ganze Mandala Street hoch, also auch über den Markt. Unterwegs riefen die Leute ihr nach: »Mein Beileid, Spätzchen«, und: »Sag mir Bescheid wegen der Beerdigung, Crys. Ich wollte ein paar Blumen schicken.« Lauter solche Sachen. Crystal kannte jeden. Zu mir hat keiner ein Wort gesagt, obwohl mein Name auf Plakaten steht.

      Das Full Moon war gerammelt voll. Die Einzigen, die fehlten, waren Bella und ihre Truppe. Typisch. Diese Schlampen waren so unzuverlässig, dass sie es nicht mal für nötig hielten aufzukreuzen, wenn es etwas zu lernen gab, was ihnen vielleicht das Leben retten konnte. Ich hatte mir extra die Mühe gemacht zu erscheinen. War es zu viel verlangt, dass auch sie sich aufrafften?

      Crystal machte sich auf die Suche nach ihnen, und ich bestellte mir eine Fleischpastete mit Pommes. Harsh sagt nämlich, ich soll mehr Gemüse essen. Pommes sind schließlich Kartoffeln, oder? Und Kartoffeln sind Gemüse. Ich weiß wirklich nicht, was Harsh immer gegen Pommes hat.

      Harsh sagt auch, ich soll Obstsaft trinken, deshalb bestellte ich mir ein Lager & Lime, also Bier mit Limonensaft, obwohl das ein ziemlicher Tuntentrunk ist. Ich fühlte mich sehr tugendsam. Nach Obst und Gemüse zum Frühstück konnte ich nun den Rest des Tages essen, worauf ich Lust hatte.

      »Bist du also doch gekommen«, sagte Bella, als sie endlich aufkreuzte.

      »Immerhin noch vor dir«, sagte ich.

      »Das ist Eva Wylie«, sagte Bella zu den beiden Frauen, die hinter ihr standen. »Und das sind Stef und Mandy«, sagte sie zu mir.

      Crystal sagte: »Kath und Lynn mussten erst noch stempeln gehen. Sie kommen so bald wie möglich nach.«

      Also nahm ich in der Zwischenzeit schon mal Stef, Mandy und Bella unter die Lupe. Und soll ich dir was sagen? Gurkentruppe wäre für diese Bande noch ein Kompliment gewesen. Bella war nur zwei Fingerbreit größer als Crystal, Stef war ein magerer kleiner Zombie, und Mandy hätte eine Abmagerungskur gebraucht, um in ein Zirkuszelt zu passen. Wenn die drei einen einzigen funktionstüchtigen Muskel hätten vorweisen können, wäre ich ziemlich überrascht gewesen.

      »Turnschuh«, sagte ich.

      »Was?«, sagte Crystal.

      »Fit wie ’n Turnschuh, aber ein ganz ausgelatschter«, sagte ich. »Besonders gut in Form sind die nicht.« Das war noch höflich ausgedrückt.

      »Wieso in Form?«, sagte Mandy. »Ich will doch nicht hoffen, dass wir genauso aussehen müssen wie du.«

      »Dann würde ich nicht mehr viel verdienen«, sagte Stef. »He, Bella, wir sehen doch hinterher nicht etwa aus wie die, oder?«

      »Ich finde muskulöse Frauen widerlich«, sagte Mandy, der Fettkloß.

      »Muskeln sind nicht feminin«, sagte Stef.

      »So redet man nicht mit seiner guten Fee«, sagte ich und stand auf. Von mir aus sollten sie sich ruhig die Rübe weichklopfen lassen. Es geschah ihnen ganz recht. »Wenn ihr meint, als wandelnde Zielscheibe durch die Gegend zu stöckeln wäre feminin«, sagte ich, »kann ich euch nur viel Glück wünschen. Dann habt ihr es nicht anders verdient.«

      »Was bildest du dir ein, uns so anzufauchen?«, kreischte Bella. »Ich dachte, du hättest wenigstens etwas Verständnis. Du bist auch nicht besser als ein Mann – uns wegen unserem Beruf schlechtzumachen.«

      »Und ihr seid auch nicht besser als Männer, wenn ihr euch über mein Aussehen lustig macht«, sagte ich. »Ich bin wahrhaftig kein Ölgemälde, aber mir geht keiner an die Wäsche, es sei denn, ich werde dafür bezahlt.«

      »Das würde doch sowieso keiner wollen«, sagte Mandy.

      »Ruhe, Ruhe, Ruhe«, brüllte Crystal. Für einen Gartenzwerg hatte sie eine ziemlich kräftige Lunge. »Ruhe und hinsetzen. Alle wie ihr da seid.«

      Ist es zu glauben? Wir hielten tatsächlich die Klappe und setzten uns hin. Diese Crystal. Sie sah aus wie eine Maus unter Atomstrom. Wenn einer das Licht ausgemacht hätte, hätte sie im Dunkeln geleuchtet.

      »Was ist denn mit euch los?«, sagte sie. »Ihr seid ja allesamt reif für die Klapsmühle. Gestern ist Dawnie gestorben. Nur ein paar Meter von hier. Und gestern habt ihr hier gesessen und gejammert: ›Was sollen wir machen? Was sollen wir bloß machen? Hier treibt sich ein Killer rum. Wir sind unseres Lebens nicht mehr sicher.‹ Und was ist jetzt? Denkt denn keiner mehr an Dawn? Denkt ihr nicht einmal mehr an euch selber? Wenn ihr im Leichenschauhaus gewesen wärt, wenn ihr sie gesehen hättet, keinen heilen Knochen mehr im Leib, würdet ihr bestimmt noch dran denken. Dann hätte eure Angst länger als vierundzwanzig Stunden vorgehalten.«

      »Ich habe ständig Angst«, sagte Bella. Was darauf schließen ließ, dass sich unter all der Schminke und all den Haaren tatsächlich