Название | Mein Leben mit Jim Morrison und den Doors |
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Автор произведения | John Densmore |
Жанр | Изобразительное искусство, фотография |
Серия | Rockbiographien / Rock-Kultur Rock-Geschichte |
Издательство | Изобразительное искусство, фотография |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783854456346 |
Später hörte ich, dass auch Carpenter „freiwillig“ vom San Fernando Valley State College gehen musste, kurz bevor auf dem Campus die Studentenunruhen ausbrachen.
Meine anderen Seminare waren nicht so verlockend und ich wusste, dass ich auf das setzen sollte, was ich am besten konnte – Musik machen. Und genau zu dieser Zeit rief Ray Manczarek mich an. Er lud mich zum Spielen in sein Elternhaus unten in Manhattan Beach ein. Ich kam dort an und bekam ausgerechnet noch einige unfreundliche Bemerkungen seiner Eltern mit, die sich darüber beschwerten, dass ihr Sohn mit einer Japanerin zusammenlebte. Ich verdrückte mich schnell in Richtung Garage, die der Band als Übungsraum diente. Ray folgte mir aus dem Haus. Er trug Badeschlappen und ein Gänseblümchen im Knopfloch. Ich mochte seine randlose Brille, mit der er für mich ziemlich gut aussah. Wie ein Intellektueller. Er stellte mich seinen zwei Brüdern vor, Rick, dem Gitarristen, und Jim, der die Mundharmonika spielte. Sie nannten sich Rick and the Ravens.
Sie sahen wie typische Hippies aus. Jim trug eine alberne Omabrille. Nicht gerade originell. Sie spielten einige Akkorde, die sie von „Money“, „Louie, Louie“ und „Hootchie Cootchie Man“ abgekupfert hatten. Rick war ein passabler Rhythmusgitarrist, aber irgend etwas fehlte. Ich kam zu dem Schluss, dass sie einen guten Sologitarristen brauchten. Ray spielte ein paar nette Bluesläufe, die noch aus seiner Zeit in Chicago stammten. Dort war er aufgewachsen und hatte sich Tag und Nacht die Radiosender reingezogen, die ausschließlich Blues spielten.
In einer Garagenecke drückte sich ein barfüßiger Typ mit braunen Collegecordhosen und braunem T-Shirt herum. Ray stellte ihn als „Jim, der Sänger“ vor. Die beiden hatten sich an der UCLA-Filmhochschule kennengelernt. Ray verdiente sich durch Nachtarbeit Geld, während er tagsüber für sein Filmdiplom studierte, nachdem er schon einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaft gemacht hatte. Jim war in der Endphase eines vierjährigen Filmstudiums, das er zu der Zeit in einem zweieinhalbjährigen Kompaktkurs absolvierte. Ein heller Kopf. Ein einziges Mal hatte er vorher schon bei der Band mitgespielt, als Ray vertragsgemäß ein sechstes Bandmitglied haben musste. Er hatte dabei nichts anderes zu tun, als am Bühnenrand mit einer Gitarre um den Hals zu stehen, die nicht angeschlossen war. Sie bildeten die Backup-Band für Sonny & Cher. Es war der erste Auftritt, für den Jim bezahlt wurde und dabei spielte oder sang er nicht einen einzigen Ton.
Der einundzwanzigjährige Morrison war scheu. Er begrüßte mich und ging in die Ecke zurück. Ich vermutete, dass die anwesenden Musiker ihm ein unangenehmes Gefühl vermittelten, weil er kein Musikinstrument beherrschte. Während Morrison die Garage nach einem Bier absuchte, gab mir Ray einen zerknüllten Fetzen Papier und grinste dabei wie ein stolzer älterer Bruder. „Lies mal diese Kostprobe aus Jims Texten“, sagte er.
You know the day destroys the night
Night divides tbe day
Tried to run, tried to hide
Break on through to the otber side
Made the scene, week to week
Day to day, hour to hour
The gate is straigbt, deep and wide
Break on tbrougb to tbe otber side
(Du weißt, der Tag zerstört die Nacht
Die Nacht zerteilt den Tag
Wir versuchten zu fliehen, versuchten uns zu verbergen
Brich hindurch zur anderen Seite
Wir tauchten dort auf, Woche für Woche
Tag für Tag, Stunde für Stunde
Das Tor ist nah, groß und breit
Brich hindurch zur anderen Seite.)
„Das hört sich sehr rhythmisch an.“
„Ich habe einen Basslauf dazu, wollen wir’s probieren?“ fragte Ray.
„Ja, lass hören!“
Ray fing an und ich legte auf meiner Snare einen Klopfsound hin, indem ich die Stöcke seitlich anschlug. Jim Manczarek stieg mit einem funkigen Harmonikalauf ein. Morrison fing nach langem Zögern mit der ersten Gesangsstrophe an. Er sang sehr zauderhaft und schaute keinem in die Augen, aber es schwang eine Art Gefühl in seiner Stimme mit, als wenn er versuchte, surreal zu klingen. Ich konnte meinen Blick nicht von ihm abwenden. Seine Gehemmtheit faszinierte mich. Rick spielte eine recht sanfte Rhythmusgitarre, aber aus Rays Orgel drang ein satter, energischer Sound. Danach spielten wir einige Jimmy Reed-Stücke und Morrisons Energie ließ nach. Ich willigte ein, zu weiteren Übungssessions zu kommen, denn es hatte mir gefallen. Ich wusste, dass sie mich haben wollten und dachte, dass ich dieser Sache eine Weile lang nachgehen sollte.
Die nächsten Treffen liefen ähnlich ab, aber ich war mehr und mehr an unseren eigenen Songs interessiert. Wir heckten gemeinsam die Arrangements aus und ich fühlte eine Art Geistesverwandtschaft zwischen uns, besonders zwischen Ray und mir. Ray erinnert sich: „Wir hörten Jim zu, wie er den Text immer und immer wieder sang und der entsprechende Sound ergab sich währenddessen langsam von selbst. Wir fühlten uns geistesverwandt – Acidheads, die einen anderen Weg suchten, um high zu werden. Wir waren uns sicher, dass die Drogen uns nach und nach ausbrennen würden, darum war dieser andere Weg die Musik!“
Und Morrison war geheimnisvoll – er zog mich an.
4
SOUL KITCHEN
Los Angeles, 1965
An einem Dienstagmorgen im Juni eilte ich die Auffahrt zu Rays Ocean Park Appartement hoch, wo Jim lebte. Ich hielt auf dem obersten Treppenabsatz und blickte über die Palmen und die viktorianischen Dächer von Venice hinweg.
Mom und Dad bezahlten mir für das Haus in Topanga keine Miete mehr, nachdem ich die meisten meiner Kurse nicht mehr besuchte. Darum lebte ich wieder bei meinen Eltern. In meinem alten Zimmer hielt ich die braunen Läden vor den Fenstern meistens geschlossen. Mittlerweile hatte ich den Fußboden mit einer zentimeterdicken Schaumgummimatte ausgelegt, auf der unechte Orientteppiche lagen. Auf einer Tischplatte hatte ich einen Altar aufgebaut, der aus Bildern vom Maharishi, Krishna und Paramahansa Yogananda, dem Autor des Buches „Autobiografie eines Yogis“, bestand. Ständig brannten Kerzen. Durch die Hintertür konnte ich zu jeder Tages- und Nachtzeit raus oder rein. Wenn sich der Hunger bemerkbar machte, plünderte ich den Kühlschrank oder nahm die miserable Stimmung beim Abendessen auf mich. Ich hatte meine eigene geheime Welt und die häusliche Routine der Eltern erschien mir hinsichtlich meiner Erlebnisse im Topanga Canyon ziemlich langweilig.
Nichts wäre mir lieber gewesen als unter den Fittichen meiner Eltern hervorzukriechen und mir einen ähnlichen Platz zu suchen wie Ray ihn inzwischen gefunden hatte. Westwood ist so lahm! Das einzige, was ich dort machen konnte, war, um Mitternacht zum Mormonentempel zu schleichen und dort einen Meditationsspaziergang einzulegen. In Venice hätte ich mit Jim zusammensein können. Er war ein faszinierender Mensch und stellte alles in Frage. Zur Hölle: Rays viktorianisches Appartement mit zwei Zimmern kostete inklusiv Meeresblick nur 75 Dollar im Monat!
Venice … Mann! Da treiben sich keine Surfer herum. Dort gibt es Künstler und Musiker. Beatnikstimmung! Toll!
„Hör dir das mal an“, sagte Jim, als er mich ins Haus ließ. Sein Haar war noch nass von der Dusche und während er mich ins Zimmer begleitete, strich er affektiert mit seinen Händen hindurch. Die