Название | Ich rede zu viel |
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Автор произведения | Francis Rossi |
Жанр | Изобразительное искусство, фотография |
Серия | |
Издательство | Изобразительное искусство, фотография |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783854456674 |
Schließlich kam es zum Entschluss, dass wir ein letztes Mal mit John ins Studio gehen sollten, um etwas auf die Beine zu stellen. Das Motto lautete: Jetzt oder nie! Uns war das allen schmerzhaft bewusst, doch auf mir lastete der größte Druck, da ich es zu meiner Aufgabe gemacht hatte, einen Song mit Hit-Potenzial abzuliefern. Ich war verzweifelt, wollte nicht gezwungen sein, die Band aufzugeben und – eine schreckliche Umschreibung – mich häuslich niederzulassen.
Und so saß ich eines Tages wieder hinter verriegelter Tür auf dem Klo. Bis zu dem Zeitpunkt hatte ich absichtlich versucht, die Sounds anderer Gruppen aus den Charts nachzuahmen, mir kleine Phrasen hier und da „auszuleihen“ und Refrains zu imitieren.
Nun ging ich aber auf etwas Grundlegendes zurück, meine von der Musik geprägte Kindheit. Mir schwirrte „Poppa Piccolino“ im Kopf herum, der Song, den ich als Kind so sehr liebte – besonders diese fröhliche kleine Melodie, mit der der Song den Zuhörer packt. Ich improvisierte damit auf der Gitarre herum, verlangsamte sie und drückte ihr einen Freak-Stil Jahrgang 1967 auf. Auch hörte ich gedanklich die Jimi-Hendrix-Version von „Hey Joe“. Ich liebte die Fassung, besonders die ultra-groovige Rhythmusgitarre. Und so improvisierte ich auch in dem Stil. Als Nächstes – mehr aus reiner Neugier als aufgrund ernsthaften Bemühens – versuchte ich, sie zu verschmelzen. Aus dem hüpfenden, aufgekratzten Intro von „Poppa Piccolino“ und dem so lässigen wie irre coolen „Hey Joe“ wurde etwas Neues, das tatsächlich gut klang.
In dem Augenblick gingen Jean und ihre Mutter mit dem Kind spazieren. Ich verließ die Toilette, setzte mich auf die Couch und begann mit „spacigen“ Textfragmenten zu spielen, bis ich einen Song mit dem Titel „Pictures Of Matchstick Men“ fertig hatte. Die meisten nehmen aufgrund des Titels immer an, dass die Inspiration von den berühmten Bildern des industriellen Nordens von L. S. Lowry stammte. Tatsächlich hat das nichts damit zu tun. Es war eher ein Versuch, mir einen LSD-Trip auszumalen.
Ich saß auf der Couch und spielte das Stück wieder und wieder. In der einen Minute dachte ich, es sei das Beste, was ich jemals geschrieben hätte, in der nächsten empfand ich es als einen Witz, einen „gestrickten“ Song. Auf jeden Fall bekam ich ihn nicht mehr aus dem Kopf. Dann spielte ich die Nummer der Gruppe vor, und jeder der anderen mochte sie.
Die Feuertaufe kam, als wir ins Studio gingen, um die Platte aufzunehmen, von der wir glaubten, sie sei unsere letzte mit John Schroeder. John hörte sich die Nummer an und mochte sie. Seiner Ansicht nach war es eine gute B-Seite für die nächste Single. Er meinte das als Kompliment, doch für mich glich das einem Rückschlag. John hatte als A-Seite ein eher durchschnittliches Stück mit dem Titel „Gentleman Jim’s Sidewalk Café“ geplant. Es klang exakt wie dieser künstlich gestrickte Sixties-Mist, mit dem wir bereits versagt hatten.
Nachdem beide Tracks im Kasten waren, zeigte sich Johns angeborenes Talent, einen Hit zu erkennen. Er schlug vor, die Single-Seiten umgekehrt zu belegen, womit „Pictures Of Matchstick Men“ nun die A-Seite war. Einzig und allein die Vocals sollten verändert werden, die ich zuerst mit einer Falsett-Stimme gesungen hatte. John schlug vor, mit meiner natürlichen Stimme zu singen, was ich auch tat – es machte bang! –, und plötzlich hatten wir etwas Besonderes. Wir alle wussten es von der Minute an, in der wir uns in der Regie zurücklehnten und den Titel anhörten. Danach nahm John noch einige geringfügige Veränderungen vor, damit das Stück auf den kleinen 2-Inch-Lautsprechern der damaligen Transistorradios gut klang, denn die meisten Leute hörten sich Musik über dieses Medium an. Er hob die schöne Wah-Wah-Gitarre zwischen den Strophen hervor und fügte einen Phasing-Effekt dazu, den die Small Faces bei der „Itchycoo Park“-Single einsetzten, zu der Zeit ein Hit in den Charts.
Wir nahmen den Track im Oktober 1967 auf, die Veröffentlichung war für den Januar 1968 geplant. Doch davor mussten wir uns wieder um ein „winziges“ Problemchen kümmern: einen neuen Bandnamen. Das Palaver bei der BBC hinsichtlich „Almost But Not Quite There“ hatte einen bitteren Beigeschmack hinterlassen. Zudem durften sich Steve Winwoods Traffic seit der Zeit über drei große Hits freuen. Pat begann wieder scharf nachzudenken. Ihm fiel ein Bandnamen ein, den er phänomenal fand – die Crow Bars. Wir waren gerade mitten bei einer Probe im Keller, als er die Treppen herunterkam und ihn vorschlug. Er durfte sich direkt wieder umdrehen und musste verschwinden – mit einem Stiefel im Arsch.
Sein nächster Vorschlag war noch schlimmer: The Muhammad Alis. Das gefiel Pat besonders gut, da wir dann den Slogan „They’re the Greatest!“ nutzen könnten. Wir zogen es in Erwägung, was beweist, wie verzweifelt wir waren, die Band weiterzubringen. Doch wir hatten Glück: Pat wurde die nötige Erlaubnis für die Nutzung nicht gestattet, womit wir wieder am Anfang standen.
Sein nächster Einfall war gut. Wir hatten ihm genau erklärt, was modern und angesagt klang – wie zum Beispiel Pink Floyd oder Amen Corner. Pat wuchs diesmal über sich hinaus und schlug Quo Vadis vor, ein Name, der auf dem Etikett seiner Schuhe stand. Wir stimmten zu, denn es hatte einen speziellen Klang. Allerdings war diese ganze „Schuh-Sache“ nicht besonders anziehend. Dann machte jemand – mit ziemlicher Sicherheit Pat – den Vorschlag: Status Quo. Wir wussten augenblicklich, dass es der richtige Bandname war. Es war einer dieser vielsagenden Begriffe, die man damals oft hörte, denn junge Menschen sprachen ständig davon, den Status Quo, also das Establishment, herauszufordern. 1967 hatten die Beatles mit Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band die Welt von einem nüchternen Schwarz-Weiß-Film in einen kunterbunten Ort verwandelt. Im New Yorker Central Park verbrannten junge Männer ihre Einberufungsbescheide. In Großbritannien hatten wir nun Radio 1, das Underground-Magazin International Times, und Mick Jagger musste wegen Dope in den Knast. Pat wies darauf hin, dass die Leute ständig den Bandnamen aussprachen, ohne es überhaupt zu bemerken. Das war heavy! Allerdings war ich mir nicht ganz so sicher, doch ich wusste, dass ich den Namen wirklich mochte – Status Quo. Ähnlich wie: die Rolling Stones, Pink Floyd oder die Small Faces.
Dann erschien „Pictures Of Matchstick Men“ im neuen Jahr – und nichts passierte. Das war’s für mich. Ich hatte 1967 meinen Führerschein gemacht und mich danach mit meinem Vater über einen Fahrerjob unterhalten. Er hatte tatsächlich schon einen neuen Eiswagen bestellt. Ich saß zuhause bei meinen Eltern und wartete gerade auf den Anruf, das Vehikel abzuholen, als das Telefon klingelte. Es war Pat. Er meinte überschäumend: „Die verdammte Single hat es ‚nur‘ in die Top 30 geschafft!“ Wie bitte? Wie bitte?? Verdammt noch mal, wie bitte??? Damals nannte man das einen Spätzünder. Radio Caroline hatte die Scheibe ein paar Mal gespielt, woraufhin einige Londoner Sender dem Beispiel folgten. Dann bekam Radio 1 das Ding in die Hände und spielte es ebenfalls einige Male. Als Nächstes waren wir in den Top 30, wonach die Nummer ständig im Radio lief. In der nächsten Woche stieg sie auf Platz 11 und danach sogar auf Platz 7. Und dann lud man uns zu Top of the Pops ein! Hey, Mum, schau mal: Wir sind im Fernsehen!
Selbst Leute, die sich noch daran erinnern, was für eine Institution das wöchentliche Top of the Pops im Laufe seiner 40-jährigen Existenz war, können heute kaum mehr nachvollziehen, was ein Auftritt dort für eine Band im Jahr 1968 bedeutete! Mit nur zwei nationalen Sendern in Großbritannien (ja, es gab auch noch BBC2, doch man benötigte eine spezielle Antenne für den Empfang, die die wenigsten besaßen) war eine Einladung, die neuste Single bei Top of the Pops vorzustellen, die Garantie für einen massiven Verkauf. Und das bewies auch „Pictures Of Matchstick Men“. Obwohl das Stück in den britischen Charts nur Platz 7 erreichte, erhielten wir dafür eine Gold-Auszeichnung für den Verkauf von über einer Million Einheiten. Was den Rest der Welt anbelangte, wurde es vermutlich unser größter Hit, denn die Single schaffte es in Dutzenden von Länder in die Top 10. Auch in den USA wurde es mit einem Platz 12 der größte Quo-Hit. Erst Jahre später erfuhren wir, was für eine große Nummer es gewesen war. Da es damals kein Internet, geschweige denn soziale Medien gab, musste man sich auf die Aussagen der Plattenfirmen verlassen. Und die hatten es überhaupt nicht eilig,