Klor bi Anker! Oder Weitere Geschichten vom ersten und wahrhaftigen Leben des Kaftains Blaubeer (Band 2). W. A. Kaiser

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Название Klor bi Anker! Oder Weitere Geschichten vom ersten und wahrhaftigen Leben des Kaftains Blaubeer (Band 2)
Автор произведения W. A. Kaiser
Жанр Биографии и Мемуары
Серия
Издательство Биографии и Мемуары
Год выпуска 0
isbn 9783961456918



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gelassen zu haben.

      Wir betraten kurz nach 1800 Uhr das Restaurant, für hiesige Sitten noch viel zu früh, als dass man sich zu Abend traf, um was zu essen. Aber wir hatten trotzdem schon Mühe, einen schönen Extra-Platz zu bekommen, weil das meiste unter Vorbestellung wegging.

      Natürlich waren wir zum Fischessen gekommen! Den Besten, den’s gab. Da der Chief des Englischen nicht so mächtig war, wollte er sich sofort meiner Entscheidung anschließen – wie immer. Aber er sah dann am Nachbartisch Lamm und orderte Gleiches für sich. Mein Tier hörte auf den Namen „John Dory“, ein lokaler Plattfisch, Spezialität des Hauses, solange ich schon hier verkehrte. Auf Holzkohlen gegrillt. Vorab ein wenig Ciabatta mit Knoblauch und einen trockenen, milden Hauswein. Wir sabbelten mit unserem Bauern, der sich die Schweinerippen munden ließ, über Neuseeland, Tauranga, Kiwis und was sonst noch so als Thema ergiebig war. Insgesamt eine runde Sache.

      Als wir einige Stunden später aufbrachen, begann sich das Lokal richtig zu füllen. Es wurde laut, nicht nur wenn ein Zug über unseren Köpfen hinwegrumpelte! Stimmengewirr, Lachen, eilig flitzende Bedienungen, ein Kommen und Gehen. Nach diesem gelungenen Abend zwängten wir uns wie die Sardinen wieder in seinen engen Jeep, dem wir Minuten später an der Gangway unseres Schiffes wieder entstiegen. Sowas hatte man nicht alle Tage. Vollgefressen und zufrieden betraten wir die heimatlichen Stahldecks. Kein Kran drehte, alle Luken geschlossen. Der Chief Mate informierte uns, dass alles bis morgen früh gestoppt worden wäre. Es würde zu teuer, wenn die Stauer nur rumsäßen und es immer wieder anfing zu nieseln und keiner wusste, wie lange noch. Also zu diesem netten Tag auch noch eine nette Nacht der Ruhe! Hatte hier irgendwer Geburtstag oder was? Womit man sowas nur verdiente, wie? Vielleicht als ausgleichender Ersatz für das misslungene Bootsmanöver …?

      Am Folgetag kamen die Werkstattleute früh an Bord zurück und reparierten erfolgreich die Winde. So konnten wir dann schon am Vormittag unser Boot mit eigener Kraft wieder mit dem Davit hochnehmen. Die horrenden Kosten eines gemieteten Mobilkrans wurden gespart. Die wartenden Schlepper gingen gegen 1300 Uhr längsseits, mit wenigen Maschinenmanövern legten wir ab, umfuhren den Bogen am Vulkankegelstumpf und suchten die Weiten des Südpazifiks. Das war Tauranga, das ich zukünftig nicht nur mit dem „Harbourside Restaurant“ in Verbindung bringen werde, sondern immer auch mit einem ganz bestimmten Bootsmanöver.

      Dreizehn und ein halber Tag Seetrip lagen vor uns. Und mit etwas Glück auch drei Highlights auf unserer Route, wenn wir sie am Tage passieren würden: Pitcairn, Henderson Island und die Galapagos Inseln. Auf der viereinhalbtausend Seemeilen langen Strecke die einzigen Steine, die am Wege lagen und deshalb ganz oben auf meiner persönlichen Wunschliste standen.

      Wenige Tage später bekamen wir die Order vom Charterer, erst am 23. August in Balboa, also Panama, vorzuliegen. Wie schön war denn das? Dieses als Ausgangslage nutzend, errechnete ich, dass wir Pitcairn erst am späten Abend haben würden. Dafür schon mussten wir noch etwas mit dem Speed schummeln, denn entsprechend der Order sollten wir eigentlich für den vorgegebenen Termin mit reduzierter Leistung fahren. Das aber würde die Pitcairn-Passage in eine Nachtaktion verwandeln! Und wann käme man hier noch mal vorbei? Wir logen also etwas in den täglichen Berichten, die der Charterer von mir erhielt, was Position, Geschwindigkeit und den dazugehörenden Verbräuchen anbelangte und liefen etwas schneller, um den ersten Stein noch bei Büchsenlicht anzutreffen. Danach wieder etwas langsamer, was sich dann auch wieder ausglich. Jedenfalls, was die Zeit und die dazugehörigen Verbräuche anbelangte.

      Henderson Island war nur einhundertfünf Seemeilen von Pitcairn entfernt und wäre ohnehin nur bei einer Morgen- oder Mittagspassage von Pitcairn für uns zu sehen gewesen. Daher verschmerzten wir leichten Herzens, dass wir dieses Stückchen Erde nur am Radar würden beobachten können, zumal es nicht die Geschichte und bedeutende Vergangenheit hatte, wie Pitcairn es für sich beanspruchen konnte. Außerdem war Henderson laut dem Seehandbuch „infested by rats and mice“ (verseucht mit Ratten und Mäusen), Frischwasser wäre nicht verfügbar und von einer Bevölkerung könnte keine Rede sein, es war also unbewohnt. Obendrein auch noch flach wie ein Tisch! Was also war daran Besonderes? Es war just durch Anwachsen eines Korallenstocks vielleicht mal entstanden, mit Sicherheit aber nicht vulkanisch – wie Pitcairn.

      Am 14. August gegen 1500 Uhr schob sich der Stein, den wir ansteuerten, hinter der Kimm hoch. Im Radar wurde das Echo schon auf knapp vierzig Meilen Entfernung angezeigt. Wir hielten nördlich auf „Point Christian“ zu, dort vorbei wollte ich dann nach dem Passieren der Nordspitze auf Südost drehen, um das einzige Dorf, Adamstown, zu sehen und dann sollte nach meinen Berechnungen die Sonne schön hinter dem Stein untergehen, so dass vorzeigbare Gegenlichtaufnahmen möglich würden. Und das war’s dann auch schon. Gott sei Dank hatten wir nur eine leicht durchbrochene Bewölkung, so dass es mit Glück schöne Schnappschüsse mit günstigen Sonnenreflexen geben könnte.

      Herrlich, ja fast majestätisch erhob sich der faltige, grünbraune Stein aus den Fluten. Klingt zwar etwas schwülstig, aber beschreibt ackurat meinen Gemütszustand. Das hatte was! Ich hier bei Pitcairn! Laut Karte ging es gleich steil abwärts, die Insel ist vulkanischen Ursprungs, kein Korallenriff säumte die Insel. Klarer Fall. Mit dem Glas konnte man Palmen und Nadelbäume ausmachen. Oben auf dem Top eine hohe, dünne Funkantenne und man konnte außerdem einige weiße Spots im grüngefleckten Felskleid erkennen, die sicherlich die Dächer von irgendwelchen Behausungen darstellten. Im Abstand von nur einer Meile passierten wir einige kleinere, abgebrochene Felsen, ehe wir dann planmäßig auf Südost schwenkten, um die östliche Seite der Insel, die Landungsseite, abzusegeln. Unsere Brücke war nun mit Schaulustigen besetzt, die mit gezückten Digitalkameras auf ihren Moment warteten und nur ich hatte noch zusätzlich meine Schneckenkamera alten Stils am Anschlag.

      Das Kap „Point Christian“, benannt nach dem Chef der Meuterer, es war der zweite Steuermann Fletcher Christian, wurde Steuerbord querab passiert und nun konnten wir schon die Reede von Adamstown gut einsehen. In der Bounty-Bucht lag ein kleiner Kutter. Am UKW hörte ich, wie der sich mit der Landstation unterhielt, in dessen Verlauf er das anlaufende Schiff, also uns, erwähnte. Die Gegenstelle bestätigte dem Kutter, dass er uns nun auch sähe und nun schaltete ich mich auch in den Funkverkehr ein. Ich rief die Landstation und gab ihm meinen Namen, erklärte ihm unser Woher und Wohin und begrüßte ihn. Freundlich antwortet die Gegenstelle und lud uns ein, ob wir nicht gerne für eine oder zwei Stunden hier vor Anker gehen wollten. Sie würden uns gerne Frischobst und Gemüse verkaufen und sich sehr freuen, uns als Gäste willkommen zu heißen.

      Tja, Leute! Wenn man jetzt hätte wollen können dürfen, wie man wollen können dürfte! Ich hätte angehalten, sofort! Aber so musste ich ihn notanlügen und beschwatzen; und nannte den engen Zeitplan und übliche Sicherheitsbedenken meinerseits als Grund für das Ablehnen seines freundlichen Angebotes. Sicherlich hätte man diese eine oder meinetwegen auch drei Stunden durchaus abzwacken können, ohne dass das einer zu Hause mitbekommen hätte. Sogar die Seekarte dieser Insel hatte ich mir der Sicherheit wegen vorab bestellt und nun vor mir zu liegen, um gefahrlos und dicht ’dran vorbei fahren zu können. Aber nur mal angenommen, es würde dann tatsächlich etwas passieren, was auch immer: Probleme mit dem Anker oder der Hauptmaschine; man hätte ein Blackout und gar nichts ginge mehr; ein Mitglied der Besatzung käme zu Schaden; irgendwo bei uns an Bord finge es an zu brennen. Dann müsste ich schon so einen gewissen Ort nennen, wo das geschah. Wie sah sowas denn aus: Reede Pitcairn? Und dann mach mal den Leuten vom Charterer und Reeder klar, was man da gerade mal gesucht hätte und warum man überhaupt dort gewesen sei! Aber um ehrlich zu bleiben: Selbst, wenn nichts passiert wäre, wäre das doch in der Reederei eher bekannt geworden als einem lieb sein konnte. Denn so eine Geschichte blieb nicht verborgen, wenn da zwanzig Nasen zuguckten und später davon rumerzählten. Spätestens nach den nächsten Ablösungen sickerte das durch, weil es ja ein ziemlich ungewöhnliches Ereignis gewesen wäre, womit jeder hätte angeben können. Also, das musste ich mir nicht antun.

      Das dichte Vorbeifahren, wenn man schon mal da war, konnte ich jederzeit ruhigen Gewissens begründen. Oder wenn tatsächlich was passiert wäre, dass man meinetwegen einen zum Arzt hätte schicken müssen, auch das wäre gegangen. Oder, wie ebenfalls schon bei „Lamberts und Büttner“ vorgekommen, dass man mit deren Billigung, sozusagen im offiziellen Auftrage, dort hinführe, um Post oder so abzugeben. Das war übrigens