Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 4. Группа авторов

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Название Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 4
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Жанр Документальная литература
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Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783874683203



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steigerte das Auslandsgeschäft und schuf damit auch neue Arbeitsplätze. Eine dringend nötige Unternehmensstrategie, denn das Inlandsgeschäft wies seit 1970 keine Steigerung mehr auf.

      Die Konjunkturschwäche in der Mitte der 1970er Jahre und die zunehmenden Widerstände gegen den Bau von Großkraftwerken beeinträchtigten zunehmend die Geschäftsentwicklung der Deutschen Babcock AG. Um Überkapazitäten im konventionellen Kesselbau abzubauen wurden Umstrukturierungsmaßnahmen vorgenommen, die auch Auswirkungen auf den Personalbestand hatten.

      Auf der Bilanzpressekonferenz am 15. Februar 1977 zeigte sich der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Babcock AG, Hans L. Ewaldsen, erfreut über das bislang erfolgreichste Geschäftsjahr des Unternehmens, andererseits aber auch besorgt: „Wenn die Entwicklung auf dem deutschen Energiemarkt sich nicht baldigst ändert, sind Arbeitsplätze gefährdet!“ (NRZ, 17. Februar 1977)

      Die Erfolgsgeschichte des Babcock-Konzerns setzte sich auch in den nächsten Jahren fort. Im November 1979 sprach Ewaldsen bei der Ehrung der Babcock-Jubilare im Sozialgebäude an der Duisburger Straße erneut von einem „Jahr der Rekorde“ mit einer Umsatzsteigerung um 19 Prozent. Der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats, Dietrich Rosenbleck, zeigte sich dagegen bei dieser Veranstaltung besorgt hinsichtlich der Auswirkungen der „auch in Zukunft unumgänglichen Umstellungen und Rationalisierungen im Werk“ (NRZ, 26. November 1979). Die insgesamt positive Konzernentwicklung der Gruppe Deutsche Babcock galt leider nicht für die Belegschaft am Standort Oberhausen, denn hier reduzierte sich die Beschäftigtenzahl von 1970 bis zum Jahresende 1979 um über 1.400 Mitarbeiter auf 5.300 Beschäftigte.

      Interview mit Friedhelm van den Mond (Teil 2)

       Zum Jahresende 1972 endete auch die Kohleförderung auf der Zeche Alstaden, was für Sie das Ende Ihrer dortigen Tätigkeit als Fahrsteiger bedeutete. Gut ein Jahr zuvor, am 14. Oktober 1971, eröffnete auf dem Gelände der Zeche Concordia das Bero-Einkaufszentrum. Welche Gefühle herrschten damals in der Oberhausener Bevölkerung? Trauer um den schrittweisen Abbau der Bergbautradition oder die Hoffnung auf eine neue wirtschaftliche Entwicklung?

      Ich will mal anfangen mit der Schließung der Zeche Alstaden Ende 1972. Ich erinnere mich gut an meine letzte Schicht auf Alstaden, weil ich damals zu Fuß ganz hinten aus einer entfernten Abteilung zum Schacht gegangen bin. Mir war zum Heulen zumute. Ich wusste: Wo du jetzt 26 Jahre gearbeitet hast, durch diese Strecken gehst du heute zum letzten Mal. Das siehst du alles nicht mehr. Und ich war zu Hause erstmal richtig deprimiert. Auf der anderen Seite hatte ich ja den Aufbruch zu neuen Ufern geahnt. Mitte 1971 hat mich die Aufforderung der Berufsgenossenschaft ereilt, zur Vermeidung einer vorzeitigen Berufsunfähigkeit, die Untertagetätigkeit aufzugeben. Dann hab ich mir gedacht, wenn ihr jetzt glaubt, ich fang irgendwo auf dem Büro an, dann habt ihr euch aber geirrt. Dann machst du ganz was Neues. Ich hab mich dann bemüht, über das Kultusministerium die Hochschulreife zuerkannt zu kriegen. Ich hatte ja kein Abitur. Die ist mir dann zugebilligt worden und ich hatte, als die Zeche 1972 geschlossen hat, den Semesterbeginn in Bochum an der Uni vor Augen. Der war am 1. April. Da habe ich gedacht, die drei Monate zwischen 31. Dezember und 31. März 1973, die wirst du ja auf einer anderen Schachtanlage noch überleben. Für mich war das dann ein neuer Lebensabschnitt, der sicher für mich und auch für meine Familie nicht einfach war, aber wenn man so will, ein Aufbruch zu neuen Ufern.

      Um auf die Eröffnung des Bero-Centers zu kommen. Das Bero-Center war so etwas wie ein Stück Hoffnung. Bero war ja nur möglich, weil die Landesregierung den Bodenfonds geschaffen hatte. Hier war Ankauf der Flächen möglich, genauso wie nach Schließung der Zeche Concordia, wo dann auch durch den Einsatz von Luise Albertz neben Bero, Hans-Sachs-Schule und Berufsförderungswerk auch viele mittelständische Betriebe in Lirich im Gewerbegebiet Am Eisenhammer entstanden.

      Alstaden war ja nur eine relativ kleine Zeche. Die, die nicht in die sogenannte „Anpassung“ – den vorzeitigen Ruhestand – gehen konnten, wurden nach Osterfeld verlegt. Das war ja kein großer Weg. Denn Osterfeld suchte noch dringend Bergleute. Ich bin sogar vom Vorstand gebeten worden: Gehen sie in jedem Fall mit, sie sind das Zugpferd. Wenn sie mit nach Osterfeld gehen, gehen die anderen auch alle. Also Bergleute wurden da auf anderen Schachtanlagen noch gesucht. Und wie gesagt, das was inzwischen auf den stillgelegten Flächen von Concordia passiert war, das vermittelte den Menschen schon ein Stück Hoffnung.

       Aus der gegenwärtigen Perspektive betrachtet hat Oberhausen eine sehr interessante und sicherlich für die Region Ruhrgebiet besondere Entwicklung mit seinem Einzelhandel genommen. Hat es zum damaligen Zeitpunkt schon eine Rolle gespielt, ob das Bero-Zentrum und unser „Geschäftszentrum Marktstraße“ vielleicht in eine Konkurrenzsituation zueinander geraten könnten?

      Das hat eigentlich nicht eine so große Rolle gespielt. Natürlich gab es einige, die der Meinung waren, die Marktstraße leidet darunter. Aber große Widerstände gab es eigentlich nicht, weil jeder geglaubt hat, Bero, mein Gott, ob die überhaupt überleben können? Der tradierte Einzelhandel war ja damals auf der Marktstraße noch weitgehend das vom Inhaber geführte Fachgeschäft. Die Mieten haben sich im Bereich Marktstraße so entwickelt wie in vielen Innenstädten, dass ein nicht vom Eigentümer geführtes Fachgeschäft die Mieten nicht mehr aufbringen konnte. Die Marktstraße wurde dann erst in den 1970er und 1980er Jahren austauschbar, weil es dort nur Kettenläden gab und gibt, die man in jeder Stadt findet, dieses haben offensichtlich die Eigentümer nicht begriffen.

      Sicher spielt für den Einzelhandel auch eine Rolle, dass es diese Einkaufszentren gibt. Aber ich glaube, die Rolle, die die Eigentümer der Immobilien auf der Marktstraße gespielt haben, die muss man sich auch mal in Erinnerung rufen: Die sind in keinem Fall auf die Veränderungen im Einzelhandel hin zu Ketten und zu Einkaufszentren eingegangen, die haben lieber leer stehen lassen als die Mieten zu senken.

       (Fortsetzung des Interviews auf Seite 98)

       Alt-Oberhausen verändert sein Gesicht

      Die Stilllegung der Zeche Concordia war der Beginn nachhaltiger Veränderungen in der Wirtschaftsstruktur und im Stadtbild. Auf dem ehemaligen Zechengelände erfolgten nach der Eröffnung des BERO-Centers innerhalb weniger Jahre der Neubau der Hans-Sachs-Schule (Gewerblich-technische Berufsschule), der Bau von 750 Wohnungen in der City-West und der Neubau des für 750 Rehabilitanden geplanten Oberhausener Berufsförderungswerks, das am 15.Juni 1979 eröffnet wurde.

      Die Realisierung dieser städtebaulichen Großprojekte im Umfeld des Hauptbahnhofs führte zu einer Konzentration des Verwaltungshandelns der Stadt und der Fördermittel auf die „Neue City-West“. Der in Sterkrade und Osterfeld geplante Wohnungsbau und die diesen ergänzenden Infrastrukturmaßnahmen mussten zunächst zurückstehen. Der damalige Oberstadtdirektor Raimund Schwarz erwartete vielmehr, dass sich die Entwicklung dieser beiden Stadtteile „getragen von privater Initiative, unter leitender Hand der Stadt vollziehen werde“ (WAZ, 2. April 1972).

      1974 gaben die Grillo Werke nach 130 Jahren ihre Oberhausener Produktionsanlagen, zunächst die Kunststoffverarbeitung und dann die Zinkweißproduktion, an der Danziger Straße auf. Die 170 Beschäftigten erhielten Arbeitsplatzangebote in anderen Grillo-Werken. Die Zinkweißforschungs- und die Zinkweißhandelsgesellschaft blieben bis in die 1980er Jahre in ihrem Gebäude an der Schwartzstraße (WAZ, 24. Februar 1973).

      Das Jahr 1974 bedeutete auch für ein weiteres industrielles Traditionsunternehmen, nämlich die Zinkfabrik Altenberg mit rund 130 Beschäftigten, das Ende. Die Verlagerung der Produktion nach Essen sollte allerdings noch bis 1981 dauern. Doch schon 1978 erarbeitete das Stadtplanungsamt eine Projektstudie zur späteren Nutzung des Fabrikgeländes als Kulturzentrum. Bis zur Eröffnung des heutigen LVR-Industriemuseums im Jahr 1987 und der ersten Großveranstaltung 1982 im soziokulturellen Zentrum Altenberg sollten noch Jahre vergehen.

      In den 1970er Jahren galt Oberhausen