Название | Seewölfe Paket 14 |
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Автор произведения | Roy Palmer |
Жанр | Языкознание |
Серия | Seewölfe - Piraten der Weltmeere |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954397723 |
Seine Messerlippen hatten sich zu einem hämischen Grinsen verzogen. Er war jetzt Anfang der Fünfzig und hatte viel erlebt, doch seinen Ehrgeiz hatte nichts brechen können.
Seinerzeit, vor fünfzehn Jahren, hatte er eine Galeere kommandiert, die „Tortuga“, und auf jenem Schiff hatten einige Männer eines gewissen Philip Hasard Killigrew als Sklaven schuften müssen. Ein gewisser Dan O’Flynn, der mit zu dieser Bande von Hundesöhnen gehört hatte, hatte ihn, de Faleiro, damals niedergeschossen, als er den Befehl erhalten hatte, einen gewissen Ferris Tucker auszupeitschen.
Nach dem Schuß war Dan O’Flynn über Bord gesprungen, und jener Philip Hasard Killigrew und ein Mann namens Ben Brighton, die ihre Crew von der „Tortuga“ befreien wollten, hatten ihn aus dem Wasser gefischt. Schließlich war ihr Vorhaben gelungen – sie hatten ihre Männer befreit.
Und de Faleiro? Nun, der war damals von der Schußverletzung genesen, doch die spanische Marinebehörde hatte ihn im April 1577 zum Sündenbock gestempelt, weil es zwei lumpigen Engländern gelungen war, die „Tortuga“ zu entern, mit ihr dann die Silber-Galeone „San Mateo“ zu kapern und auf dieser nach England zu verschwinden.
Damit war de Faleiros Laufbahn als Seeoffizier so ziemlich am Ende gewesen – Grund genug für diesen ehrgeizigen Mann, die Engländer aus tiefster Seele zu hassen und zu verdammen. Er hatte es nie zum Kommandanten einer großen Kriegs-Galeone gebracht, sondern war ins Mittelmeer abgeschoben worden und Galeeren-Capitan geblieben.
De Faleiro wußte nur zu gut, daß der „Arwenack“-Ruf das Kampfgeschrei seiner erklärten Feinde war. Er war wie vom Blitz getroffen, als er ihn vernahm. In starrer Haltung stand er da und setzte das Spektiv nicht mehr ab.
„Kaum zu fassen“, murmelte er immer wieder. „Das sind sie, die Bastarde.“
Leider befand sich ein Teil seiner Offiziere gerade an Land, sonst hätte er sofort von der Pier in Damiette ablegen lassen, um die „Mercure“ zu verfolgen. Er wußte nämlich, daß der Franzose nach Brest wollte, hatte dies in der Stadt erfahren, und so konnte er sich leicht ausrechnen, welchen Kurs das Schiff nehmen würde.
Durch die Optik seines Rohres hatte Juan de Faleiro nur zu gut erkennen können, daß ein rothaariger Riese, ein großer Blonder, ein schwarzhaariger Kerl und ein hagerer Mann an Bord der „Mercure“ gegangen waren, zusammen mit den anderen, von denen er annahm, daß sie mit dazugehörten, obwohl er ihre Gesichter bislang noch nicht gesehen hatte, weil sie sich immer ungünstig gedreht hatten. Hin und wieder blendete ihn obendrein die Sonne, so daß er seine Beobachtungen vorerst auf die Personen jener vier Männer beschränken mußte.
Der Rothaarige war Ferris Tucker, die drei anderen hießen Stenmark, Blakky und der Kutscher, soviel war de Faleiro von damals her bekannt. Auf Ferris Tucker war der Spanier dermaßen fixiert – seinetwegen war er ja angeschossen worden –, daß er sich nicht weiter um die beiden Boote kümmerte, die zu einer entlegenen Pier zurücksegelten und dann ebenfalls den Hafen verließen.
Rache, dachte de Faleiro, fünfzehn Jahre sind eine lange Zeit, aber sie vergehen auch wie im Flug, und einen alten Haß können sie nicht ersticken. Kein Jahrhundert würde die Wunden heilen, die man ihm seinerzeit zugefügt hatte.
So faßte er den Entschluß, die Verfolgung der „Mercure“ aufzunehmen, sobald seine Offiziere wieder an Bord der „San Antonio“ zurückkehrten. Er würde bei diesem Vorhaben eindeutig im Vorteil sein, denn mit seiner Galeasse konnte er rudern und segeln und war schneller als die Dreimast-Galeone. Schlief der Wind ein, so leisteten die Ruder weiterhin Vortrieb, die Galeasse war also windunabhängig.
An vierzig Riemen, zwanzig auf jeder Schiffsseite, arbeiteten auf der „San Antonio“ hundertsechzig Gefangene, also pro Riemen vier Mann. Armiert war sie leidlich, auf dem Vorkastell befanden sich zwei 24-Pfünder. Allerdings konnten diese nur voraus im Jagdschuß feuern, wanderte das Ziel aus, mußte das Schiff nachdrehen. Auf der achteren Plattform standen auf jeder Seite je drei Relingsbüchsen, auf den Laufplanken außerhalb der Duchten auf beiden Seiten je vier Drehbassen. An Bord waren zwanzig Seeleute zur Bedienung der beiden Lateinersegel, für Ankermanöver und alle anderen erforderlichen Arbeiten, ferner fünfzig Seesoldaten für den Enterkampf und für die Bedienung der Stücke.
Somit, dachte de Faleiro mit einem befriedigten Blick auf sein Schiff, sind wir für ein Gefecht ausreichend gerüstet. Wir werden es diesen elenden Hurensöhnen schon zeigen. Diesmal bin ich der Sieger.
Davon war er schon jetzt fest überzeugt.
Am 29. Mai, als die Seewölfe mit ihren beiden Jollen Damiette erreicht hatten, spielte sich auf der Marsplattform der gesunkenen „Zeland“ der letzte Akt in dem Drama der Schiffbrüchigen ab.
Reuter und Pravemann hockten hungrigen Wölfen gleich nebeneinander auf ihren Plätzen, die sie seit Stunden nicht mehr verlassen hatten. Sie kauerten einfach nur da und rührten sich nicht. Jack Finnegan und Paddy Rogers versuchten immer wieder, eine Unterhaltung zu beginnen, doch selbst untereinander wußten sie nicht mehr, was sie sich sagen sollten.
Über Jan Martens Tod war seit der letzten Nacht kein Wort mehr gefallen, Piet Reuter hatte aufgehört, Finnegan deswegen als Mörder zu beschimpfen. Finnegan war jedoch weit davon entfernt, zu glauben, daß dies ein gutes Zeichen sei. Es war lediglich die Ruhe vor dem Sturm, der unweigerlich über sie hereinbrechen mußte.
Lähmendes Schweigen lastete drückend auf dem Mars. Die Haie umkreisten weiterhin den Großmast und die Marsplattform, in der beharrlichen Hoffnung, daß es bald Beute für sie geben würde.
Piet Reuter war es schließlich, der das lange anhaltende Schweigen brach.
„Her mit dem Wasser“, sagte er rauh und wies auf die Holzpütz, in der ein jämmerlicher Rest von dem aufgefangenen Naß stand. „Jetzt sind wir wieder dran.“
Finnegan schüttelte den Kopf. „Irrtum. Ihr habt zweimal eure Ration gehabt.“
„Und ihr sauft, soviel ihr wollt, wenn wir schlafen.“
„Das ist nicht wahr.“
„Das ist doch wahr“, sagte der Holländer mit dem Starrsinn eines Kindes. „Du weißt es, Finnegan.“
„Ich weiß nur, daß wir vernünftig bleiben sollten.“
„Vernünftig?“ Dirk Pravemann lachte heiser. „Fängst du wieder mit deinen schlauen Sprüchen an?“
„Her mit dem Wasser“, sagte Reuter, und diesmal klang es drängend. „Ich habe Durst, Mann. Gewaltigen Durst.“
„Ich auch“, flüsterte Pravemann gierig.
„Aufpassen, Paddy“, zischte Finnegan seinem Freund zu. Sie standen beide auf und nahmen eine abwehrende Haltung ein. Finnegan schob den Wasserkübel wieder ein wenig näher zum Rand der Plattform.
Reuter und Pravemann waren nun auch auf den Beinen und schoben sich langsam heran. Der Bootshaken, dachte Reuter, es ist schade, daß wir ihn nicht doch ergattert haben, aber Marten, dieser Idiot, mußte ihn ja von den Haien zerbeißen lassen. Ist nicht schade um den Kerl, der Teufel soll ihn holen.
Wasser, dachte Pravemann, mein Gott, die Zunge liegt mir wie ein Klumpen im Mund. Habe ich überhaupt noch eine Zunge? Sind mir die Zähne ausgefallen? Himmel, ich lalle beim Sprechen! Was ist los?
„Ihr begeht einen schweren Fehler“, warnte Finnegan die Holländer noch einmal. „Ihr könnt die Pütz nicht erkämpfen. Ihr kriegt sie nicht.“
„Rück sie freiwillig raus!“ schrie Reuter, und plötzlich lief er im Gesicht blutrot an.
Finnegan begriff, daß alles Reden keinen Sinn mehr hatte. Selbst auf einen Kompromiß hätten sich Reuter und Pravemann in ihrem jetzigen Zustand nicht mehr eingelassen. Der dünne Faden, der ihre fünf Sinne bis zuletzt noch zusammengehalten hatte, war offenbar gerissen. Sie waren nicht mehr