Название | Paaf! |
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Автор произведения | Rich Schwab |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783862871902 |
»Ach so, ja«, hatte er gesagt. »Na ja, muss sowieso langsam los.« Hatte sich zu ihr herüber gebeugt, blitzschnell ihre Brustwarze in den Mund genommen – Mmmwah!, hatte Martina gemacht –, eine Sekunde daran gesaugt, war aufgestanden, hatte sich, ohne noch ins Bad zu gehen, angezogen, eine Sache von anderthalb Minuten, hatte sich in der Schlafzimmertür noch einmal herumgedreht, mit einem Augenzwinkern die zur Faust geballte Rechte bis in Schulterhöhe gehoben – und war weg.
Das in den Uranlagern auf der Welt vorkommende Natururan besteht nur zu 0,7 % aus dem spaltbaren U 235. Um eine Kettenreaktion in einem Reaktor zustande zu bringen, muss das Natururan auf 2-4% U 235 angereichert werden. Durch ein Neutron, das von außen auf einen U 235-Kern auftrifft, kann dieser gespalten werden. Dabei spalten sich die U 235-Atome mit bestimmten Wahrscheinlichkeiten in ganz verschiedene Zerfallsprodukte.
»Einfach weg«, sagte Martina. »Und ich lag da und kam mir genau so vor: wie ein Zerfallsprodukt. Das Zerfallsprodukt der Zollerschen Kernschmelze.« Sie kicherte und nahm sich eine weitere Vollkornmakrone aus der bunten Blechbüchse auf dem Schreibtisch. »Die vierte, Georgie? Oder ist das schon die fünfte?«
»Mäb«, machte Georgina, was man problemlos als »mir egal« interpretieren konnte, und gähnte.
Die bei der Spaltung freiwerdenden schnellen und energiereichen Neutronen müssen mit Hilfe so genannter Moderatoren abgebremst werden. Die Abbremsung geschieht in der Regel mit Hilfe von Wasser. Daher gibt es in Deutschland auch nur Druckwasser- und Siedewasserreaktoren. Es sei erwähnt, dass der Reaktor in Tschernobyl mit Graphit als Moderator anstelle von Wasser betrieben wurde.
»Abbremsen, ja, das wär’ nich’ verkehrt«, sagte Martina. »Es sei erwähnt, dass in unserem Fall aber wohl weder Wasser noch Graphit das Mittel der Wahl wären. Mal davon abgesehen, dass der Vorschlag reichlich spät kommt.« Nein, nicht, hatte sie gedacht, bleib noch, nur ein bisschen! Erhol dich, du siehst müde aus, wir sind beide müde, lass dich verwöhnen, mach’s noch mal …! Eine Stunde lang hatte sie sich noch im Bett herumgewälzt, nachdem die Wohnungstür zugeklappt war, war vielleicht zwischendurch ein paar Mal eingedöst, aber immer schnell wieder wach geworden, weil alle Phantasien ihres Halbschlafs sich nur um eins drehten, und das war erstaunlicherweise nicht die Aussicht, sich nach den kommenden Landtagswahlen im Chefsessel des hessischen Umweltministeriums wiederzufinden.
»Je oller, je doller«, giggelte Martina. »Sagt man nich’ so, Georgie?« Georgina blickte sie an mit ihren unergründlichen grau-grünen Augen, als wollte sie sagen »Was juckt mich das, ich bin erst drei. Im ersten Leben.« Julius stand auf, machte einen Buckel und zerrte am Blatt eines Geldbaums, als sei es das Genick einer Maus. Oder das Hosenbein eines Frühschichtlers.
»He!«, rief Martina. Julius setzte sich auf seinen buschigen Schwanz, und der finstere Ausdruck, mit dem er sie bedachte, schien zu sagen »Und wenn du Matschkuh nicht bald aufhörst, mich hier in meinem eigenen Haus herumzukommandieren, kannst du dich auf was gefasst machen!«
»Na, na, na«, sagte Martina. Julius drehte gelangweilt den Kopf zum Fenster und widmete sich wieder dem Straßengeschehen.
»Ja, genau!«, schnaubte sie. »Kerle …!«
…wird mit Hilfe von Neutronen absorbierenden Stäben aus Bor oder Cadmium, die mehr oder weniger weit in den Reaktor hinein gefahren werden können, die Anzahl der Neutronen gesteuert.
Er hatte nicht einmal bis zum Treppenhaus warten können, um sich seine verdammte Zigarette anzuzünden, hatte sie sofort bemerkt, als sie endlich aufgestanden war, um ins Bad zu gehen. Und hatte sich dabei ertappt, wie sie den Geruch tief eingesogen hatte, wie um doch noch irgendetwas von ihm festzuhalten.
»Wo doch der Rest gerade aus mir heraus lief«, sagte sie und verschluckte sich fast an ein paar Makronenkrümeln, als ihr klar wurde, was sie da gerade gesagt hatte. Sie spürte, wie sie rot wurde, und blickte sich unwillkürlich um, als könne irgendjemand sie beobachten. Mein Gott, dachte sie, schlimmer war’s auch nicht, als ich in Schumachers Thomas verknallt war. »Aber da war ich fünfzehn, verdammt!« Georgina fauchte und sprang fluchtartig vom Schreibtisch, als Martinas Hand auf die lederne Schreibunterlage klatschte. Eine Hektik, die Julius gar nicht gefiel – er flog von der Fensterbank, gab Georgina zwei schnelle Ohrfeigen und nahm mit einem lässigen Sprung ihren Platz auf dem Schreibtisch ein. Saß da und schaute Martina an, als sei sie die Nächste auf seiner Liste.
»Tut mir leid, Kinners«, seufzte sie. »Ich bin nicht mehr ich.« Sie nahm einen Schluck Kaffee und versuchte sich wieder auf den Text zu konzentrieren, Passagen, die Rainer Kolbe ihr aus dem Lexikon der Strahlenmedizin herausgesucht und kopiert hatte..
In einer Atom- bzw. Neutronenbombe dagegen wird der Neutronenvermehrungsfaktor so hoch wie möglich getrieben.
»Das wär’s noch!«, schreckte sie hoch. »Jetzt noch schwanger werden, mit einundvierzig!« Betroffen und blass sann sie eine Weile über diese Vorstellung nach. Stand auf, ging zum Schrank, goss sich einen Amaretto ein und kippte ihn hinunter, noch bevor sie sich wieder zum Schreibtisch umgedreht hatte. Na gut, dachte sie, füllte das Glas erneut, ging zurück an ihren Platz und goss den Likör in den Kaffee.
Dann stehen nach jeder Spaltung mindestens 2 Neutronen zur Einleitung weiterer Spaltungen zur Verfügung. Wenn also jeweils 2 Neutronen pro Spaltung frei werden und diese jeweils zu zwei neuen Spaltungen führen, sind es nach kürzester Zeit riesige Mengen an Neutronen. Um eine Kettenreaktion zu erhalten, ist eine bestimmte Masse erforderlich, die bei U 235 bei 6 kg liegt. Dann steht im Mittel mehr als 1 Neutron für weitere Spaltungen zur Verfügung.
»Mein Gott, wer soll sich das alles merken?!«
»Wie wär’s mit deinen Referenten?«, sagten Julius’ hellblaue Augen, und die tiefe Falte dazwischen schien zu murmeln »Mein Gott, kriegt die Olle denn auch mal irgendwas selber auf die Reihe?!«
»Auch wieder wahr«, gab sie ihm recht, »das mit den Referenten, jedenfalls.« Na also, maunzte er, wälzte sich auf den Rücken und verlangte, am Bauch gekrault zu werden. Martina beeilte sich, seinen Wunsch zu erfüllen. Schon weil sie das wieder an die Nacht erinnerte, an die dichten Haare auf Zollers Brust, an …
Die bei der Kernspaltung freiwerdenden Neutronen besitzen so hohe Energien, dass sie biologisches Material schädigen bzw. zerstören können. Wird ein Mensch in der Nähe einer Kettenreaktion von Neutronenstrahlung getroffen, treten die im weiteren genannten Folgen auf. Natürlich treten diese Folgen auch auf, wenn die Person anderer Strahlung, wie z.B. Gammastrahlen, mit hohen Dosen ausgesetzt wurde. Dosen ausgesetzt wurde. Gammastrahlen. Alpha-, Beta- und Gammastrahlen. Dosen ausgesetzt. Gammabetaalpha. Gammamamamama …
»Autsch!«, schrie Martina auf und schüttelte heftig erst den Kopf, um den Schlaf loszuwerden, der sie übermannt hatte (wieso eigentlich übermannt? dachte sie kurz), und dann ihre rechte Hand, mit der sie Julius offensichtlich einen Augenblick zu lange oder zu heftig gekrault hatte. Das mochte er nicht. Zwei dünne rote Striemen auf ihrem Handrücken waren die Quittung. »Scheißkerl!«, zischte sie hinter ihm her, aber er war schon aus dem Zimmer gewischt. »Scheißkerle, alle beide!« Halb sieben. Sie konsultierte ihren Terminkalender – 10:00 Uhr: Telex-Schicht mit Rai. & Sab. »Na, super. Sabine wird keine Ruhe geben, bis ich ihr irgendwas über meinen plötzlichen Abgang gestern erzähle, und wieso ich so sauer auf Sascha sei. Und ich werd’ ihr irgendwas erzählen, und wenn er dann irgendwann im Büro auftaucht, wird sie schön blöd gucken, dass ich mir plötzlich die Klamotten vom Leib reiße und sabbernd an seiner Gürtelschnalle herumfummele.«
Aber immerhin – sie würde noch eine gute Stunde schlafen können. Zwei fast. Und sich dann in Ruhe überlegen, was sie den anderen preisgab und was nicht. Besser noch nicht. Dass er hier gewesen war, zum Beispiel. Dass er nachts um halb zwölf bei ihr geklingelt hatte, eine Flasche Rotwein im Arm, eine