Die »Ereignismeldungen UdSSR« 1941. Группа авторов

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Название Die »Ereignismeldungen UdSSR« 1941
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Жанр Историческая литература
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Издательство Историческая литература
Год выпуска 0
isbn 9783534720613



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Warschau, für Wilna zu beschaffen. Durch ein nachrichtendienstliches V-Männernetz werden die einzelnen völkischen Gruppen im Wilnagebiet: Litauer, Polen, Weißruthenen in ihrer politischen Tätigkeit überwacht. Eine Reihe polnischer Geheimorganisationen, die sich während des Sowjetregimes im Wilnagebiet gebildet hatten, konnten erfasst werden und werden laufend überwacht. Eine antideutsche Betätigung konnte bisher nicht festgestellt werden. Durch Maßnahmen der Militärverwaltung ist jetzt die Lebensmittelversorgung Wilnas für 14 Tage gesichert. Das Stadtkomitee hat nach deutschem Muster eine Lebensmittelkartenverteilung durchgeführt. Auf Veranlassung der Militärverwaltung haben auch die ehemaligen litauischen Justizbehörden ihre Tätigkeit in beschränktem Maße wieder aufgenommen, um vor allem durch Schnellverfahren Verstösse gegen hygienische Verkaufsvorschriften, gegen Lohn-und Preisstopverordnungen zu ahnden, ferner zur Schleichhandels-und Wucherbekämpfung. In Wilna ist durch das Einsatzkommando IX umfangreiches Aktenmaterial im dortigen jüdischen Museum beschlagnahmt worden, das eine Niederlassung des zentralen Moskauer Instituts für jüdische Kultur darstellt.8

      In Bialystok wurden ausser den 215 jüdischen und bolschewistischen Funktionären noch 35 NKWD-Agenten erschossen. Die Dienststelle des NKWD war völlig ausgebrannt. Lediglich in den Kellergewölben konnten noch verschiedene Listen sichergestellt werden. Die Exekutionen erfolgen in gleicher Stärke laufend weiter. Es hat sich gezeigt, daß der polnische Teil der Bevölkerung die exekutive Tätigkeit der Sicherheitspolizei durch Erstattung von Anzeigen gegen jüdische, russische und auch polnische Bolschewisten unterstützt. Die polizeiliche Sicherheit des Stadtbezirks sowie der umliegenden Ortschaften ist z. Zt. infolge Fehlens weißrussischer Polizeikräfte nicht ausreichend gewährleistet. Die Sowjets haben bei ihrem Einzug in Bialystok im Jahre 1939 alle Polizei-und Strafvollstreckungsbeamten nach Sibirien verschickt und die Exekutive mit einem neu aufgestellten Beamtenapparat ausgeübt. Dieser Apparat ist jedoch vor der Besetzung durch die Wehrmacht von den Russen durch Vernichtung aller Akten und Vorgänge und durch die Flucht der Beamten restlos aufgelöst worden. Es wird daher unter Heranziehung der weißruthenischen Kräfte und ehemals polnischer Kriminalbeamter eine Hilfspolizei gebildet, die dem Einsatztrupp in Bialystok sachlich unterstellt ist. In Grodno und Lida sind zunächst in den ersten Tagen nur 96 Juden exekutiert worden. Ich habe Befehl gegeben, daß hier erheblich zu intensivieren sei.9 Das Haus der kommunistischen Partei in Grodno wurde sichergestellt und das aufgefundene Material beschlagnahmt. Im NKWD-Gebäude konnte eine Kartei mit Lichtbildern erfasst werden; ferner wurden Fotos gefunden, die Aufschluss über die Mordarbeit der GPU geben, sowie Aufzeichnungen eines russischen Offiziers, aus denen einzelne Vorbereitungen der Sowjets zum Krieg erkennbar sind. Die Tätigkeit aller Kommandos hat sich zufriedenstellend entwickelt. Vor allem haben sich die Liquidierungen eingespielt, die jetzt täglich in grösserem Maße erfolgen. Die Durchführung der notwendigen Liquidierungen wird jedenfalls unter allen Umständen gewährleistet. In steigendem Maße zeigt sich, daß hinsichtlich der Erfassung von Widerstandsbewegungen, Partisanen, roten Funktionären, Juden die Hauptlast bei den Einsatzkommandos im rückwärtigen Heeresgebiet liegt, bedingt durch das allmähliche Auftauchen der in die Wälder und Sumpfgebiete Geflüchteten. Ein schnelles Vorziehen der Einsatzkommandos ausserhalb ihres Sicherungsdivisionsbereiches ist deshalb sachlich nicht zweckmäßig.

      Von den Einsatzgruppen C und D liegen keine besonderen Meldungen vor.

      III) Militärische Ereignisse: Keine Meldungen eingegangen.

      Verteiler:

      RFSS und Chef der Deutschen Polizei

      Chef der Sicherheitspolizei und des SD

      Chef der Ordnungspolizei

      Alle Amtschefs I, II, III, IV, V, VI, VII

      SS-O’Stubaf. Rauff

      IV D 1, IV D 2, IV D 3, IV D 4

      IV E, IV E5

      II A 1

      Pol.Rat Pommerening

      Reg.Rat Paeffgen

      IV-Gst. (3 Stück)

      IV A 1 d (5 Reserve)

       Aus:BAB, R 58/214

      1 Die deutschen Berechnungen des russischen Getreideüberschusses waren ebenso oberflächlich u. unzureichend wie die Kriegsvorbereitungen im Allgemeinen, da sie auf einer erheblichen Unterschätzung basierten. Zu den ernährungs-u. wirtschaftspolitischen Erwartungen u. Planungen deutscher Instanzen vor Beginn des „Unternehmens Barbarossa“: Pohl: Die Herrschaft der Wehrmacht, S. 64ff.; Christian Gerlach: Krieg, Ernährung, Völkermord. Forschungen zur deutschen Vernichtungspolitik im Zweiten Weltkrieg, Hamburg 1998; ders.: Kalkulierte Morde, S. 36ff.; Browning/Matthäus: Die Entfesselung der „Endlösung“, S. 347ff.; Alex J. Kay: Exploitation, Resettlement and Mass Murder. Political and Economic Planning for German Occupation Policy in the Soviet Union, 1940–1941, New York-Oxford 2006, S. 26 ff.; ders.: „Hierbei werden zweifellos zig Millionen Menschen verhungern“. Die deutsche Wirtschaftsplanung für die besetzte Sowjetunion und ihre Umsetzung 1941–1944, in: Transit – Europäische Revue 38, 2009, S. 55–77; ders.: Verhungernlassen als Massenmordstrategie. Das Treffen der deutschen Staatssekretäre am 2. Mai 1941, in: Zeitschrift für Weltgeschichte 11(2010), S. 81–105.

      2 Die Politik der verbrannten Erde, welche die Rote Armee bei ihrem Rückzug anwandte u. hier erstmals von den EG bemerkt wurde, überraschte die Deutschen völlig; vgl. Klaus Segbers: Die Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg. Die Mobilisierung von Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft im „Großen vaterländischen Krieg“ 1941–1943, München 1987; Arnold: Die Wehrmacht und die Besatzungspolitik in den besetzten Gebieten der Sowjetunion, S. 158 ff.

      3 Mit der Reorganisierung der Landwirtschaft im Besatzungsgebiet waren je nach Region u. Zeitpunkt unterschiedliche Instanzen vor allem der Wehrmacht u. der Zivilverwaltung beschäftigt; vgl. Pohl: Die Herrschaft der Wehrmacht, S. 87ff.; Gerlach: Kalkulierte Morde, S. 142ff.; zur weißrussischen Hilfsverwaltung: ebd., S. 196 ff.; Chiari: Alltag hinter der Front, S. 123 ff.

      4 Zu den Exekutionen im dortigen Zivilgefangenenlager: Gerlach: Kalkulierte Morde, S. 503ff.

      5 Zur Ghettoisierung der Juden in Minsk: ebd., S. 521 ff. Die Anordnung der FK dazu erging am 19.7.1941; NARB, 359–1–8. Die Einsetzung von Judenräten erfolgte durch Verwaltungsanordnung Nr. 2 Berück Mitte v. 13.7.1941; ebd., 393–3–42; grundlegend dazu: Shalom Cholawsky: The Jews of Bielorussia during World War II, Amsterdam 1998.

      6 „Geheime Feldpolizei und Sicherheitsdienst (SD) wirken zusammen bei der Bekämpfung jüdischer Übergriffe. Sämtliche Juden sind durch Abzeichen gekennzeichnet. Eine große Zahl von Erschießungen hat bereits stattgefunden. Ich habe mit dem sehr loyalen Führer des SD, Obersturmbannführer Dr. Filbert, vereinbart, daß diese Erschießungen möglichst unauffällig stattfinden u. der Truppe verborgen bleiben“, Bericht über die Tätigkeit des Div.Stabes 403 in Wilna (undat./1941), BA-MA, RH 26–403/4a; vgl. Urteil LG Berlin v. 22.6.1962, BAL, B 162/14138; Kruk: The Last Days of the Jerusalem of Lithuania, S. 51 ff.

      7 Die Befürchtungen der NS-Führung vor einer Verselbständigung nationaler Eigenständigkeitsbestrebungen artikulierten sich deutlich in Hitlers Ausführungen am 16.7.1941 vor führenden NS-Funktionären (Himmler war allerdings bei dieser Besprechung nicht dabei): IMG, Bd. 38, S. 86–94; Browning/ Matthäus: Die Entfesselung der „Endlösung“, S. 388 ff., 399 f.

      Nr. 12: Angehörige der zur Einsatzgruppe C abgeordneten Kompanie des Reserve-Polizeibataillons 9

      8 Bezieht sich wahrscheinlich auf die 1892 in Wilna gegründete Strashun Judaica-Bibliothek, deren Bestände später vom Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg im Gebäude des 1925 gegründeten Yidisher Visnshaftlekher Institut (YIVO) gesichtet u. ins Reich abtransportiert wurden; vgl. Kruk: The Last Days of the Jerusalem of Lithuania, S. 212ff. Die EG betrieben im Auftrag des RSHA ihre eigenen Archiv-u. Bibliotheksrequirierungen in der besetzten Sowjetunion.

      9 Zu Heydrichs Kritik an der fehlenden