Kālī Kaula. Jan Fries

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Название Kālī Kaula
Автор произведения Jan Fries
Жанр Эзотерика
Серия
Издательство Эзотерика
Год выпуска 0
isbn 9783944180649



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Rolle bei den großen Śrauta-Opferungen spielen. Wie jeder Mann mussten sie eine Gruppe von Brahmanen engagieren, die das Ritual für sie durchführten. Es geschah nicht oft, aber es gibt Belege dafür, dass hochrangige Damen Opfer finanzierten und die spirituellen Vergünstigungen erlangten. Auch an den großen Soma-Opfern nahmen die Frauen der Sponsoren teil und gewannen hohen spirituellen Verdienst. In der klassischen Epoche wurde ihre Rolle stark herabgesetzt. Jene Frauen, die an Ritualen teilzunehmen pflegten, wurden durch Priester ersetzt, die einige ihrer Rollen übernahmen; ihre Anwesenheit konnte auch durch Gegenstände aus Gold oder weibliche Figuren aus heiligem Kuśa-Gras (Poa cynosuroides) ersetzt werden. Infolgedessen verschob sich die weibliche Ritualistik von den öffentlichen Śrauta-Riten zu den privaten häuslichen Gṛhya-Riten. Diese Rituale waren nicht so standardisiert wie die offiziellen, sondern eröffneten einen weiten Bereich von individuellen Variationen. Nur unter bestimmten Umständen, wie bei einer Hochzeit, bleib der weibliche Beitrag zum Ritual essentiell.

      Bild 19

      Bhairava

      Bhairava im Chola-Stil, Bronze, 10.-11. Jahrhundert.

      Heute in Paris.

      Was für eine Art von Leben hatte eine Frau im alten Indien zu erwarten? Die Geburt eines Mädchens war nicht immer ein freudiges Ereignis. Bis zum heutigen Tage gibt es Familien, die in den Bankrott getrieben werden, weil sie zu viele Töchter haben. Söhne bleiben in der Familie und bestreiten oft die Altersversorgung ihrer Eltern. Töchter verlassen das Haus nach der Heirat, und die Aussteuer, die Hochzeitsfeier und das Durchfüttern der Gäste kann die Familie für Jahrzehnte, wenn nicht Generationen, in Schulden stürzen. Das ist keine Übertreibung, sondern ein sozialer Missstand. Wenn eine Tochter, wie erwünscht, in eine höhere Klasse heiratet, lässt sich die Familie des Bräutigams diese Ehre oft sehr viel kosten. Dazu kommt die extrem teure Hochzeitsfeier, bei der oft hunderte von Gästen auf beiden Seiten der Familie bewirtet, beschenkt und unterhalten werden wollen. Eine kleinere Feier, mit wenigen Gästen, wäre eine ungeheure Schande und würde auch ihrem Zweck nicht dienen, nämlich zwei große Sippen und deren Freunde und Bekannte zu wirtschaftlichen Partnern zu machen. So betrachteten, ganz entgegen dem menschlichen Instinkt, unzählige Familien die Geburt einer Tochter nur als einen weiteren Schritt hin zum Verhungern. Wenn ein Mädchen heiratete, erwartete man von ihr, dass sie ihre alte Familie vergaß (nicht, dass das jemals funktioniert hätte). Man erwartete von ihr im wörtlichen Sinne, ihren Mann als Gottheit zu verehren, all seinen Befehlen zu gehorchen, all seine Launen zu befriedigen und jede Individualität aufzugeben, die sie zuvor besessen hatte. Bei einer traditionellen Hindu-Heirat wird die Frau ‘die Hälfte ihres Mannes’, aber ihr Mann wird nicht die Hälfte seiner Frau. Hindu-Frauen hatten kaum eine Wahl. Wenn sie jung waren, kommandierten ihre Eltern sie herum; wenn sie verheiratet waren, machte die neue Familie damit weiter. Schau in den Varnāśrama Dharma (Glasenapp 1958), dort kannst Du lesen, dass das Mädchen vom Vater beschützt wird, die Frau von ihrem Mann beschützt wird, die Söhne sie im Alter schützen, und das sie niemals unabhängig sein soll. Die Gesetze des Manu enthalten eine ganz ähnliche Passage, nur dass Manu sich nichts ums Beschützen scherte. In seiner Version geht es darum, ‘gehorsam zu sein’. Die Gesetze des Manu stellen auch fest: Tiere, Trommeln, Analphabeten, Niedrigklässler und Frauen sind es wert, geschlagen zu werden. Die Entwertung der Frauen begann ziemlich früh. Nehmen wir ein Beispiel aus der vedischen Periode: In den Soma-Riten wird der Soma gelegentlich mit Sperma gleichgesetzt. Im großen Soma-Ritus war es Frauen nicht erlaubt, die heilige Flüssigkeit zu zapfen.

      Wie eine Legende erzählt (F. Smith in Leslie 1992), versuchten die vedischen Göttinnen Soma in einen Kelch zu zapfen, aber der Soma war schwach und ‘konnte nicht bestehen’. Taittirīyasaṁhitā 6.5.8 stellt fest: Deshalb kommt es, das Frauen, da sie kraftlos sind, nichts erben und unterwürfiger sprechen als ein böser Mann. Aus demselben Grund, erfahren wir, haben sie keine Identität. Schließlich formten die Götter einen Vajra (Donnerkeil) aus Ghī (reinem Butterfett). Er stärkte den Soma, aber plagte und schwächte die Göttinnen.

      Die altindische Literatur ist voll von bösen Bemerkungen über Frauen, und die Gesetze, die auf diesen Lehren basierten, sind ebenso gnadenlos. Eine traditionell eingestellte Hindu-Frau verbringt ihr ganzes Leben damit, die Männer in ihrer Familie zu bedienen. Selbst Frauen der gehobenen Kasten haben nicht das Recht, sich dem Ritual der zweiten Geburt zu unterziehen, in dem Brāmaṇa (Priester, Lehrer, Gelehrte), Kṣatriya (Krieger, Adlige) und Vaiṣya (Kaufleute) ihre spirituelle Reife erlangen und mit der heiligen Schnur geschmückt werden. Śūdra (Bauern, Diener, Handwerker), Stammesvolk, Unberührbare und Ausgestoßene sind zu diesem Ritual nicht zugelassen und auch keine Frauen. Offiziell ist es Frauen auch nicht erlaubt, die Veden zu studieren, selbständig Opferungen durchzuführen, religiöse Zeremonien abzuhalten oder als Asketinnen die Gesellschaft zu verlassen. Doch hier gibt es zahlreiche Ausnahmen, und in manchen gehobenen Gesellschaftsklassen war es durchaus vorgesehen, dass Frauen lesen konnten und mit der alten heiligen Literatur bestens vertraut waren. Die Situation mag etwas leichter für Frauen aus hohen Klassen und gutsituierten Familien sein und wesentlich besser in der Stadt als auf dem Land, aber insgesamt herrscht ein erstaunliches Maß an Grausamkeit gegenüber Frauen, das bis zum heutigen Tag anhält. Um nur ein Beispiel zu nennen, wurden im Jahre 2001 mehr als siebentausend frisch verheiratete indische Frauen von ihren Männern oder deren Familien getötet, weil ihre Mitgift als zu gering erachtet wurde.

      Nun sind die allgemeinen Ansichten der Gesellschaft nicht ganz so, wie man außerhalb glaubt. Das hinduistische Schrifttum ist durchweg brahmanisch, d.h. es spiegelt die Art wider, wie manche Brahminen die Welt gern hätten. Sie schafften es aber niemals, so viel Kontrolle zu erlangen; wenn Du also Vorschriften in den heiligen Schriften findest, solltest Du daran denken, dass die überwiegende Mehrheit der Inder nicht ganz nach den Gesetzen der Schriften lebt. Es gab und gibt in Indien ja zum Glück keine einzige, verbindliche und verpflichtende heilige Schrift wie im Christentum, und keine militante Kirche die Ketzer und Abweichler verfolgt. So wie überall auf der Welt findest Du auch in Indien Eltern, die ihre Töchter innig lieben, und Ehemänner, die den Verstand haben, ihren Frauen zuzuhören. Wir sollten uns auch hüten, westliche Ansichten über Befreiung und Gleichheit auf eine Kultur zu projizieren, in der eine ganze Menge Menschen glaubt, dass Befreiung nur diejenigen erlangen, die alles und jedes ertragen und erlitten haben, womit das Universum sie nur schlagen kann.

      Der Wert der Frauen hängt sehr stark von der Gesellschaft ab, in der sie leben. Viele orthodoxe Vaiṣṇavas halten sich im Allgemeinen strikt an die brahmanischen Lehren, dass Frauen wie eh und je ihren Männern dienen sollen. Nichtsdestoweniger gibt es eine kleine Gruppe tantrischer Vaiṣṇavas, die Frauen ganz allgemein als Verkörperung der Göttin Śrī Lakṣmī verehren. Diese Idee ist in einem gewissen Umfang im Lakṣmī Tantra 43, 59-72 ausgeführt, wo die Göttin selbst erklärt, dass alle Frauen ihre Manifestation sind. Eine Frau zu missbrauchen, bedeutet, die Göttin zu missbrauchen; schlecht von einer Frau zu denken, bedeutet, die Göttin zu missachten.

      Oh Śakra, so wie keine Sünde ist in Nārāyaṇa noch in mir selbst noch in einer Kuh noch in einem Brahmanen noch in einem Gelehrten vom Vedānta, so, o Śakra, kann kein Böses in einer Frau sein … Diejenigen, die die Erlangung (oder Erfüllung) vom Yoga anstreben, sollen sich immer so verhalten, dass sie eine Frau zufrieden stellen, sofern sie dabei keine Sünde begehen. Man sollte sie als Mutter betrachten, als Gott und als mich selbst.

      (nach Sanjukta Gupta).

      Diese Ideologie muss die Traditionalisten ziemlich verärgert haben. Sie ging auch noch viel mehr gegen den Glauben derjenigen Vaiṣṇavas (der große Mehrheit), die sich nicht mit Tantra befassten. Das Lakṣmī Tantra ist ein fast revolutionäres Werk in den Augen der Fundamentalisten. In vielen Punkten weicht es vom orthodoxen Glauben weit ab. Dennoch enthält es beschränkende Elemente, wie die Ansicht, dass eine Frau die Initiation nur erhalten darf, wenn sie ihren Mann respektiert, niemals ihre religiösen und gesellschaftlichen Verpflichtungen in Frage stellt, eine klare Vorstellung von Wahrheit hat und wenn ihr Mann es erlaubt (LT 21, 40-41). Es gab etliche Frauen, die als tantrische Heilige anerkannt wurden und die ihre spirituelle Tätigkeit