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S. 384.

Der Chef der Sicherheitspolizei und des SD Berlin, den 14. Juli 1941
IV A 1– B.Nr. 1 B/41 g.Rs. [Stempel: Geheime Reichssache!]
[Stempel: Lagezimmer]

      30 Ausfertigungen, 22. Ausfertigung

      Ereignismeldung UdSSR Nr. 22

      I) Politische Übersicht:

      a) Im Reich: Stapoleit Wien meldet, daß in der Nacht zum 13.7.41 in Wien vier Fernsprechzellen durch Explosion von Sprengkörpern zertrümmert wurden. Die Sprengwirkung war derart stark, daß benachbarte Häuser in Mitleidenschaft gezogen wurden. In der gleichen Nacht wurden in Wien, allerdings in anderen Straßenvierteln, kommunistische Flugblätter verteilt, die zu Attentaten und Sabotage auffordern. Als Gegenmaßnahme wurden am 14.7.41 alle irgendwie bekannt gewordenen kommunistischen Funktionäre festgenommen.

      Auch aus den übrigen Gebieten des Alt-Reichs wird eine erhöhte Flugblattpropaganda gemeldet. Die Flugblätter fordern gleichfalls zu Aktionen im Sinne des langsamer Arbeitens und zur Sabotage auf.

      b) Aus dem Generalgouvernement und den besetzten Gebieten liegen keine besonderen Meldungen vor.

      II) Meldungen der Einsatzgruppen und -kommandos:

      Einsatzgruppe A (Stahlecker): Standort Riga.

      Der Chef des rückwärtigen Heeresgebietes, General von Bock [Roques],1 teilte mit, daß lettischer Vertrauensrat in bisher geplanter Besetzung geplatzt und überholt sei.2 Als Verbindungsmann ist zunächst nur Oberst Plenzner tätig.3 Nunmehr völlig neue Lage. Unter diesen Umständen gewinnen die Kreise, die die Restauration der innerpolitischen Verhältnisse vor dem Russeneinmarsch zum Ziel haben. Auferstehung der Ulmanis-Clique.4 Wachsende Empörung aufbauwilliger positiver lettischer Kräfte, da völlig ausgeschaltet.Verschlechterung deutsch-lettischer Verhältnisse zwangsläufig in Kürze die Folge.

      Einsatzgruppe B (Nebe): Standort Minsk. Keine besonderen Meldungen.

      Einsatzgruppe C (Rasch): Standort z. Zt. Zwiahel, auf dem Wege nach Shitomir.

      Shitomir kann auf direktem Wege nicht erreicht werden, da auf Straße 40 km vor Shitomirschweres Artilleriefeuer liegt. SS-Brif. Dr. Rasch, der mit Vorauswagen Gelände erkunden wollte, befand sich 3 1/2 Stunden mit Adjutant und Fahrer im schweren Feuergefecht.

      Einsatzgruppe D (Ohlendorf): Standort Piatra.

      Meldung bei Generaloberst von Schobert5 ist am 12.7. durch SS-Staf. Ohlendorf erfolgt. Ergebnis der Besprechung: 1) Generaloberst legt Wert darauf, Kdos. nicht in Bereitschaftliegen zu lassen, sondern elastisch einzusetzen. 2) E.Gr.Chef freie Hand über Einsatz derKommandos. 3) Xb und XIa werden sich möglichst schnell von den rumänischen Armeenlösen und mit deutschem AK vorgehen. 4) Standort der E-Gruppe wird beim nächstengrößeren Sprung der elften Armee von Jassy nach vorn an Standort der Armee gelegt.Für Kdo. Xb ist Erledigung der Aufgaben in Czernowitz in drei bis fünf Tagen vorgesehen.Kdo. wird dann am Ort in Bereitschaft für vorgehendes deutsches AK bleiben. Für Kdo.XIa ist mit Generaloberst vereinbart, daß Kdo. in Barlad in Bereitschaft bleibt, um mit 54. deutschem AK nach Kischinew vorzustoßen. Standort Xa ist Belzy. EK 10b: Standort Czernowitz, Vorkommando in Chotin. In Czernowitz wurde folgendes festgestellt: 1) Rumänen erklären Nordbukowina als rumän. Hoheitsgebiet.6 2) In rumän. Gefängnissen in Czernowitz größere Anzahl Juden ärmerer Schichten. Intelligenz kaum vertreten. 3) Rumänen neigen zur Beseitigung der ukrainischen Führerschicht, um Ukrainerfrage in der Nordbukowina unter Ausnutzung der gegenwärtigen Umstände restlos zu erledigen. 22 Ukrainer in Czernowitz in rumän. Haft. Hierzu sind folgende Weisungen an Xb gegeben: a) Einwirkung auf rumän. Stellen, in Judenfrage schärfer vorzugehen. Jüdische Versammlungen sollen von uns ausgehoben und Komplotte aufgedeckt werden, um das Vorgehen der Rumänen auch gegen jüdische Intelligenz zu aktivieren und selbst eingreifen zu können. b) Um für uns wertvolles Ukrainertum, insbesondere OUN-Leute, zu schützen bezw. auszutauschen, werden den Rumänen Kommunisten zur Verfügung gestellt. In Chotin hat Xb Aufgaben durchgeführt. Intellektuelle führende Persönlichkeiten aus sowj. Partei und Staatsleben, jüd. Agitatoren, Lehrer, Rechtsanwälte, Rabbiner wurden durch mehrere Razzien mit Hilfe ukrain. V-Männer erfaßt und entsprechend behandelt.7 Jüdische ärzte wurden für sanitäre Betreuung der Einwohner frei gelassen.8

      III) Militärische Ereignisse: Meldungen über militärische Ereignisse liegen nicht vor.

      Verteiler:

      RFSS und Chef der Deutschen Polizei

      Nr. 13: Otto Ohlendorf (links), Kommandeur der Einsatzgruppe D

      Chef der Sicherheitspolizei und des SD

      Chef der Ordnungspolizei

      Alle Amtschefs I, II, III, IV, V, VI, VII

      SS-O-Stubaf. Rauff

      IV D, IV D 1, IV D 2, IV D 3, IV D 4

      IV E,IV E 5

      II A 1

      Pol.Rat Pommerening

      Reg.Rat Paeffgen

      IV-Gst.

      IV A l d (5 Reserve)

       Aus:BAB, R 58/214

      1 Gemeint ist General Franz von Roques (1877–1967), Berück Rußland-Nord 1941–April 1943; Nachlaß im BA-MA, N 153; vgl. Hasenclever: Wehrmacht und Besatzungspolitik in der Sowjetunion, S. 108– 120, 212–215, 542–551.

      2 Am 11.7.1941 fand in Riga unter Leitung von Alfred Valdemanis unter Teilnahme des Oberstlt. Voldemars Weiss, des Erzbischofs Grünbergs, von Bernhards Einbergs, Ernest Kreismanis, Viktor Deglavs u. a. ein Zusammentreffen der Führer lettischer Organisationen, der Kirchen u. Nationalverbände statt, wo Valdemanis, Deglavs u. der nicht anwesende Gustav Celminsˇ beauftragt wurden, Hitler-Deutschland für die Befreiung Lettlands zu danken, aber zugleich die Wiederherstellung des lettischen Staates als erklärtes politisches Ziel des Gremiums artikuliert wurde. Die Mitglieder des „Vertrauenskomitees“ gaben sich dabei der Illusion hin, daß sie im Einklang mit der Wehrmacht u. den „Behörden Großdeutschlands“ agierten. Dies stand jedoch im vollkommenen Gegensatz zu den politischen Plänen des Dritten Reiches, weshalb dieses Gremium nicht mehr zu tolerieren war; Zusammenkunft der Vertreter Lettischer Organisationen am 11.7.1941 in den Räumen des Bildungsministeriums, LVVA, 1018– 1–2.

      3 Gemeint ist Aleksanders Plensner, geb. 1892. Dieser war vor der sowjetischen Besetzung Lettlands Militärattaché seines Landes in Berlin gewesen, wo er auch Zuflucht fand. Beim deutschen überfall auf die UdSSR arbeitete Plensner mit der Abwehr zusammen, die in Königsberg etwa 200 verwendbare Exil-Letten versammelt hatte u. deren weiteren Einsatz von dort aus koordinierte. Sein politisches Engagement wurde vom AA als so gewichtig eingeschätzt, daß es am 23.6.1941 Kontakt mit der Abwehr aufnahm, um „irgendwelche politisch vollzogenen Tatsachen“ in Lettland von vornherein zu unterbinden. Plensner erreichte um den 5.7. Riga u. versuchte – zunächst autorisiert durch Papiere des Marinebfh. Lettland – Personal für auf ihn verpflichtete lettische Verbände zu rekrutieren; vgl. ADAP, Serie D, Bd. XIII/1, S. 3 f.; Felder: Lettland im Zweiten Weltkrieg, S. 180, 269.

      4 Bezieht sich auf den führenden lettischen Politiker der Zwischenkriegszeit, den Führer des Bauernbundes u. Ministerpräsidenten Ka¯rlis Ulmanis, der zunächst dem demokratisch gewählten Parlament (Seima) vorstand,aber am 15.5.1934 Lettland durch einen Staatsstreich in ein von ihm u. einer Gruppe Vertrauter autoritär geführtes Regime verwandelte. Bei der Besetzung des Baltikums wurde Ulmanis von den Sowjets in Haft genommen u. am 22.7.1940 nach Woroschilowsk deportiert, wo er verstarb. Dagegen vermochten sich viele seiner Anhänger in den Westen abzusetzen oder in den Untergrund zu gehen; vgl.