Klor bi Anker! Oder Weitere Geschichten vom ersten und wahrhaftigen Leben des Kaftains Blaubeer (Band 2). W. A. Kaiser

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Название Klor bi Anker! Oder Weitere Geschichten vom ersten und wahrhaftigen Leben des Kaftains Blaubeer (Band 2)
Автор произведения W. A. Kaiser
Жанр Биографии и Мемуары
Серия
Издательство Биографии и Мемуары
Год выпуска 0
isbn 9783961456918



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bares Geld. Und mehr nicht. Man konnte nur kopfschüttelnd danebenstehen, wenn man den Mackern beim Arbeiten zusah! Technisch waren sie bis auf zwei einzelne Nasen wirklich doof, gerade mal, dass sie wussten, wo beim Hammer der Stiel saß und was ein Nagel war. Damit hatte es sich auch schon. Aber immer schön auf einem Haufen zusammensitzen! Könnte man verrückt werden.

      Mit dem Chief Mate hatte ich dann eine Art Strategie entworfen, wie wir das Problem der mangelnden Produktivität etwas mindern konnten. Wir hatten den Fitter aus der Maschine noch dazu genommen und zwei Gruppen gebildet, die wir in zwei verschiedene Luken steckten. Und dann immer schön von 0600 Uhr morgens bis 2100 Uhr, nur durch die Mahlzeiten und Smoketimes unterbrochen. Glücklich wurden sie dadurch nicht wirklich richtig. Ich aber eigentlich auch nicht, da ich nun zeitweilig die Wache von Chief Mate übernahm, damit der seine Schafe zuhauf trieb, wenn sie meinten, unkontrolliert die Zeit absitzen zu können, was also meistens in der regulären Wachzeit des Chief Mates war. Schließlich hatte ich mit dem Chief Mate zwei Tage vor Erreichen des Hafens, als die Luken klargemeldet worden waren, einen Rundgang (mit weißen Baumwollhandschuhen!) gemacht.

      Selbstverständlich wurden wir da fündig! Aber solcherart ‚Feiertage‘, dass man sich unwillkürlich genötigt sah, sein Auge scharfen Blickes in die Runde zu werfen und zu fragen, ob das nicht doch willentlich geschah? Zumal der Chief Mate vorher selbst einen Check gemacht hatte und diesen Zustand für gut befunden hatte. Und nun der Alte noch höchstpersönlich! Damit aber hätte er rechnen müssen! Ich wollte mir doch nicht vorwerfen lassen, nichts getan und mich ihm blindlings ausgeliefert zu haben, was zwar für ein ausgesprochenes tolles Verhältnis spräche, aber dafür hätte ich mir ja nun gleich gar nix kaufen können, weil das Kind erst am Brunnen mit dem Krug zusammenbrach!

      Wir fanden sozusagen die Inkarnation des Bösen selbst: Vergammelte Bananen der vorigen Reise! Alleine schon, dass eine Handvoll Bananen, und die hätte sogar noch grün oder gelb sein können und nicht schwarz wie diese, zu finden war, hätte einem Besichtiger doch nichts Anderes bedeutet, als dass hier wohl sichtlich gereinigt, aber nicht sorgfältig genug und vor allem der Laderaum unkontrolliert abgenommen worden war. In summa, dass sich die Schiffsleitung auch nicht des Übereifers schuldig gemacht hatte! Dazu kamen noch etliche Beschädigungen, die übersehen worden waren und Schmierfettflecken von den Gabelstaplern. Es war eine schier endlose Latte, die wir zusammentrugen. Der Chief Mate guckte schon ganz finster. Nur noch zwei Tage bis Buffalo! Und dann flog die Schwalbe über den Eriesee … John Maynard …

      Unsere Krieger mussten nochmal in die Schlacht ziehen. Zu diesem Zeitpunkt setzte uns ein wunderschön hoher, südlicher Schwell ziemlich zu. Das leere Schiff, dessen Schwerpunkt naturgemäß sehr tief lag, benahm sich dann wie ein Stehaufmännchen und es rollte stark nach beiden Seiten, was zwar am deutlichsten auf der Brücke bemerkbar wurde, aber in der Luke nicht minder hinderlich war, weil mit Kreissäge und Flex gearbeitet werden musste und sich der Boden unter einem und der ganze Raum drumrum sowieso bewegte!

      Tage vorher erhielten wir die Anfrage, ob wir nicht doch etwas früher vorliegen könnten, da das Schiff vor uns die ‚pre-loading-survey‘, also genau das Ding, was wir hier gerade bekämpften, nicht bestanden hätte und wir sofort an die Pier könnten. Na, Schiet aber auch! Wir hatten doch sogar schon reduziert, um nicht zu früh dort zu sein, was ja wegen des damit verbundenen höheren Spritverbrauchs auch eigentlich nicht erwünscht war. Na, nochmal gerechnet und dann zurückgetelext: Yes, können wir! Waren also am 5. nachmittags schon da. Das hieß für den Chief: Eine Kohle mehr auflegen und für die Deckscrew: Sich sputen mit den Luken.

      Am Einlauftag erhielt ich morgens die Nachricht, dass das andere Schiff die Mängel nun doch noch behoben hätte und wir demzufolge bis zum nächsten Tag auf Reede warten sollten. Auch nicht schlecht, Herr Specht!

      So erreichten wir Tauranga, meinen kleinen Lieblingshafen in Neuseeland, bei strahlendem Sonnenschein und legten uns weisungsgemäß mit fünf Längen Kette zu Wasser auf siebzehn Meter Wassertiefe vor Anker.

      Die ruhige See flüsterte mir angesichts der besten Voraussetzungen eine gefährliche Botschaft ins Hirn: Mach ein Bootsmanöver! Mach! Mach doch! Lass es fallen! Feigling, Feigling! – Ja, dieses Manöver sollte man mal gemacht haben und turnusmäßig wäre es sogar dran gewesen. Sicherheitshalber konsultierte ich aber dann doch lieber noch schnell den Chief, was er denn so zu meiner Absicht meinte. – Nee, antwortete er, dann passiert immer irgendwas, weil’s immer so war, wenn das Boot zu Wasser ging und er dann mit Reparatur und so’n Schiet zu tun hätte, wo er doch schon genügend Sorgen hatte mit seiner Maschine und den begnadeten Ingenieuren. Nee, besser wohl nich, oder?

      Aber die Bedingungen waren geradezu bilderbuchmäßig ideal! Wie für ’n Film! Kaum Schwell, kein Wind, Sonne mit Blende 8 und die Luken waren endlich auch fertig! Außerdem wusste schon keiner mehr, wann das Boot das letzte Mal zu Wasser war. So wär’s doch schnell hinter uns zu bringen, oder? Also was soll’s? Ich gab meine Absicht dem zweiten Mate bekannt und bestimmte, wer alles mit ins Boot musste. Nach der nachmittäglichen Coffeetime ging’s zu Wasser. Der Chief schüttelte nur den Kopf und wandte sich ab. Dienst ist Dienst, sagte ich mir, nur schnell zu Wasser, eine Runde um das Schiff und wieder hoch. Konnte nicht allzu lange dauern. Außerdem war der Chief Mate, der beim Mann-über-Bord das Kommando im Boot haben würde, und der dritte Mate noch nie mit dem Boot runtergefallen.

      Der Koch meldete sich sogar freiwillig, den kleinen Steward muss ich erstmal suchen, um ihm zu sagen, dass er auch Teil der Crew wäre, ebenso den zweiten Ingenieur, der sichtlich nervös und ängstlich war, die wollten nicht mit, weil ‚das nicht sicher sei‘ und anderer lahmen Argumente mehr, die vorzubringen niemand verlegen war, wenn es half, an Bord zu bleiben. Aber bei mir? Auf Granit gebissen, meine Herren! Hier fiel ins Wasser, wer’s brauchte! Letztlich waren acht Leutchen im Boot und wir starteten das Manöver.

      Ich gab das Kommando zum Wassern und dann, wie erwartet, ruckte das Boot kurz auf der Laufbahn und rumpelte gleitend, immer schneller werdend die Schräge hinab und schoss ins Wasser, dass die Gischt hoch aufschäumte! The boat was waterborn! Es schnitt nur gering mit dem Bug unter und entfernte sich, eine dunkelgraue Abgasfahne hinter sich herziehend, schnell von der Eintauchstelle. Gratulation! Die Jungs, die sich neugierig auf der achteren Station eingefunden hatten, applaudierten laut. Okay, das war’s. Schnell zur bereits ausgebrachten Lotsenleiter, den Koch und Steward abgegeben, damit wir abends was zum Mampfen hätten und eine Runde ums Schiff und zurück in Mutterns Schoß.

      Ich schaute mir die Aktion vom Brückendeck aus an, weil ich sozusagen anstatt des Chief Mates nun die Wache hatte. Der Wagen, also der bewegliche Teil des Davits, der gefiert wurde, um, in der unteren Endlage angekommen, wie ein Galgen das Boot mittels Drähte und Haken aufzunehmen, lief gehorsam und ohne Sperenzchen bis zur Endlage die Laufbahn hinab. Nun hätte sich eigentlich programmgemäß durch die schräge Lage des Davits die Traverse, an der die Haken zum Aufnehmen des Bootes befestigt waren, diese zu Wasser fieren lassen müssen. Was aber ausblieb. Ärgerlich, das! Ich orderte den Davit nochmal ganz nach oben. Wunschgemäß fuhr das tonnenschwere Gefährt wieder hoch. Und noch einmal mit offener Bremse den Wagen in untere Lage laufen lassen, wieder und wieder.

      Es verging Zeit. Irgendwas beklemmte wohl die Traverse in der oberen Lage. Ich schickte den Bootsmann mit noch zwei Leuten nach Brechstange und Holz und dann hoch aufs Davit mit den dreien. Die hingen wie ein Schluck Wasser in der Kurve oben auf dem Davitkopf, gesichert mit einem Fallschutzgurt und strampelten sich ab, bewegten aber auch nichts. So ein Mist aber auch! Es ließ mir keine Ruhe, ich flitzte in die Kammer, zog mich schnell um und war nach kurzem wieder am Platz des Geschehens. Ich musste mir selbst den Schaden besehen. Der Chief guckte finster und begleitete mich zum Davit.

      Dann kam noch der Chief Mate dazu. Mit vereinten Kräften versuchten wir, das verdammte Teil, das bombenfest saß, zu bewegen. Auf einer Seite der Traverse gelang es uns, das Teil um wenige Millimeter, immerhin aber wenigsten sichtbar, wenn auch bei Weitem nicht ausreichend, zu bewegen. Die andere Seite rührt sich aber nicht den Hauch eines Millimeters! Wir quälten uns, denn Platz war da oben auch nicht recht und die Brechstange mit Aufsatzrohr mittlerweile schon so voll Fett geschmiert, wenn man da nicht aufpasste, rutschte man ab und knallte vielleicht noch irgendwie hin oder gar runter! Aber das Ding wollte und wollte nicht.

      Natürlich