Название | Sklavenjäger |
---|---|
Автор произведения | Boris Cellar |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783944145563 |
Bei diesen Gedanken lief mir ein eiskalter Schauer über den Rücken. Der Stein war wie ein Mahnmal; wie eine letzte Warnung, daß nicht alles gut war, was der Mensch vollbrachte. Ich versäumte es, eine Parallele zu meinem Vorhaben zu ziehen. Zeichen sind manchmal zu offensichtlich, um sie im entscheidenden Moment wahrnehmen zu können.
Meine gesamte Ausrüstung war in dem großen Rucksack verstaut, den ich tapfer bis hierher auf dem Rücken geschleppt hatte. Sogar ein kleines Zelt und einen Schlafsack hatte ich darin untergebracht, da ich vorhatte, einige Nächte außerhalb meiner Unterkunft im Freien zu verbringen. Alle Utensilien befanden sich akkurat an den für sie bestimmten Plätzen und verrutschten auch bei heftigeren Bewegungen nicht. Ordnung und Sauberkeit sind wichtig im Leben, hatten mich meine Eltern gelehrt.
Das schwere Gewicht hatte während der verschiedenen Kletterpartien hierher seinen Tribut gefordert. Meine Kleidung war verschwitzt, der Pulsschlag pochte deutlich in den Ohren. Ich liebte es, mich körperlich zu fordern und meine Fähigkeiten zu trainieren. Ein anstrengender Fußmarsch mit merklich Gepäck auf den Schultern war ideal, um Körper und Konstitution in Schuß zu halten.
Zunächst wollte ich Herzschlag und Atmung zur Ruhe kommen lassen. Ich mußte meinen erhitzten Körper abkühlen, meine Konzentration wiedererlangen. Der Fokus sollte alleine auf das vor mir liegende Hindernis gerichtet sein, das es ohne Verletzung zu überwinden galt. Meine Umgebung und die Gedanken über die Natur und deren Vergänglichkeit hatten mich schon genug abgelenkt.
Doch bevor ich durch Autosuggestion und andere mentale Techniken zu einer inneren Leere finden konnte, forderte mein Körper eine kleine Belohnung für die erbrachte Leistung. Daher kramte ich aus dem Rucksack eine Flasche mit stillem, französischem Gletscherwasser. In kurzen Schlucken stillte ich meinen Durst mit dem erfrischenden Naß. Es schmeckte wunderbar. Der Wasserhaushalt des Körpers war für mich genauso wichtig wie das geistige Wohlbefinden. Aus diesem Grund war ich in der Wahl meiner Getränke auch sehr konsequent. Ich verzichtete auf das uranverseuchte Kalkwasser aus der Leitung oder gepanschte Billigwasser vom Discounter. Nur das Beste war gerade gut genug.
Lächelnd blickte ich an mir herab. Alles in allem konnte ich mit mir zufrieden sein. Mit 22 Jahren war mein Körper in absoluter Topform. Die schulterlangen, roten Haare waren für die meisten Jungs der absolute Blickfang, der sie ins Schwärmen geraten ließ. An meinen 165 Zentimetern saß alles faltenfrei am richtigen Ort. Schon oft hatte ich bei Dates die Bezeichnung »Traumfrau« entgegennehmen dürfen. Ich liebte dieses Kompliment, wenn es ehrlich hervorgebracht wurde.
Mit einem tiefen Seufzer setzte ich die Plastikflasche ab. Das Wasser tat gut. Trinken half bei der notwendigen Entspannung. Jetzt war ich zu allen Schandtaten bereit. Ich wischte die schweißnassen Hände an der Hose trocken und atmete mehrmals durch. Nach einem letzten Schluck ließ ich mit geschlossenen Augen diesen besonderen Augenblick noch einmal auf mich wirken, bevor ich die Überquerung der Barriere vorbereitete.
Nachdem ich die Flasche wieder im Rucksack verstaut hatte, kramte ich zwei große Tücher heraus, die ich mir stramm um die Hände wickelte. Diese hatte ich in einem Armeeladen erworben. Der Verkäufer hatte gesagt, daß das Material vor scharfen Kanten oder Spitzen schützen würde. Sogar einen Messerangriff könnte man damit abwehren. Als ob mich jemand mit einem Messer angreifen würde …
Mit jeweils einem Knoten befestigte ich die beiden Tücher an den Händen. Dann schulterte ich schwungvoll meine Habe und zog die breiten Riemen des Rucksacks an Bauch und Schultern fest. Nichts durfte verrutschen, wenn es gleich zur Sache ging.
Zur Straße hin ließ sich das Eingangstor in einem weiten Bogen öffnen. Es war nicht sonderlich hoch, nur etwas über zwei Meter. Die verrosteten senkrechten Metallstreben waren am oberen und unteren Ende mit einer Querverstrebung stabilisiert. Angefeilte Kanten ragten an der Oberseite zur Abschreckung wagemutiger Wanderer, die meinten, über das Tor klettern und sich der Burg nähern zu wollen, zwischen abblätternder Farbe auf.
Direkt an den Außenpfosten war ein Maschendrahtzaun befestigt, auf dem ein fies gerollter Stacheldraht aufgezogen war. Offensichtlich war er über die Reste einer bereits eingestürzten Mauer gezogen worden. Der Hausherr machte es unliebsamen Besuchern nicht gerade leicht, sein Grundstück zu betreten. Es konnte ein gefährliches Unterfangen werden, für das meine kurze Wanderhose nicht gerade geeignet war. Ich mußte ziemlich aufpassen, damit ich mich nicht verletzte. Einen Schnitt an den Spitzen oder eine blutige Hautabschürfung konnte ich überhaupt nicht gebrauchen. Wer weiß, am Ende holte ich mir an dem ganzen Rost noch eine Blutvergiftung. Nein! Verletzen durfte ich mich auf keinen Fall!
Mit den umwickelten Händen griff ich an die senkrechten Streben. Sie boten einen ausgezeichneten Halt. Die festen Sohlen der Wanderschuhe stemmten sich wie von selbst gegen das Tor. Dank der rauhen Oberfläche rutschten sie nicht ab. Ich spannte alle Muskeln an, preßte die Zähne zusammen, griff mit den umwickelten Händen an den Stacheldraht, schloß die Augen und sprang mit angezogenen Beinen über das Hindernis.
Zum Glück ging alles gut. Federnd landete ich auf der anderen Seite. Ein Ausfallschritt sicherte das notwendige Gleichgewicht. Schnell unterzog ich meinen Körper – sowohl die Haut als auch die Kleidung – einer Musterung und stellte erleichtert fest, daß ich unverletzt geblieben war. Die Tücher waren ihren Preis wert gewesen. Das Tor stand hinter mir. Die erste Hürde war genommen.
Meine Füße trugen mich von ganz alleine zu einer kleinen Türe am linken Seitengebäude. Dort mußte sich mein Ziel befinden, wenn die Informationen aus dem Internet stimmten. Am liebsten hätte ich ein Wanderlied gepfiffen, so vergnügt war ich. Das konnte ich mir aber gerade noch verkneifen. Zumindest aber hatte sich ein siegessicheres, mehr als zufriedenes Lächeln in mein Gesicht geschlichen und beherrschte es fast von einem Ohr zum anderen. Bewußt ignorierte ich beim Überqueren des Innenhofes die Spuren des regen Personen- und Fahrzeugverkehrs, welcher in nicht allzu ferner Vergangenheit hier stattgefunden haben mußte.
Über mir glühte die Sonne wie ein roter Feuerball am wolkenlosen Himmel gleich einem Omen, das ich nicht zu deuten verstand. Wie verzaubert blieb ich vor dem Eingang stehen und ließ mich von den traumhaften Farben, in denen das alte Gemäuer mit dem wunderschönen Hof erstrahlte, fesseln. Die Türmchen, Erker, behauenen Steine, Wappen und Wimpel waren in ein unwirkliches, überzeichnetes Licht getaucht, das ich bisher nur in den Blockbustern aus Hollywood gesehen hatte. Doch das hier war real. Ich hatte mein Ziel erreicht; und es war genauso, wie ich es mir vorgestellt hatte.
Doch eigentlich waren die malerische Silhouette der Burg und das Farbenspiel der Natur nicht der eigentliche Zweck meiner Reise. Etwas anderes war der Grund für mein Interesse. Nur dafür hatte ich all die Mühen des Trainings und der Vorbereitung auf mich genommen.
Der körperlich anstrengende Teil der Reise lag hinter mir, doch erst jetzt kam der eigentliche, spannende Part. Unter den Räumlichkeiten des Hauptgebäudes sollte sich ein altes Verlies mit mittelalterlichen Verhörräumen befinden. Diese seien Berichten im Internet zufolge in vergangenen Zeiten sogar durch die Inquisition genutzt worden. Die in dem Folterkeller untergebrachten Gerätschaften sollten sich auch heute noch in einem außerordentlich guten Zustand befinden. Das war die wahre Quest, weswegen ich hierhergekommen war.
Wenn ich ehrlich bin, hatten mich schon immer Folterinstrumente jeder Art und jeglichen Alters interessiert. Es war unglaublich, was Menschen einander antun konnten, um eine Information oder ein vermeintliches Geständnis herauszupressen.
Nicht daß ich das Zufügen von Leid oder den Gedanken an Rache per se gutgeheißen hätte – vielmehr faszinierten mich der Charakter einer solchen Befragung und die Menschen, die sich mit derart schauerlichen Dingen beschäftigten.
Ich verschlang Bilder und Geschichten von mittelalterlichen Verhören der Inquisition, von Hexenprozessen und anderen peinlichen Befragungen. Kalte Schauer und wohliger Grusel durchfuhren mich, wenn ich in diese sinistre Welt eintauchte. Zum Glück waren Folter und Leid so weit weg von meiner kleinen, heilen Welt in Mitteleuropa, daß ich mich nie zu sorgen brauchte, selbst in die Hände solcher Schergen zu fallen.
Tatsächlich besaß ich ein gewisses Faible für Foltergeräte, solange