Biola und das geheimnis der alten Mühle. Thees Carstens

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Название Biola und das geheimnis der alten Mühle
Автор произведения Thees Carstens
Жанр Учебная литература
Серия
Издательство Учебная литература
Год выпуска 0
isbn 9783865067760



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ihr gewollt hätte – als Gegenleistung. Es musste also sein.

      „Ja, ja. Wir sind gleich da, aber sei jetzt leise. Niemand muss wissen, dass wir hier unten sind.“

      Vorsichtig kletterten sie aus der Laterne wieder heraus. Vor ihnen lag – groß und dunkel – ein Schaukelpferd. Es ruhte auf der Seite. Darüber stapelten sich mehrere Decken, Säcke und Kisten. Nur sehr wenig Licht drang hier herunter.

      „Da rein“, flüsterte Biola.

      Sie wies auf ein Loch im Schaukelpferdbauch, aus dem helle Holzwolle quoll.

      „Ein Geheimversteck!“, piepste Ini selig, und Biola zischte: „Leise!“

      Biola und ihr bester Freund Ched hatten im Bauch des Schaukelpferds eine gemütliche Höhle angelegt. Nach und nach hatten sie ein schönes Nest mit karierten Stoffresten ausgepolstert und einen kleinen Haufen Korn zusammengetragen. Hier lag auch der Knopf. Biola legte sich gemütlich in eine Mulde in ihrem Nest.

      Pecorini aber staunte über den Knopf.

      „Wie schön der ist!“ Sie strich mit ihrer kleinen Pfote andächtig über die golden schimmernde Oberfläche. „Ist der aus echtem Gold?“

      „Nein. Vielleicht aus Messing oder so“, sagte Biola.

      „Was ist das für ein Bild auf dem Knopf?“

      „Ein Anker. Anker gibt es auf Schiffen. Man wirft sie an einer Kette ins Wasser, dann kann das Schiff nicht mehr wegschwimmen, weil die Kette am Schiff befestigt ist und der Anker sich am Meeresboden verhakt.“

      Biolas Schwester war beeindruckt. So etwas Bemerkenswertes hatte die kleine Pecorini noch nie gehört oder gesehen. Sie war in der Mühle aufgewachsen und höchstens bis zum Gemüsegarten gekommen. Dahinter endete die Welt für die Schlossmäuse. Für die meisten jedenfalls. Für die anderen, die Weitgereisten, die Globetrotter, die weltoffenen Neugierigen unter den Schlossbewohnern, endete sie zehn Meter weiter am Waldrand.

      „Woher weißt du, was ein Kanka ist?“, fragte Pecorini.

      „Ein ANKER! Das hat mir Ched erzählt. Sein Urgroßvater hat in einem Dorf am Meer gelebt. Bis er als junge Maus eines Tages Hunger auf einen Salat hatte. Er fand einen riesigen Salat. Mit der Salatkiste wurde er dann aber versehentlich hierhergebracht.“

      „Und wieso?“

      „Wieso was?“

      „Wieso wurde der riesige Salat versehentlich hierhergebracht?“

      „Nicht der Salat! Meine Güte! Cheds Urgroßvater!“

      In diesem Moment tauchte Ched am Eingang der Höhle auf. Er war im selben Alter wie Biola. Seine Haare fielen ihm verstrubbelt in die Stirn.

      „Was macht deine Schwester in unserem Geheimversteck?“, fragte er streng.

      „Ich habe ihr unseren Knopf gezeigt“, antwortete Biola.

      „Warum?“, fragte Ched.

      „Weil sie mir im Gegenzug etwas versprechen soll.“

      „Warum?“, fragte Pecorini.

      „Weil ich dir den Knopf gezeigt habe!“, stöhnte Biola.

      „Ja, stimmt! Geht‘s um ein Geheimnis?“

      „Ja, Ini. Und zwar um ein besonderes! Eines, das man nicht weitererzählen darf!“

      „Schade! Und was für ein Geheimnis?“

      „Ich will heute Nacht mit Ched in den Gemüsegarten. Du darfst uns nicht verpetzen, klar?“

      „Klar. Aber heute Nacht?“ Pecorini überlegte. „Dann müsst ihr ja durch die Mühle gehen, wenn die Ratten da sind und unser Korn stehlen!“

      „Das geht schon klar!“, sagte Biola. „Du darfst uns nur nicht verraten!“

      „Klar! Wird gemacht!“

      Biola zögerte. Dann fragte sie: „Wirklich? Du verrätst uns nicht?“

      „Versprochen!“, antwortete Pecorini. „Ich habe nur noch eine kleine Frage.“

      „Und welche?“

      „Darf ich mitkommen?“

      Biola stöhnte.

       Der verborgene Stiefel

      Es war Zeit, zum Mäuseschloss zurückzukehren, denn nachmittags traf sich Biolas Familie, um gemeinsam Körner zu knabbern. Biola, Ched und Pecorini huschten durch die zerbrochene Laterne, die dunklen Gänge und durch die Bücherkiste zurück zum Weißen Schloss. In der Eingangshalle roch es wie immer nach Käse, aber es war niemand da. Dafür tummelten sich die Mitglieder der anderen vier Familien, die ebenfalls im Mäusepalast lebten, im Zwischengeschoss. Sie hielten bereits ihre Knabberstunde.

      Biola verabschiedete sich kurz von Ched und krabbelte mit Pecorini weiter hinauf zur Kuppel aus Draht, unter der das Nest ihrer Familie lag – ganz oben im Schloss. Es war ein sehr schöner Ort für ein Nest, weil hier morgens die Sonne durch das Fenster in der Mühle auf das Schloss fiel und man weit hinaus in die Landschaft sehen konnte. Manche Drähte fehlten in der Kuppel des Schlosses, und andere waren zur Seite gebogen, sodass man hinausklettern und auf dem Dach des Vogelkäfigs herumbalancieren konnte.

      Für Großvater Mascarpone war das nachmittägliche Körnerknabbern eine heilige Stunde, und er achtete darauf, dass alle dabei waren: Biolas Mutter Ricotta, Biolas Vater Koriander, ihre Tante Halbfettstufe, Onkel Gorgonzolo und natürlich Biola und Pecorini. Heute aber war etwas anders als sonst.

      „Wo ist Großvater?“, fragte Biola.

      „Haben wir uns auch schon gefragt!“, quiekte Tante Halbfettstufe. „Hoffentlich ist ihm nichts passiert!“ Sie war sehr besorgt. Sie war eigentlich immer sehr besorgt. „Er ist doch NIE unpünktlich!“

      „Ich gehe ihn suchen“, sagte Biola, und bevor jemand etwas dagegen sagen konnte, war sie durch die Drähte der Kuppel geschlüpft und hüpfte über das Dach des Mäuseschlosses nach unten.

      Sie hatte vor einigen Tagen kurz vor der Knabberstunde gesehen, wie Großvater Mascarpone aus einem Stiefel herausgekrochen war — irgendwo versteckt am Fuß des Gerümpelhaufens. Mascarpone hatte sich damals vorsichtig umgesehen und den Stiefelschaft unter einem Lumpen Stoff verborgen. Was wollte er in dem Stiefel? Warum versteckte er ihn? Biola hatte den Verdacht, er könnte jetzt wieder dort sein.

      Sie huschte über eine Bücherkiste, sprang auf einen alten Mantel und auf den Kopf des Schaukelpferdes, der an dieser Stelle aus dem Stapel herausragte. Je näher sie dem verborgenen Stiefel kam, umso mehr verlangsamte sie ihren Lauf. Und sie gab sich Mühe, kein Geräusch zu machen. Vorsichtig schlich sie sich an den Stiefel heran. Der Lumpen war wieder weggezogen worden. Biola lugte in den Stiefelschaft. Ja, da war eine Maus! Und es war tatsächlich ihr Großvater. Biola sah nur seinen Schwanz und sein Hinterteil, aber sie erkannte ihn trotzdem. Man kennt ja das Hinterteil seines Großvaters! Aber was tat er? Biola hörte, dass Mascarpone irgendetwas vor sich hin brummte. War er wütend? Sprach er mit sich selbst? Oder war noch eine andere Maus bei ihm in dem Stiefel? Plötzlich machte er eine Bewegung, und Biola zog sich blitzschnell zurück. Sie sprang hinter ein kaputtes Holzfass, das nach Heringen roch, und sah, wie der Großvater den Stiefel verließ. Er verdeckte den Schaft mit dem Lumpen und begann, langsam zum Mäuseschloss hinaufzuklettern.

      „Knabberstunde …“, grummelte er vor sich hin. „Jetzt habe ich fast die Knabberstunde verpasst! Sowas! Sowas! Schlechtes Vorbild! Sehr schlechtes Vorbild!“

      Biola wartete, bis er außer Sichtweite war. Dann näherte sie sich noch einmal neugierig dem Stiefel. Ob die zweite Maus