Heilbuch der Schamanen. Felix R. Paturi

Читать онлайн.
Название Heilbuch der Schamanen
Автор произведения Felix R. Paturi
Жанр Социология
Серия
Издательство Социология
Год выпуска 0
isbn 9783946433460



Скачать книгу

alkoholisiert waren oder unter Drogeneinfluss standen.

       Verkehrspsychologen erklären die Autobahnhypnose so: Der Fahrer ist entspannt und in nicht allzu hoher Geschwindigkeit auf fast freier Strecke unterwegs. Um sich die Fahrt im Zwielicht zu erleichtern, nimmt er den unterbrochenen weißen Trennstreifen zwischen rechter und linker Fahrspur »zwischen seine Beine«. Die Scheinwerfer strahlen diesen an, was einen rhythmischen Lichtwechsel zwischen hell und dunkel hervorruft.

      Die Arbeit des Gehirns

      Im Gehirn des Autofahrers, der einer Autobahnhypnose unterliegt, spielt sich etwas im Grunde Alltägliches ab. Um das zu verstehen, muss man wissen, dass unser Gehirn ständig elektromagnetische Wellen erzeugt, so genannte Hirnströme. Ihre Frequenz und Kurvenform, die man in einem Elektroenzephalogramm (EEG) sichtbar machen kann, bilden die Arbeit des Gehirns ab. So verursacht angestrengtes Rechnen beispielsweise völlig andersartige Kurven als körperliche Arbeit, Tiefschlaf andere als Traumschlaf, Freude andere als Hass, entspannte Ruhe andere als tiefe Meditation. Ein erfahrener Gehirnneurologe kann allein aus dem EEG ziemlich genau darauf schließen, mit was ein Mensch gerade beschäftigt war oder was er fühlte, als die Kurven aufgezeichnet wurden.

      Auch der Hautwiderstand ist eine Größe, die je nach Gemütsverfassung variiert. Mikroelektronische Messungen haben ergeben, dass der Hautwiderstand bei tiefer Entspannung stark ansteigt, bei schamanischer Arbeit aber auch sinken kann.

      Wie eine Trance herbeigeführt wird

      Eine ganz bestimmte Kurvenform ist charakteristisch für Trancezustände, wie sie etwa bei einer Zen-Meditation oder auch im schamanischen Bewusstseinszustand auftreten. Sie bildet sich in einem EEG mit einer fast reinen Sinusschwingung in einer Frequenz von etwa drei bis sieben Hertz ab. Und genau diese monotone Schwingung wird dem Gehirn auch durch die oben beschriebenen Lichtreize zugeführt, die eine Autobahnhypnose auslösen können. Unvermittelt und vom Fahrer meist unbemerkt passen sich seine Gehirnströme diesem äußeren Einfluss an. Der Fachmann spricht bei diesem Anpassungsprozess davon, dass das Gehirn »getriggert« wird. Auf diese Weise gerät man in Trance. Dieser Prozess kann allerdings nur einsetzen, wenn man zuvor schon relativ entspannt war, sich das Gehirn bereitwillig von außen führen lässt und keine anderen, wichtigeren Aufgaben zu erfüllen hat.

       Denn wer beim Autofahren gerade an die bevorstehende Steuerabrechnung oder den Zahnarzttermin am kommenden Tag denkt, der fährt zwar unkonzentriert und bringt sich unter Umständen dadurch in Gefahr. Kühe, Elefanten oder vorbei schwebende Häuser werden ihm auf seiner Fahrt jedoch sicher nicht begegnen. Um das Risiko einer ungewollten Autobahnhypnose zu vermeiden, gibt es einen sehr wirkungsvollen Ratschlag. Zählen Sie in Gedanken von 1000 rückwärts, und zwar, um Ihr Gehirn zu fordern, in Dreier- oder gar Siebenerschritten, also: 1000 - 993 - 986 - 979 - 972 ...

      Der Bogen von unserem Beispiel der Autobahnhypnose hin zum Bewusstseinszustand des Schamanismus scheint weit gespannt zu sein. Und doch handelt es sich dabei tatsächlich um ein nahezu deckungsgleiches Phänomen, wenn auch in unkontrollierter und deshalb schädlicher Weise. Das Beispiel verdeutlicht eindrucksvoll die wesentliche Technik, um einen Trancezustand herbeizuführen: die Anwendung eines monotonen Rhythmus von etwa drei bis sieben Hertz. Die Schamanen bedienen sich dazu allerdings nicht optischer, sondern akustischer Reize. Das Hilfsmittel oder »Vehikel« dafür ist die Schamanentrommel.

       Ich nenne sie Vehikel, weil viele Schamanen ihre Trommel so oder ähnlich bezeichnen. Die Trommel ist ihr Fahrzeug in andere Realitätsebenen. Harner spricht in diesem Zusammenhang zeitgemäß von einem Zug, Stammesschamanen in den USA oder in Asien nennen ihre Trommel ihr Reitpferd, ihren gesattelten Hirsch, ihr Rentier. Denn der Rhythmus der Trommel ist es, der sie mit sich fortträgt.

      Nicht von ungefähr haben bis in die sechziger Jahre Ethnologen die schamanische Trance, die oft von rhythmischen Schritten und stampfenden Tänzen begleitet ist, als Ekstase bezeichnet.

      Ein höchst wirksames »Vehikel«

      Es gibt zu diesem Thema wissenschaftliche Untersuchungen mit erstaunlichen Ergebnissen: Eine monoton drei- bis siebenmal pro Sekunde - das entspricht dem Rhythmus von drei bis sieben Hertz - geschlagene flache Rahmentrommel kann einen in spiritueller Arbeit völlig unerfahrenen Menschen innerhalb von nur zehn Minuten in eine tiefe Trance versetzen. Einen vergleichbaren Zustand kann beispielsweise ein in Meditation geübter alter Zen-Mönch ohne ein entsprechendes Klanginstrument erst nach mehreren Stunden erreichen. Dies wurde durch Gehirnstrommessungen bewiesen.

      Rhythmus, Euphorie und Ekstase in der heutigen Welt

      Keineswegs immer sind es Schamanen, die sich zur Erreichung eines Trancezustandes dieses »magischen Rhythmus« bedienten. Man denke nur an den 4/4-Takt von Militärmärschen, die, unterstützt durch den strengen Gleichschritt der marschierenden Soldaten, eine ähnliche suggestive Wirkung auf deren Gehirn haben. Diese gezielte seelische Manipulation hat nur einen Zweck: Das Denkvermögen wird weitgehend ausgeschaltet, und mögliche Angstgefühle werden zum Verschwinden gebracht. Der Soldat gerät in einen euphorischen Zustand, der ihn beflügelt in die Schlacht ziehen lässt. Hier dient der künstlich herbeigeführte Trancezustand dazu, das Ich und die eigenen Bedürfnisse auszumerzen und sie einem übergeordneten Zweck zu weihen. Wie gefährlich der Einsatz derartiger Praktiken sein kann, wird an diesem Beispiel besonders erschreckend deutlich.

      Der extremen Rhythmusmusik der Jugend ist mit großer Skepsis zu begegnen. In der Popularität dieser Musik drückt sich allerdings auch eine Sehnsucht aus, die nur zu gut nachzuvollziehen ist - die Sehnsucht danach, sich wirklich zu spüren.

      Moderne Musikrichtungen

      Ein anderes Beispiel aus der Jugendkultur mit ähnlich verheerenden Wirkungen für Leib und Seele der Betroffenen, ist die Herbeiführung von Trance durch die extremen Rhythmen von Beat-, Heavy-Metal- oder Technomusik. Jugendliche, die sich stundenlang diesen monotonen Klängen aussetzen und ihnen dabei auch noch tanzend mit ihrem ganzen Körper folgen, versetzen sich dadurch in rauschhafte ekstatische Zustände. Diese lassen sich nur schwer willentlich beenden, zumal in vielen Fällen der zusätzliche Konsum von Aufputschmitteln und Drogen mit im Spiel ist.

       Die heutigen Heranwachsenden haben in diesen Musikrichtungen etwas wiederentdeckt, was den Angehörigen von Naturvölkern niemals verloren ging: die euphorisierende Wirkung des schamanischen 3- bis 7-Hertz-Takts. Nur arbeiten sie damit nicht bewusst, sinnvoll und zielgerichtet - wie es allerdings auch erst nach gezielter Übung möglich ist -, sondern begnügen sich damit »auszuflippen«.

      Nutzen und Gefahren schamanischer Rhythmen

      Dosiert angewandt, können sich 3- bis 7-Hertz-Rhythmen sehr segensreich auf unser Leben auswirken. Sie sind physiologisch höchst relevant, da sie alle der Herbeiführung eines tranceartigen Zustands dienen. Nur die Anwendung unterscheidet den Klang der Schamanentrommel klar von Militär- und Beatmusik. Die Schamanentrommel gibt im Gegensatz zu den anderen beiden Rhythmusgebern einen neutralen Trancerhythmus vor. Dieser steht weder im Dienst eines gesellschaftlichen Anliegens, noch fördert er den Konsum psychisch krank machender Musik. Die beiden anderen Musikformen setzen mit ihren Rhythmen das Denk- und individuelle Entscheidungsvermögen eines Menschen herab und werden so zu einem äußerst gefährlichen Machtinstrumentarium.

      Mögliche Folgen psychoaktiver Rhythmen

      Je häufiger und unkontrollierter man sich höchst psychoaktiven Rhythmen aussetzt, desto folgenreicher sind die seelischen und körperlichen Schäden:

       Die Konzentrationsfähigkeit sinkt auf Zeiträume deutlich unter einer Minute

       Nervöse Ticks setzen ein

       Die emotionale Erlebnisfähigkeit sinkt

       Lustlosigkeit und Antriebsarmut nehmen zu

       Das Verlangen nach ständiger Unterhaltung