Название | Seewölfe Paket 28 |
---|---|
Автор произведения | Roy Palmer |
Жанр | Языкознание |
Серия | Seewölfe - Piraten der Weltmeere |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954399963 |
Zwölfmal war er heute getaucht und hatte keine einzige Muschel gefunden. Darüber war Selim sehr enttäuscht, Ahmed selbst aber auch. Er hatte lediglich ein paar Schwämme mit nach oben gebracht.
„Hier hat es keinen Zweck mehr“, sage Selim. „Vielleicht haben schon andere hier gesucht und alles abgegrast. Wir werden weiter ans Außenriff gehen und dort tauchen.“
Ahmed sah seinen Onkel furchtsam an.
„Am Außenriff taucht aber niemand“, sagte er, „dort ist das Meer tausend Männer tief, wie die anderen Fischer sagen. Es ist sehr gefährlich. Wenn man abgleitet, verschwindet man für immer.“
„Aber es sind Zaubergärten“, erwiderte Selim, „richtige Zaubergärten, in denen es von Muscheln nur so wimmelt. Du wirst Wunder schauen, wie du sie noch nie gesehen hast.“
Der Onkel verstand es, Ahmed zu überzeugen. Wenn etwas gefährlich war, dann strich er mit der Hand durch seinen dunklen Bart, lachte und machte sich darüber lustig.
Von anderen Fischern hatte Ahmed aber gehört, daß es an jener Stelle von Haien und anderen Riesenfischen nur so wimmelte. Es gab da auch eine Strömung, die einen in den finsteren Abgrund zog, wenn man in den Sog geriet. Außer den Fischen aber sollte es da noch andere sehr schreckliche Ungeheuer geben.
Ahmed unterbreitete dem Onkel seine Bedenken, aber der winkte nur lachend ab.
„Die anderen haben nur Angst“, sagte er abfällig. „Deshalb haben sie auch nichts gefunden. Wir aber werden dort die Schwarzen Tränen Allahs finden. Natürlich findet man die Perlen nicht leicht, sonst wären sie ja nicht so kostbar. Aber wer es in seinem Leben zu etwas bringen will, der muß auch eine Kleinigkeit riskieren.
„Auch sein Leben?“ fragte Ahmed zaghaft.
Der Onkel strich wieder durch seinen Bart. Aus den wenigen Silberfäden waren jetzt schon viel mehr geworden.
„Was ist schon – genaugenommen – ein Leben? Es ist nur ein kurzer Augenblick, den Allah uns auf Erden gewähren läßt. Das richtige Leben fängt erst später an, wenn man seine sterbliche Hülle abgelegt hat. Dann wird man von Allah ins Paradies aufgenommen, wo niemand Hunger oder Durst leiden muß. Dort warten die schönsten Mädchen auf einen, dort herrschen Frieden, Ruhe und Überfluß.“
Der Onkel geriet richtig ins Schwärmen und malte Ahmed aus, was ihn alles im Paradies erwarte. Er selbst schien es aber nicht so eilig zu haben, dorthin zu gelangen.
Ahmed selbst hatte es auch nicht eilig, aber er mochte dem Onkel nicht widersprechen, weil der ihn ja durchfütterte – unter großen Entbehrungen, wie er öfter betonte.
Aber da war die Angst vor diesen Tieren, die er nicht kannte, und auch die Zaubergärten fürchtete er, obwohl sie andererseits wieder seine Neugier weckten. Unbehaglich zog er die schmalen Schultern hoch.
Der Onkel erzählte ihm wieder von dem wundersamen schwarzen Riesenvogel, der sich tagsüber im Wasser aufhielt, aber nachts emporstieg und sich in die Lüfte erhob. Wenn man diesen Vogel sah, würde man eine der Schwarzen Tränen Allahs finden, denn der Vogel war der Wächter dieser Tränen.
Bisher hatte Ahmed den wundersamen, unter Wasser lebenden Vogel noch nie gesehen. Nur gehört hatte er von ihm. Es mußte ein mächtiges Tier mit gewaltigen Schwingen sein, die es im Wasser elegant bewegte. Vermutlich war es halb Fisch, halb Vogel, und es gab einige Fischer, die ihn schon mal gesehen hatten. Aber darüber hatten sie sich so erschreckt, daß sie die Suche nach den Schwarzen Tränen vergessen hatten.
Ob das alles so genau stimmte, wußte Ahmed nicht. Er konnte es auch nicht beurteilen. Aber es wurde viel darüber erzählt, abends, wenn die Fischer oder Perlentaucher am Strand beim Essen zusammensaßen.
Selim schreckte ihn aus seinen Gedanken.
„Los, Ahmed, wir segeln hinüber. Ich glaube, heute ist unser ganz großer Glückstag. Heute werden wir sie finden, die Schwarzen Tränen, und dann sind wir reich.“
Der Onkel deutete lachend ins Wasser.
„Das Meer ist heute etwas wild“, sagte er, „aber das braucht dich nicht zu ängstigen. Du bist ja sowieso die meiste Zeit unten, wo es still und ruhig ist. Ich muß da viel mehr Angst haben als du.“
Und wieder strich er lachend durch seinen dunklen Bart.
Eine halbe Stunde später befanden sie sich ganz außen am Riff. Vom Boot aus sah man nicht viel, nur eine helle grünliche Fläche, die jäh durch eine pechschwarze Zone unterbrochen wurde. Das Grün hörte übergangslos auf, und direkt daneben ging es so tief hinunter, daß man die Tiefe nicht einmal ahnen konnte.
Ahmed hatte eine Gänsehaut, als er in das schwarze Wasser blickte. Trotz der Hitze stieg eine Kältewelle nach der anderen in seinem Körper hoch.
„Du mußt dich immer am Ankertau entlangtasten“, riet der Onkel. „Dann kann gar nichts passieren.“
Ahmed nickte kläglich, nahm den Muschelkorb und sah nach, ob das Messer an seiner Hüfte richtig saß. Nachdem er tief Luft geholt hatte, sprang er ins Wasser.
Er hatte noch nie am Außenriff getaucht – ebenso wie die anderen Fischer, die nach Perlen suchten. Sie alle hatten Angst vor der wilden Strömung, der fürchterlichen Tiefe und den gräßlichen Untieren, die das Riff bevölkerten.
Am Ankertau stieg er langsam tiefer ab und sah sich um. Links vor sich gewahrte er eine schwarze drohende Wand. Sie war mit bunten Nesseltieren besetzt, deren Arme sich in der Strömung hin und her bewegten. Finstere Löcher gähnten in der Wand. Nach einem letzten Vorsprung fiel sie steil in die Tiefe ab wie ein gewaltiger Berg, von dessen hohem Grat man schaudernd hinabblickte.
Die Schönheit dieser Welt entschädigte Ahmed allerdings für seine Angst. Am Außenriff war es ganz anders als an den kleinen Korallenbänken. Aber dort war das Wasser auch nicht so tief.
Es war wirklich ein riesiger Zaubergarten, in den er geriet, und er sah sich mit neugierigen Augen um.
Da gab es farbenprächtige Fische, die nicht die geringste Scheu zeigten, als er sich ihnen näherte. Sie wichen erst dann ein Stück aus, wenn er die Hände ausstreckte.
Er erreichte den Stein, der als Anker diente, und hielt sich immer noch an dem Tau fest. Vor ihm befand sich eine wellige Zone aus hellgrünen Gräsern. Sie bewegten sich, als streiche unaufhörlich der Wind darüber. Alles war hier in pausenloser fließender Bewegung.
Wie gewohnt, sah er sich sofort nach Muscheln um. Das hatte Selim ihm immer wieder gepredigt. Er sah jedoch keine einzige, und so ließ er das Tau los und schwamm unter Wasser ein Stück weiter.
Eigenartige Tiere bewohnten diesen welligen Garten. Sie sahen wie kleine Aale aus, waren aber ganz bunt gemustert. Ahmed schwamm ihnen aus dem Weg, denn es gab kleine Seeschlangen, die ungeheuer giftig waren. An ihrem Biß starb man innerhalb kürzester Zeit.
Auch den Abgrund mied er sorgfältig, weil er dort immer das Gefühl hatte, in endlose Tiefen zu stürzen. Er schwamm dicht über den welligen Gräsern und tauchte dann auf, um Luft zu holen.
An der Oberfläche schüttelte er den Kopf, damit Selim wußte, daß er nichts gefunden hatte. Der Onkel nickte enttäuscht zurück.
Beim zweiten Tauchgang stöberte er einen jungen Hai auf, der erst erschreckt die Flucht ergriff, dann aber seine Neugier nicht bezähmen konnte und wieder umkehrte.
Ahmed nahm das Messer zur Hand und verhielt sich ruhig und abwartend. Sein Herz klopfte überlaut in der Brust, als der Hai sich ihm noch weiter näherte. Dann verschwand er ganz überraschend in einem riesigen klaffenden Loch in der Felswand.
Die Welt um ihn herum wurde immer bizarrer und wundersamer. Er bemerkte Fische, wie er sie noch nie gesehen hatte, Korallen von unglaublicher Farbenpracht und Größe.
Jedesmal, wenn er auftauchte, sah er, wie sich die kleine Tartane immer heftiger auf dem Wasser bewegte. Die Gestalt