Название | Dunkler Paladin |
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Автор произведения | Cole Brannighan |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783948695378 |
Khalea antwortete nicht. Sie beugte sich zu einem Steinhaufen am hinteren Ende der Nische und trug ihn ab. Der Saum ihres Kapuzenmantels schwappte im Wasser vor und zurück.
Nach einer Weile griff sie in das Loch und zog etwas heraus, das einem schwarzen Turmalinsplitter ähnelte und kaum die Größe ihrer Handfläche besaß.
»Das soll alles sein? Eine Muschel!«
»Der Mann, dem ich es abgenommen habe, war bereit, dafür zu töten. Also ja, das ist es.«
»Du hast hier deine Diebesbeute versteckt? Ist das der Grund, wegen dem du gefangengenommen wurdest? Weil du einem anderen Halunken ein Andenken an einen Tag am Strand abgenommen hast? Wenn wir weitersuchen, finden wir noch ein paar Muscheln und basteln eine Halskette!« Finn fand das Ganze lächerlich, aber er hatte sein Wort gehalten. Jetzt musste sie ihm bei der Suche nach Wolfsblut Meena helfen.
Ein Schatten wischte über sie hinweg.
Finn ließ sofort die Lahras auseinanderschnappen und wirbelte herum. Er glaubte, eine Bewegung auf dem Wrack vor ihnen ausgemacht zu haben.
»Was ist da?«, wollte Khalea wissen und zog das geklaute Kuchenmesser.
»Ein Schatten«, sagte Finn. Er wartete den Moment ab, in dem das Schiff wieder so weit oben war, dass er in ein Loch im Rumpf hineinspringen konnte.
Der Regen prasselte auf das Bootsdeck, rann durch Löcher und Risse, fand seinen Weg in den Bauch des Wracks und verwandelte den Laderaum in eine Tropfsteinhöhle aus Moosbewuchs und ramponierten Kisten.
Finn stakste breitbeinig auf die andere Seite des Lagerraums, setzte einen Fuß an die gesplitterte Außenwand und blickte hinaus durch den Regenschleier auf das nächste Schiff, das knapp vier Schritte weit entfernt war.
Khalea tauchte neben ihm auf. »Können wir nicht einfach wieder hochklettern?«
»Wenn ich recht behalte, dann werden wir da oben schon erwartet. Wir müssen einen anderen Weg finden.«
»Wieso schwimmen wir nicht rüber?« Sie schaute über die Bruchkante nach unten ins Wasser.
»Die Schiffe werden aneinandergedrückt und über den Boden der Bucht geschleift. Wir würden zu Fischmehl zermahlen werden, daher ist es besser, wenn wir uns von Rumpf zu Rumpf durcharbeiten.« Finn nahm eine lose Planke aus dem Laderaum und legte sie an die Lochkante zum Nachbarrumpf.
Er trat auf das Brett und balancierte über die mit Moos und Flechten bewucherte Oberfläche zur anderen Seite. Die Gischt einer Welle spritzte auf und trieb ihm Salzwasser in die Augen. Er blinzelte, hielt sich fest und drehte sich zu Khalea, die, ohne zu zögern, über das Verbindungsstück lief.
Finn war überrascht über die Zurschaustellung von Gleichgewicht, die schon fast akrobatische Züge aufwies. Er drehte sich um und schaute auf ein riesiges Loch, dort wo das Heck mit der Kapitänskajüte hätte sein sollen.
Ein Einmaster reihte sich an, schabte mit der Seite seines Bugs an der Bruchkante hoch und runter. Auf der Galionsfigur, die eine Meerjungfrau darstellte, wuchsen rubinrote Algen. Salzkrebse krabbelten über die Holzbrüste und bauten ihre Behausung im Halsstumpf. Als sich die Figur zusammen mit dem Bug neigte, gewährte sie einen Blick auf das Oberdeck des Einmasters. Auf der gesamten Fläche lag ein Segeltuch, unter dem sich Silhouetten von Kisten abzeichneten.
»Wir arbeiten uns unter dem Segel durch, das schützt uns vor neugierigen Blicken«, sagte Finn.
»Ist gut … « Der Wind stahl ihr die restlichen Worte, trug sie fort und heulte über den Schiffsfriedhof in der Trümmerküste.
Der Bug neigte sich erneut. Khalea sprang über die Splitterkante und kroch in den Kistenwald.
Finn sprang ihr nach.
»He, stehen bleiben!«, schrie ein Mann durch den Regen, der sich zu einem Sturm entwickelte.
Finn schlitzte das Segeltuch über ihm auf und kletterte auf eine Kiste. Beim Aufwärtsschwung des Bugs sprang er weiter auf das nächste Schiffsdeck, wirbelte mit der Lahras, drehte sich und entdeckte den Mann. Sein schwarzer Zopf peitschte zusammen mit dem kupferfarbenen Umhang im Wind. Er hob seine Axt und presste einen Rundschild dicht an sich. Seine Rüstungsteile passten weder in Farbe noch in Form zueinander: Wranischer Krummdolch am Gürtel, Rundschild der Nordländer, Brigadenreiterhelm mit Feldbusch aus Nauwold.
Ein Kopfgeldjäger vermutlich. Waffenmeister Senash hatte sich in einer Lehrstunde über sie beschwert, da sie sich weder an Duellregeln noch an ihr Wort hielten. Gegen Menschen mochte das Feuer des Heiligen nicht wie gegen Dämonen wirken, aber es konnte Fleisch versengen, Furcht säen und Rüstungen spalten.
»Dunkelheit naht, o Herr, verleihe mir das Feuer, um gegen sie zu bestehen«, betete Finn und spürte sogleich die Macht in seinen Händen, die Energie, die auch seine Waffe erfasste, und sie mit indigoblauen Flammen überzog.
Finn ging in den Angriff über.
Der Kopfgeldjäger parierte die Lahras mit seinem Schild und büßte das obere Drittel ein, als Finn ihn zerschnitt. Mit einem Satz nach hinten rettete sich der Unbekannte.
Finn wirbelte mit der Lahras herum, dabei sah er aus dem Augenwinkel, wie ihn ein weiterer Kopfgeldjäger aus der Flanke in die Zange nahm. Auch er trug einen Zopf, wenn auch blond, und besaß ähnliche Gesichtszüge. Vermutlich handelte es sich um Brüder, die ihre Erfolge zur Schau stellten, indem sie die Sachen ihrer Opfer am Leib trugen. Das taten alle Kopfgeldjäger, es fehlten nicht einmal die Ohren ihrer Opfer, die sie an einem Lederriemen als grausame Halskette trugen.
Die beiden warteten einen Moment und musterten Finns Haltung. Der seinerseits packte die Lahras am hinteren Ende, zwang seine Kontrahenten mit einem kreisenden Hieb auf eine größere Distanz und rannte los. Der Blonde warf sein Schild und sprang in Deckung. Die Lahras spaltete das Holz und grub sich in die Deckplanken. Finn ließ seine Waffe zum Kurzschwert einschnappen, um den Gegenangriff des Schwarzhaarigen abzuwehren. Funken sprühten beim Aufeinandertreffen der Klingen. Regen prasselte auf das Blatt der Axt. Beide hielten dagegen. Das Indigo der Flammen spiegelte sich in den Augen des Angreifers, an dessen Hals dicke Adern hervortraten.
Nach zwei Herzschlägen trat der Kopfgeldjäger zu. Und obwohl Finns Plattenharnisch den Tritt dämpfte, wurde er nach hinten gestoßen. Er machte einen Ausfallschritt und sah die nächste Gefahr auf sich zukommen. In letzter Sekunde lehnte er seinen Oberkörper nach hinten und entging einer geworfenen Axt, die ihm den Schädel gespalten hätte.
Donner zerriss den Himmel und ließ die Angreifer im Elmslicht des Blitzes aufleuchten, der in einem benachbarten Dreimaster einschlug und den Hauptmast in eine brennende Fackel verwandelte. Die Angriffe sind abgestimmt, dachte Finn gerade, als er einen Ruck unter seinen Füßen spürte. Mit langgezogenem Knirschen brach der Bug vom Rumpf ab, auf dem Finn seinen Stand behauptete.
Der Schwarzhaarige verlor kurz den Halt, fing sich wieder und sprang zum benachbarten Schiff. Er landete ungeschickt auf dem Deck, rollte über die rechte Schulter ab und richtete sich auf. Sein Bruder schwang sich an einem Tau zu einer Sklavengaleere mit aufgerissenen Ruderbänken rüber. Der Bug, auf dem er vorher gestanden hatte, sackte ab und wurde zwischen den Schiffen zermalmt.
Der Schwarzhaarige funkelte Finn mordlüstern an, bevor er von einem gebrochenen Seitenarm des Masts an der Schulter getroffen wurde und zu Boden ging.
Sein Bruder eilte ihm zur Hilfe. Wieder goss ein Blitz Elmslicht über die Szene, dann barst der Himmel in einem Lärm, als würde er zerrissen.
Da die Kopfgeldjäger mit sich selbst beschäftigt waren, wandte Finn sich nach hinten um und suchte nach Khalea. Zu seinem Schrecken erblickte er lange Tentakel, die nach dem Mastkorb griffen, auf den sie sich gerettet hatte. Khalea stach wild in die Luft, unfähig die Gliedmaßen des Meeresungeheuers zu treffen. Auch Finn hatte Mühe, seine Furcht zu unterdrücken, die an seinem Verstand nagte.
Es war ein Höllenschwamm, das wusste er, obwohl er den Kopf noch nicht sehen