Dunkler Paladin. Cole Brannighan

Читать онлайн.
Название Dunkler Paladin
Автор произведения Cole Brannighan
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783948695378



Скачать книгу

Mann anlachen konnte, ohne dem gleichen zweimal begegnen zu müssen. Liebe und Zuneigung hatte sie noch nie viel Wert beigemessen, da sie nicht für die Ewigkeit geschaffen waren. Stattdessen setzte sie auf Angst, Respekt und Gehorsam, Werte, auf deren Schultern man ein Imperium gründen konnte. Dennoch half das alles nicht, das Bett daran zu hindern, sich zu drehen. Sie schloss die Augen und hoffte, dass sie bald einschlafen würde.

      Ein Geräusch riss Talisa aus dem Schlaf, ihr Mund fühlte sich schal an. Sie schluckte und richtete sich rücklings auf den Ellbogen auf. Neben dem Bett sägte ihre Bekanntschaft ganze Wälder ab.

      Da war es wieder, ein Kratzen … Jemand war vor der Tür und fummelte am Schloss herum.

      Sie wälzte sich aus dem Bett und taumelte in den Stand.

      »Klare Gedanken. Klare Gedanken. Klare Gedanken«, hörte sie sich flüstern. Talisa legte sich den Waffengurt um und war froh, dass sie sich im Suff mitsamt der Rüstung ins Bett gelegt hatte. In der Hoffnung, keinen Laut zu verursachen, zog sie ihren Dolch aus dem Stiefelhalfter und schlich zur Tür. Wer immer da draußen auch stand und sich an ihrem Schloss zu schaffen machte, er würde morgen am Hafen bei den Fischen liegen.

      In der Rechten hielt sie den Dolch, mit der Linken fasste sie den Türknauf und wartete. Es klickte.

      Mit Schwung riss sie die Tür auf und stach den Dolch in die Brust des Mannes, der noch den Dietrich in der Hand hielt. Vor Schreck brachte er lediglich ein Gurgeln zustande, während sein Nebenmann ein Messer zückte. Talisa zog den Dolch wieder heraus und schlug die Tür in die Angel. Unter dem Schlag erbebte das Türblatt und brach die Nase des Mannes dahinter, was Talisa an dem Aufschrei des Kerls vermutete.

      Sie wandte sich um und eilte zum Fenster, schob es auf und blicke hinunter. Es war nicht tief, zwei Stockwerke, wenn sie sich ein Stück heraushängen würde, könnte es klappen. Zwei Schatten stahlen sich auf der Straße durch die Dunkelheit, was ihr verriet, dass man sie dort bereits erwartete.

      Wenn dir nichts mehr bleibt, dann sorge für Chaos.

      Einer der Angreifer hämmerte gegen die Türe, Waffen klirrten, jemand blaffte Befehle.

      Die Tür würde nicht lange halten. Talisa rang nach einem Plan.

      Mach das Beste aus dem Wenigen, was du hast.

      Sie nahm die Öllampe vom Nachttisch und warf sie auf das Bett. Petroleum verteilte sich in einem Flammenteppich über die Schlafstatt. Mit dem Dolch schnitt sie ein Stück Laken ab, holte den Porzellannachttopf unter dem Bett hervor und tunkte den Stoff in die Brühe. Sie wickelte sich den Stoff um Mund und Nase – keine Sekunde zu früh.

      Die Türangeln barsten unter dem Gewicht der Männer, die von außen dagegen drückten. Der Brand beleuchtete mehrere Angreifer in erdbrauner Kapuzenrobe.

      Es war lediglich ein Moment, in dem sie sich im Schein der Flammen maßen, dann warf Talisa ihnen den Topf entgegen. Brühe spritzte in alle Richtungen, als das Porzellan am Türrahmen zerschellte. Zeitgleich sprintete sie vor und rammte dem vordersten Mann den Dolch bis zum Anschlag in den Bauch, zog ihn heraus und trat seinen Körper gegen die anderen. Geschmiedet in der Hitze von Schlachten und Scharmützeln im Norden, machte sie einen Satz nach hinten, während ihr eine Speerspitze entgegenzuckte. Hitze erfasste ihren Rücken, Flammen fraßen sich an den Vorhängen nach oben zur Decke. Das Zimmer loderte im Inferno des Feuers.

      Talisa nahm die brennende Decke an einem Zipfel und schleuderte sie den Männern entgegen, die sich mit einem Sprung zu retten versuchten. Einer schaffte es nicht. Die Flammen schlossen sich um ihn. Unfähig sein Martyrium zu beenden, kreischte er wie ein Chorknabe im Stimmbruch und stolperte hinaus in den Flur. Hinter ihm verwirbelte der Qualm, der von der Decke herunter waberte. Husten, Schreie, Befehle – alles im Trubel des Infernos. Talisa, eine Freundin von Blitzentscheidungen, sprang ins Fahrwasser der wandelnden Katastrophe. Sie rannte an bewaffneten Männern vorbei, die sich eilten, der Menschfackel aus dem Weg zu springen. Als dieser stolperte und sich auf dem Boden wälzte, sprang Talisa über ihn hinweg und polterte die Treppe in den Schankraum hinunter. Nach zehn Schritten erreichte sie den Ausgang. Den Schlag, der sie am Kopf traf und ihr Bewusstsein auslöschte, sah sie nicht kommen.

      Das beständige Tropfen von Wasser in eine Pfütze untermalte das Gestöhne der Gefangenen. Sie saßen in Einzelzellen im Glutlicht einer Esse, die im Mittelpunkt einer Kreisfläche ruhte. Eine Handvoll Eisen lag bis zur Hälfte in der Glut. Der Gestank nach Angst und Schweiß beschmutzte die Luft.

      Kopfschmerzen weckten Talisa. Sie schlug langsam die Augen auf, alles drehte sich.

      Hörte das denn nie auf? Sie griff zur Seite, hatte den Drang ihren Bettgefährten zu schlagen, doch sie fühlte lediglich nackten Steinboden. Im Kampf gegen ihren Brummschädel richtete sie sich auf.

      »Vater Klein hat schon lange keine Frau mehr gesehen«, stammelte ein Mann in Lumpenbekleidung, der sich an ihr Zellengitter drückte. Bart und Haare nahmen sich an Länge nichts, sie waren zu einem graubraunen Haarbündel verwachsen, in dem sich etwas bewegte.

      »Behalte deine Finger bei dir, sonst beiße ich sie dir ab«, schnauzte Talisa, die es nicht schätzte, wenn man sie morgens ansprach.

      War es morgens oder abends? Sie rieb sich die Stirn und zuckte zusammen, als sie die Beule darauf berührte.

      Was war passiert? Ein Liebhaber, viel Alkohol und dann ein Angriff. Man hatte sie entführt. Welcher Narr vergriff sich an ihr?

      »He du, Schmutzbart, wo sind wir hier?« Ihr Hals kratzte und ihre Lippen schmeckten salzig.

      Schmutzbart machte einen Satz nach hinten und streckte die Arme aus. »Firuwahrs Kerker. Wir sind am längsten hier. Leute, die man vergessen hat und von denen man viel lernen kann. Stimmts, Vater Klein?« Er hielt etwas in seiner kruden Faust, das er mit seinem Daumen streichelte.

      Talisa wurde alles klar. Ihr Zellennachbar hatte nach Jahren der Gefangenschaft und Folter seinen Verstand eingebüßt und schwatzte mit Nagern. Sie schätzte ihn auf fünfzig Sommer, etwa zwei Dekaden älter als sie selbst. Brandmale lugten durch Risse und Löcher seiner morastbraunen Bekleidung. Sie blickte an sich herab und stellte fest, dass auch sie Lumpen trug, die nach Schweiß rochen und vor Blutflecken steif waren. Einige gesprenkelt, andere langgezogen. Der Übelste befand sich am Ausschnitt. Einem Collier aus flüssigen Rubinen gleich zeichnete er sich bis zur Brust ab. Ihr Vorgänger hatte den Kopf verloren und ihr ein Sterbehemd vermacht.

      »Wie läuft das hier?«, fragte sie. Was es auch sein mochte, sie wollte es kommen sehen.

      »Was sagst du, Vater Klein? Sie hat keine Geduld? Ja, das denke ich auch.« Er führte seine Hand zum Bart und ließ den Nager hineinkrabbeln. »Einmal am Tag gibts Essen. Es schmeckt nicht, aber es macht satt. Und wenn es nicht krank macht, hilft es dir durchzuhalten. Die Neuen werden gefoltert, aber sterben tun alle. Manchmal vergessen sie einen, so wie mich. Ich weiß nicht, weshalb ich hier bin.«

      »Ich habe Männer, sie werden bereits nach mir suchen. Ich lege diesen Laden in Schutt und Asche und blase es diesem Firuwahr in den Hintern!«

      Schmutzbart lachte. »Große Töne und am Ende bleibt einzig Vater Klein.« Er lachte in seinen Bart hinein.

      »Du mieses Stück Hammelköttel, ich schneid dir gleich die … «

      Schlüssel klirrten an der Tür jenseits des Zellenkreises. Die Angeln quietschten in Schmutzbarts Gelächter hinein, das ein Zeugnis seines Irrsinns war.

      Zwei bärbeißige Männer traten ein, beide mit einem Ölmantel bekleidet. Die Haare sprossen dicht auf ihren Armen und Schultern. Einer hielt einen Schlüsselbund in der Hand, sein Gesicht glänzte vor Schweiß. Er hielt direkt auf Talisa zu und schloss ihre Zellentür auf.

      Sie stellte sich mit den Schultern zur Rückwand und hoffte auf eine Möglichkeit zur Flucht. Als der zweite Mann durch die Tür treten wollte, rannte sie los und rammte dem ersten ihre Faust ins Gesicht. Doch da packte auch schon eine Hand nach ihrem Unterarm und wirbelte sie durch die Zelle gegen das Gitter. Der Aufprall war hart,